Usspenskikathedrale
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Usspenskikathedrale,
[* 2] (Moßkwa), russ. Gouvernement, wird von den Gouvernements Twer, Wladimir, Rjäsan, Tula, Kaluga und Smolensk umschlossen und umfaßt ein Areal von 33,302 qkm (604,8 QM.). Das Gouvernement bildet seiner Oberfläche nach eine von niedrigen Hügeln und steilen Flußufern unterbrochene, im allgemeinen nach SO. abfallende, wellenförmige Ebene von 150-250 in Meereshöhe und gehört in geognostischer Hinsicht zum Steinkohlensystem. Es bildet die Mitte des sogen. moskauischen Steinkohlenbassins, welches sich über die Gouvernements Rjäsan, Kaluga, Tula, Twer, Moskau, Orel und Nishnij Nowgorod erstreckt und von hier in einem über 1000 km langen Streifen sich über die Städte Bjeschezk und Kargopol bis an den Mesenschen Meerbusen hinzieht.
Dieses kolossale Bassin soll nach vorläufigen Berechnungen über 250 Mill. Ton. Steinkohlen enthalten. Außer der genannten treten in Moskau die Juraformation, [* 4] in einem breiten Streifen zu beiden Seiten der St. Petersburg-Moskauer und der Moskau-Rjäsanschen Eisenbahn, sowie die Kreideformation [* 5] auf. Alle ältern Formationen sind von Schwemmland überdeckt und treten nur bei den steilen und hohen Flußufern zu Tage. Der Bergkalk des Steinkohlensystems, in drei Schichten auftretend, liefert gesuchtes Baumaterial (darunter auch den sogen. kolomenschen oder moskauischen Marmor); die Innenbildungen liefern Lehm- und Porzellanerde, das Kreidesystem endlich gute Trottoirsteine.
Auch mehrere eisenhaltige Quellen sind vorhanden. Der Boden ist im allgemeinen lehmig; Schlamm- und Sandboden kommt an den Flüssen vor. Das Gesamtareal zerfällt in 39 Proz. Wald (vorherrschend Nadelholz), 34 Proz. Äcker, 22 Proz. Wiesen und Weiden, 5 Proz. Sümpfe und sonstiges Unland. Von den vielen Flüssen sind schiffbar: die Wolga (auf 10 km Grenzfluß) und deren Nebenflüsse Schoscha und Moßkwa. Das vollständig kontinentale Klima [* 6] ist rauh, die mittlere Jahrestemperatur beträgt in der Hauptstadt 4,47° C. (Januar -10, Juli +19,2°). Die Bevölkerung [* 7] betrug 1883: 2,161,854 Seelen, 65 auf 1 qkm; sie sind fast ausschließlich Großrussen und bekennen sich fast alle zur griechisch-katholischen Kirche; 10 Proz. derselben sollen Raskolniken sein. Protestanten, Römisch-Katholische, Juden, Mohammedaner und Armenier machen zusammen kaum 1 Proz. aus. Die Zahl der Eheschließungen war 1883: 15,467, der Geburten 94,882, der Sterbefälle 80,832. Der Ackerbau deckt auch in den besten Erntejahren noch nicht einmal den Bedarf der ¶
Landbevölkerung. Die Getreideernte lieferte 1884: 2¼ Mill. hl Roggen, 2 2/5 Mill. hl Hafer, [* 9] 176,000 hl Gerste. [* 10] Weizen wird fast gar nicht gebaut. An Kartoffeln wurden 1¾ Mill. hl geerntet. Mehr entwickelt ist der Anbau von Gemüsen wie von Stachel-, Johannis- und Himbeeren. In großem Maßstab [* 11] wird der Zwiebel- und der Kohlbau in einigen Kreisen betrieben. Der Viehstand, gleichfalls den innern Bedarf nicht deckend, betrug 1883: 236,000 Pferde, [* 12] 237,000 Stück Hornvieh, 217,000 Schafe, [* 13] 28,000 Schweine. [* 14]
Die Pferdezucht [* 15] (berühmt sind die Stutereien von Wojeikow, Tscherkassow, Golochwastow, Scheremetjew etc.) ist etwas zurückgegangen. In industrieller Hinsicht nimmt Moskau den ersten Platz unter allen Gouvernements der Monarchie ein. Der Produktionswert sämtlicher 653 Etablissements beträgt annähernd 196 Mill. Rubel. In erster Linie steht die Fabrikation in Baumwolle [* 16] (1884 gab es 25 Spinnereien und 342 Webereien mit einer Produktion für 52 Mill. Rub.) und Wolle (32 Spinnereien, 48 Tuchfabriken und 169 Fabriken für Wollen- und gemischte Gewebe, [* 17] mit einer Jahresproduktion von 43 Mill. Rub.). In beiden Branchen werden vorherrschend billige Stoffe verfertigt.
