Urkundenprozeß
(Exekutivprozeß), das summarische Prozeß
verfahren, welches bei sofort urkundlich erweisbaren
Forderungen
dem
Gläubiger den Vorteil schleuniger
Zwangsvollstreckung gewährt. Der Urkundenprozeß
verdankt seine Entstehung der italienischen
Jurisprudenz
des
Mittelalters, welche bei sogen. guarentigiierten Schuldurkunden (instrumenta
guarentigiata) die sofortige
Hilfsvollstreckung oder
Exekution (parata executio) statuierte, d. h. bei solchen
Schuldbriefen,
welche dem
Gläubiger dadurch eine besondere Sicherheit (guaran) boten, daß sie notariell beglaubigt und mit der
Hilfsvollstreckungs-
oder Exekutivklausel versehen waren.
Die
Klausel, welche in der
Erklärung des
Schuldners bestand, daß er sich für den
Fall nicht rechtzeitiger
Zahlung der sofortigen
Exekution unterwerfe, wurde jedoch von der
Praxis später aufgegeben, indem man ein besonders schleuniges
Verfahren zum
Zweck einer schnellen Herbeiführung der
Zwangsvollstreckung auf
Grund von Schuldurkunden überhaupt zuließ. So
bildete sich der Urkundenprozeß
aus, dessen wesentliche
Grundsätze nach den neuern
Prozeßordnungen und namentlich
nach der deutschen
Zivilprozeßordnung folgende sind.
Eine
Klage im U.
(Exekutivklage) kann auf
Grund eines Anspruchs erhoben werden, welcher die
Zahlung einer bestimmten Geldsumme
oder die Leistung einer bestimmten
Quantität andrer vertretbarer
Sachen oder
Wertpapiere zum Gegenstand hat, wofern sämtliche
zur Begründung des Anspruchs erforderliche
Thatsachen, also z. B. nötigen Falls auch die
Kündigung,
durch
Urkunden bewiesen werden können. Die
Klage muß den
Antrag auf
Einleitung des Urkundenpr
ozesses enthalten; die betreffenden
Urkunden müssen ihr in
Urschrift oder in
Abschrift beigefügt sein.
In dem daraufhin anberaumten Termin (Rekognitionstermin) hat der Kläger bei Vermeidung des Verlustes der Exekutivklage jene Urkunden vorzulegen, der Beklagte sich bei Strafe fingierten Anerkenntnisses über die Echtheit derselben zu erklären. Der Kläger muß die Echtheit der Urkunden nötigen Falls beweisen und zwar nur entweder durch anderweite Urkunden oder durch Eidesantrag. Einreden des Beklagten werden im U. nur dann berücksichtigt, wenn sie ebenfalls durch Urkunden oder durch Eid liquid gestellt werden. Dem Beklagten ist aber die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten, wenn er dem ¶
mehr
klägerischen Anspruch widersprochen hat, aber den Urkundenbeweis für seine Einwendungen nicht antreten kann. Der Prozeß wird
alsdann im ordentlichen Verfahren fortgesetzt. Auf Grund des ergehenden Urteils kann sofort die Zwangsvollstreckung nachgesucht
werden. Eine Unterart des Urkundenpr
ozesses ist der Wechselprozeß (s. d.).
Vgl. Briegleb, Einleitung in die Theorie der summarischen
Prozesse, S. 525 (Leipz. 1859);
Siegeth, Der Urkunden- und Wechselprozeß der deutschen Zivilprozeßordnung (Pirna [* 3] 1878);
Stein, Der Urkunden- und Wechselprozeß (Leipz. 1887);
Deutsche [* 4] Zivilprozeßordnung, § 555 ff.