Usurae
(lat.), Zinsen.
Usurae
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Usurae
(lat.), Zinsen.
(lat. Usurae), Vergütung für die Benutzung eines einem andern zugehörigen sowohl stehenden (Mietzins) als umlaufenden, zumal Geldkapitals (Interessen). Die Verbindlichkeit, Zinsen zu zahlen, kann beruhen: auf einer Willenserklärung seitens des Schuldners, die entweder vertragsmäßig vereinbarte Zinsen (Konventionalzinsen aus Darlehen oder kreditierten Forderungen) zur Folge hat, oder sich einseitig äußert durch Versprechung (Pollicitation) oder durch Antretung einer Erbschaft kraft eines Testaments, das dem Erben die Verzinsung eines Vermächtnisses auflegt (testamentarische Zinsen); ferner auf einer unrechtmäßigen Handlung, bez. Unterlassung (Strafzinsen), und zwar bei unbefugter Verwendung fremder Gelder zu eignem Nutzen, bei unterlassener zeitiger Eintreibung, bez. auch unterlassener Anlegung zur Verwaltung anvertrauter Kapitalien, bei widerrechtlicher Verhinderung eines andern in der Benutzung seines Geldes und bei zu Schulden gebrachtem Verzug (Verzugszinsen), und endlich auf besondern gesetzlichen Vorschriften (gesetzliche Zinsen, Legalzinsen), wohin die Zinsen, welche man von Auslagen, die aus eignem Vermögen zum Vorteil dessen gemacht wurden, dessen Habe man verwaltete, sowie die Zinsen gehören, die bei Handelsgeschäften kraft gesetzlicher Bestimmung gefordert werden können, wie z. B. nach dem deutschen Handelsgesetzbuch Kaufleute untereinander bei beiderseitigen Handelsgeschäften auch ohne Verabredung oder Mahnung von jeder Forderung seit dem Tag, an welchem sie fällig war, Zinsen beanspruchen können. Judikatszinsen nennt man die durch richterliches Urteil rechtskräftig zuerkannten Zinsen.
Das Verhältnis der Zinsen zu der Kapitalsumme, von welcher dieselben entrichtet werden (Zins der Kapitaleinheit) nennt man Zinsfuß. Derselbe wird gewöhnlich für das Kapital 100 (daher Prozent oder Perzent = für 100) und je für die Dauer eines Jahrs ausgedrückt. Die Höhe des Zinsfußes wird bedingt durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach Kapitalien. Steigt ersteres und nimmt letzteres ab, so sinkt der Zinsfuß und umgekehrt. Die unterste Grenze, unter welche er nicht herabgehen kann, wird bestimmt durch die Neigungen derjenigen, welche, im Besitz von Kapitalien, dieselben nicht fruchtbringend zu verwenden im stande oder gewillt sind, und bei welcher der Ansammlungstrieb eben verschwinden würde; die oberste, über welche hinaus er nicht steigen kann, durch den Nutzen, welchen man sich aus geliehenem Kapital überhaupt versprechen darf. In Fällen der Notlage kann diese oberste Grenze weit über derjenigen des allgemein üblichen Zinssatzes stehen, wie denn auch bei Pfandleih- und ¶
Rückkaufsgeschäften leicht sehr hohe Zinsen gegeben werden. Jeweilig wird er gleich der Nutzung des relativ unfruchtbarsten Geschäfts sein, welches noch das letzt angebotene Kapitalteilchen ohne Verlust zu verwenden vermag. Dieser im Gebiet des Produktivkredits bestimmte Zinssatz ist auch im allgemeinen bestimmend für denjenigen des Konsumtivkredits, welcher heute dem erstern gegenüber eine verhältnismäßig weit geringere Rolle spielt als früher. Allerdings wird sich ein mittlerer, überall maßgebender Zinssatz nur unter der Voraussetzung bilden, daß die Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt eine voll wirksame ist.