Ferner gibt es Seidenwebereien (148 mit 7 ⅔ Mill. Rub. Produktion), Leinen- und Tuchfärbereien (131 mit 28¾ Mill. Rub. Produktion), Fabriken für Leder und Lederwaren, Papier, Teppiche, Strumpfwaren, Talg, Lichte, Seife, Chemikalien, Maschinen, Eisenwaren, endlich Brennereien, Ziegeleien etc.; weniger wichtig ist die Fabrikation von Gold- und Silbersachen, Fayence [* 18] und Leinwand. Die Großindustrie konzentriert sich hauptsächlich in der Hauptstadt Moskau, dagegen spielen im Gouvernement selbst die von den Bauern neben ihrer Landwirtschaft betriebenen Hausindustrien und Wandergewerbe eine wichtige Rolle.
Nicht weniger als 62,000 Familien befassen sich mit hausindustriellen Arbeiten, d. h. über 30 Proz. aller Hauswirte des ganzen Gouvernements. Der Verarbeitung von Rohstoffen, d. h. der Hausindustrie im engern Sinn, liegen 141,329 Personen ob, deren Verdienst auf ca. 7½ Mill. Rub. berechnet wird, während der Wert ihrer Produktion sich auf 38 Mill. Rub. belaufen soll. Mit den Wandergewerben sind 39,180 Arbeiter beschäftigt, die einen jährlichen Verdienst von 4 Mill. Rub. erwerben.
Hauptsächlich werden die Web-, Thon-, Holz- und Metallwarenindustrien gepflegt. Die Weberei [* 19] ist mehr oder weniger in allen Kreisen anzutreffen und produziert für jährlich ca. 20 Mill. Rub. An Lehranstalten bestanden 1883: eine Universität, 1110 Volksschulen mit 61,682 Schülern, 61 Mittelschulen mit 16,103 Schülern, 3 geistliche Seminare mit 1245 Schülern, 6 Lehrer- und Lehrerinnenseminare mit 393 Lernenden, 3 Feldscherschulen, 2 Handelsschulen, 5 technische und Handwerkerschulen u. a. m. Das Gouvernement zerfällt in 13 Kreise: [* 20] Bogorodsk, Bronnizy, Dmitrow, Klin, Kolomna, Moshaisk, Moskau, Podolsk, Rusa, Serpuchow, Swenigorod, Wereja und Wolokolamsk.
