Urkundenprozeß
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im Sinne der Deutschen Civilprozeßordnung (§§. 555 fg.) eine dem frühern Exekutivprozeß (s. d.) nachgebildete besondere Prozeßart, die darin besteht, daß zu Gunsten eines urkundlich liquiden Anspruchs eine schleunige, provisorische Rechtshilfe gewährt, dem gegenüber nur eine ebenfalls sofort liquidbare Verteidigung zugelassen, alle sonstigen Verteidigungsmittel dagegen einem Nachverfahren vorbehalten werden. Voraussetzung des ist, daß der geklagte Anspruch die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Quantität anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstande hat, und die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Thatsachen durch Urkunden bewiesen werden können.
Die Klage muß die Erklärung, daß im U. geklagt werde, enthalten; die Urkunden müssen in Ur- oder Abschrift der Klage beigefügt werden. Die Verteidigung des Beklagten ist insofern beschränkt, als Widerklagen unstatthaft und als Beweismittel bezüglich der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde, sowie bezüglich aller Thatsachen, welche nicht zu den anspruchbegründenden Thatsachen gehören, insbesondere also der Einreden des Beklagten, nur Urkunden und Eideszuschiebung zulässig sind.
Die Antretung des Urkundenbeweises (s. d.) kann nur durch Vorlegung der Urkunden erfolgen, und eine Eidesleistung ist allemal durch Beweisbeschluß anzuordnen. (S. Eid.) Der Kläger kann ohne Zustimmung des Beklagten bis zum Schlusse der mündlichen Verhandlung vom Abstand nehmen derart, daß der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig bleibt. Soweit der Klageanspruch als unbegründet sich erweist, ist derselbe abzuweisen, soweit nur der unstatthaft, die Klage als in der gewählten Prozeßart unstatthaft abzuweisen.
Kann der Beklagte den formellen Anforderungen des nicht genügen, so wird er in diesem Prozeß mit seinen Einwendungen nicht gehört. Jedoch ist ihm, sofern er dem Anspruch widersprochen hat, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. Das Urteil, welches unter diesem Vorbehalt ergeht, ist in betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurteil zu betrachten. Der Rechtsstreit bleibt dann im ordentlichen Verfahren anhängig. Ergiebt sich darin, daß der geltend gemachte Anspruch unbegründet war, so ist das frühere Urteil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und zur vollen oder teilweisen Erstattung der verursachten Kosten, sowie auf Antrag zur Erstattung des von dem Beklagten auf ¶
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Grund des Urteils Geleisteten zu verurteilen. Im U. erlassene Urteile sind auch ohne Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Eine Unterart des bildet der Wechselprozeß (s. d. und Summarischer Prozeß). In der Österr. Civilprozeßordnung heißt der Mandatsverfahren (§§. 548 fg.).