Aus diesem Grund werden durch Organisation des Kredits, welche für regelmäßige und rasche Ausgleichung von Angebot und Nachfrage sorgt, sowie durch Ausdehnung [* 4] und Verbesserung des gesamten Verkehrswesens die Extreme einander genähert, innerhalb deren der Zins zeitlich und örtlich zu schwanken pflegt. Abweichungen von dem allgemeinen Zinssatz können in gegebenen Fällen durch alle diejenigen Ursachen hervorgerufen werden, welche überhaupt bei der Preisbildung wirksam sein können, wie Unkenntnis, Leichtsinn, Notlage, rabulistische Ausbeutung u. dgl. Insbesondere werden etwanige Verschiedenheiten auch durch die Sicherheit bedingt, welche dem Kapitalbesitzer geboten wird.
Ist Gefahr vorhanden, daß letzterer Verluste erleide, so wird er sich eine der Höhe dieser Gefahr entsprechende Risikoprämie (oft auch Assekuranzprämie genannt) ausbedingen, welche teils von allgemeinen Umständen, wie Rechtssicherheit, Verkehrsverhältnisse, teils von nur in dem besondern Fall auftretenden Bedingungen, wie Sicherheit der Person und der Unternehmung, Art der besondern rechtlichen Sicherstellung (Real- gegenüber Personalkredit), abhängig ist. So umfaßt dasjenige, was man gewöhnlich schlechthin Zins nennt, jene Risikoprämie neben der eigentlichen Vergütung für überlassene Kapitalnutzung (Zins im engern Sinn).
Dem entsprechend kann denn auch der berechnete Zinsfuß bei Darlehen auf länger dauernde Anlagen (Anlagezinsfuß) ein andrer sein wie derjenige für Darlehen auf kurze Fristen, wie der Lombardzinsfuß, der kaufmännische oder Bankzinsfuß und insbesondere der Wechselzinsfuß (Diskontsatz). Die Verlustchancen werden häufig unterschätzt, während die Neigung zur Überschätzung eintritt, sobald einige Verluste wirklich erfolgt sind und eine allgemeine Panik hervorrufen.
Insbesondere wird bei dem Konsumtivkredit, für welchen sehr häufig eine reale Sicherheit (Pfand) nicht geboten werden kann, die Überschätzung auf seiten des Kapitalisten leicht einem zu großen Vertrauen des Kapitalbedürftigen auf spätere Zahlungsfähigkeit begegnen, was oft eine schrankenlose Steigerung des Zinsfußes veranlaßt. Aus den angegebenen Gründen wird der Zinsfuß bei rohen Völkern höher sein als bei solchen, die auf höherer Stufe der Wirtschaft und Kultur stehen.
Seine soziale Rechtfertigung findet der Zins in der Rolle, welche die Zeit in der Wirtschaft spielt. Der Besitzer des Kapitals verzichtet auf dessen Verwendung, während der Schuldner aus demselben einen Nutzen zu ziehen vermag, dessen Größe mit der Zeit der Verwendung zunimmt. Ein unverzinsliches Darlehen ist darum auch, wie Knies richtig bemerkt, einer verschenkten Kapitalnutzung gleich zu achten. In richtiger Würdigung dieses Umstandes sind auch die frühern Verbote des sogen. Zinswuchers, d. h. des Zinsnehmens schlechthin, in neuerer Zeit meistens wieder beseitigt worden (s. Wucher). Als Verzugszinsen sind regelmäßig landesübliche Zinsen, d. h. in Deutschland [* 5] meist 5 Proz., zu beanspruchen; doch ist die Höhe derselben bei Handelsgeschäften nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 287) auf sechs vom Hundert fixiert.
Vgl. Kahn, Geschichte des Zinsfußes in Deutschland seit 1815 (Stuttg. 1884).
S. auch Zinsrechnung und Anatozismus.