(russ. Moßkwa, franz. Moscou, engl. Moscow), die alte und erste Hauptstadt des russischen Reichs und zweite kaiserliche Residenz, liegt im gleichnamigen Gouvernement, an der Moßkwa, in welche hier die Jăūsa mündet, 142 m ü. M., unter 55° 45' nördl. Br. und 37° 37' östl. L. v. Gr., bedeckt ein Areal von 71,42 qkm und besteht aus vier Hauptteilen: dem Kreml und dem ehemals sogenannten Kitai Gorod (»Chinesenstadt«),
Bjelgorod (»weiße Stadt«) und Semljänoi Gorod (»Erdstadt«),
welchen sich nach allen Richtungen hin weit ausgedehnte, ehemalige Vorstädte anschließen. Der Kreml war und ist auch jetzt noch für Moskau, was das Kapitol für Rom [* 21] war; in ihm gipfeln alle Reminiszenzen der Vergangenheit. Für den rechtgläubigen Russen ist er, wie Kiew, [* 22] ein heiliger Wallfahrtsort, zu dessen Reliquien jährlich Tausende von Frommen aus dem weiten Reich pilgern. Durch seine hohen, zinnengekrönten und turmgeschmückten Mauern führen fünf Thore (darunter das Erlöserthor, »Spaskija Warota«, mit einem wunderthätigen Heiligenbild, vor dem auch jeder Fremde das Haupt entblößen muß) ins Innere, welches von kirchlichen Bauten, Palästen, Staatsgebäuden und großen Plätzen bedeckt ist.
Die bemerkenswertesten Gebäude sind: Der Usspenski Sabor (die Mariä-Himmelfahrtskathedrale), 1326 unter Johann Kalita aus Holz [* 23] erbaut, 1475-79 vom Baumeister Fioravante aus Bologna von neuem in Stein aufgeführt, halb in byzantinischem, halb in tatarischem Stil. Sie birgt ebenso wie die folgenden Kirchen eine Menge Reliquien, ist mit alten Fresken, mit von Edelsteinen bedeckten Heiligenbildern, Mosaiken und verschiedenen Kostbarkeiten überfüllt und dient seit ihrem Bestehen als Krönungskirche der russischen Zaren sowie als Grabstätte der Metropoliten von Moskau. Ihr gegenüber steht der Archangelski Sabor (Kathedrale des Erzengels Michael), 1333 errichtet, 1505 von dem Mailänder A. Novi umgebaut, mit den Gräbern der russischen Zaren von Johann Kalita bis Johann Alexejewitsch (gest. 1696), dem Bruder Peters d. Gr. Den höchsten Punkt des Kremls krönt der Blagowjeschtschenski Sabor (Kathedrale der Verkündigung Maria), 1489 erbaut, nach einem Brand 1554 neugebaut, mit neun Kuppeln.
Die Kirche Spass na Ború (des »Heilands im Walde«, 1330 aus Stein neuerbaut) wird als älteste aller Kirchen betrachtet. Bemerkenswert ist der 1600 von Boris Godunow erbaute, 82 m hohe Glockenturm Iwan Welikis (Johanns d. Gr.),
von dessen Spitze man eine prachtvolle Aussicht über die Stadt genießt. Am Fuß des Iwan Weliki steht die berühmte, 1731 gegossene, ca. 1960 metr. Ztr. schwere Riesenglocke »Zar-Kolokol«. Insgesamt gibt es in Moskau (die Klosterkirchen mit eingerechnet) 355 griechisch-katholische, 2 lutherische, 2 reformierte, 2 römisch-kath. Kirchen, 3 armeno-gregorian. Kirchen und 3 der Altgläubigen, dazu eine Synagoge und eine Moschee. Unter ihnen nennen wir nur die auf dem Roten Platz im Kitai Gorod stehende, durch ihre phantastisch-bizarre Bauart bekannte Kathedrale des heil. Basilius (Wassili Blashenni), 1554 unter Iwan dem Schrecklichen erbaut.
Andre interessante Gebäude im Kreml sind: der 1487 erbaute alte Zarenpalast (Tremni Dworéz);
der Facettenpalast (Granowitaja Palata), unter Johann III. erbaut, mit einem kolossalen Saal, dessen Gewölbebogen von einer in der Mitte stehenden Säule ausgehen;
der durch architektonische Schönheit ausgezeichnete große kaiserliche Palast;
die 1851 vollendete Orusheinaja Palata, welche unschätzbare Sammlungen von Kostbarkeiten (Kronen, [* 24] Goldsachen, Waffen, [* 25] Kunstwerke des Altertums, Prunkwagen etc.) enthält (neben derselben steht die unter Feodor Iwanowitsch gegossene, 393 metr. Ztr. schwere Riesenkanone »Zar Puschka«),
und das 1701-36 erbaute Arsenal, vor dessen Fronte die 1812 erbeuteten Geschützrohre (über 800) liegen;
ferner das Synodalgebäude, vom Patriarchen Nikon gegründet, mit einer kostbaren Bibliothek und einer Sammlung von Kirchengewändern und Silbergeräten. Im Kitai Gorod, an dem mit dem Denkmal von Minin und Posharski (von Martos) geschmückten Roten Platz, befindet sich das Kaufhaus (Gostinnoi Dwor) mit über 1200 Verkaufsläden, wohl ¶
die größte beständige Warenniederlage Europas; im Bjelgorod das Exerzierhaus (151 m lang, 47 m breit). Erwähnenswert ist auch der im gotischen Stil 1692-1695 erbaute Sucharewsche Turm [* 27] mit dem Reservoir der über 15 km langen, aus den wasserreichen Quellen beim Dorf Mytischtschi hergeleiteten städtischen Wasserleitung. [* 28]
Moskau hat (1882) 753,469 Einw. (davon 94,5 Proz. Russen, 2,2 Deutsche; [* 29] nach der Konfession 92 Proz. Griechisch-Orthodoxe, 2,5 Protestanten) und in seinen 17 Stadtteilen 25,000 Häuser (davon 52 Proz. aus Stein); die Zahl der Wohnungen beträgt ca. 50,000, wovon 10 Proz. im Keller liegen. Die ungünstigen Wirkungen der Wohnungsverhältnisse äußern sich in der großen Sterblichkeitsziffer der Bevölkerung (39:1000), welche die Geburtsziffer erheblich übersteigt.
Die männliche Bevölkerung (57,4 Proz.) überwiegt bedeutend die weibliche. Die Industrie der Stadt nimmt nach der von St. Petersburg [* 30] den ersten Platz im Reich ein. Hinsichtlich der Produkte gilt dasselbe, was schon bei Beschreibung des Gouvernements Erwähnung fand. 1885 waren in 578 Fabriken ca. 53,000 Arbeiter beschäftigt, welche Produkte im Wert von 176¼ Mill. Mk. lieferten. Wichtiger noch ist Moskau in seiner Eigenschaft als Hauptstapelplatz des Binnenhandels von Rußland.
Als Mittelpunkt sämtlicher russischer Eisenbahnen (Moskau hat nach sechs Richtungen hin Bahnverbindungen: mit St. Petersburg, Jaroslaw, Nishnij Nowgorod, Rjäsan, Kursk und Brest-Litowsk), nebenbei auch noch durch die Moßkwa (s. d.) mit dem Kaspischen und Baltischen Meer verbunden, ist Moskau sozusagen die Seele des innern Handels geworden. Hier strömen die Produkte aus allen Gegenden des weiten Reichs zusammen: das Getreide [* 31] der kornreichen Zentralgouvernements, die Metalle des Urals, die Holzprodukte des Nordens, Pelzwerk [* 32] und Talg aus Sibirien, Vieh und Felle aus dem Osten, Wolle aus dem Süden, Rohzucker aus Kiew, Thee aus China, [* 33] Baumwolle aus Bochara und den Häfen der Ostsee, Seide [* 34] und Farbstoffe aus dem Kaukasus und Persien, [* 35] Manufakturwaren aus den nördlichen Wolgagouvernements und St. Petersburg, Kolonial- und Drogueriewaren sowie Südfrüchte und Weine aus dem Ausland, hauptsächlich über Reval [* 36] und St. Petersburg. Von der Großartigkeit des Handels gibt die Thatsache eine Vorstellung, daß im Jahr 1886 für 67 Mill. Rubel Waren über das Moskauer Zollamt eingeführt
[* 2] ^[Abb.: Situationsplan von Moskau.] ¶