Unkräuter,
Pflanzen, welche entgegen dem Kulturzweck zwischen angebauten Pflanzen erscheinen, im allgemeinen nur als schädlich in Betracht kommen, zum Teil aber nutzbar sind (als Grünfutter etc.), ja sogar für sich angebaut werden, wie denn auch manche Kulturpflanzen, wenn sie am unrichtigen Ort erscheinen, zu den Unkräutern gezählt werden müssen. Die Unkräuter sind schädlich, insofern sie den angebauten Gewächsen Raum fortnehmen, denn zu eng gestellte Pflanzen beeinträchtigen sich gegenseitig in der Entwickelung, und oft zeigen Unkräuter stärkeres Entwickelungsvermögen als die Kulturpflanzen, zwischen denen sie wachsen. Enthält 1 kg Rotkleesamen nur 10,000 Körner Wegerich (Plantago media) oder 6000 Körner Disteln, so nimmt das Unkraut nahezu die Hälfte des Areals für sich in Anspruch. Manche Schlingpflanzen (Convolvulus arvensis und sepium, Polygonum convolvulus und dumetorum, Lathyrus tuberosus und Vicia-Arten) verflechten sich mit Halmfrüchten zu einer unentwirrbaren Masse, ziehen sie nieder und bringen sie zur Lagerung. Die Unkräuter beeinträchtigen die Kulturpflanzen, indem sie Luft- und Lichtzutritt verringern und dem Boden erhebliche Mengen von Kali, Stickstoff und Phosphorsäure entziehen. Manche Unkräuter sind Parasiten und zwar Wurzelparasiten (Orobanche, Lathraea, Monotropa, Thesium, Melampyrum, Euphrasia, Alectorolophus, Odontites) oder auf oberirdischen Organen (Cuscuta, Viscum), andre sind schädlich, indem sie parasitische Pilze übertragen. So lebt das Äcidium des Fleckenrostes auf Berberitze, das des Kronenrostes auf Faulbaum und Kreuzdorn, das des Streifenrostes auf Ranunculus-Arten, Urtica dioica auf verschiedenen Borragineen, auch überwintert die Uredoform des Kronenrostes auf Holcus lanatus. Auch die Brandpilze werden durch Unkräuter verbreitet (Convolvulus arvensis, Rumex acetosella, Phleum pratense), und der Mutterkornpilz entwickelt sich vielleicht auf allen Gräsern. Viele Unkräuter sind Giftpflanzen, welche, dem Grünfutter beigemengt, oft sehr schädlich werden, oder deren Samen in das Getreidemehl übergehen. Hauptsächlich kommen hierin Betracht: Bromus secalinus, Lolium temulentum, Colchicum autumnale, Polygonum hydropiper und minus, viele Solaneen, Gratiola officinalis, Alectorolophus hirsutus, Cicuta virosa, Aethusa Cynapium, Conium maculatum, mehrere Ranunkulaceen, Papaver Argemone und dubium, Agrostemma Githago, die Euphorbiaceen etc. Manche Unkräuter sind insofern nützlich, als sie ohne große Ansprüche an den Boden diesen bedecken und vor zu schnellem Austrocknen schützen.
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Das massenhafte Auftreten der Unkräuter erklärt sich aus der enormen Samenproduktion vieler Arten. Eine einzige Pflanze von Senecio vernalis besaß 273 Blütenköpfchen, jedes mit 145, zusammen 39,585, Früchten, ein Exemplar von Erigeron canadense mit 2263 Köpfchen lieferte 110,000 Samen, und wenn es sich hier um sehr kräftige Pflanzen handelte, so werden doch auch von andrer Seite angegeben: für Agrostemma Githago 2590, Papaver Rhoeas 50,000, Sinapis arvensis 4000, Sonchus arvensis 19,000 Samen. Von diesen Samen geht wohl der bei weitem größte Teil zu Grunde, immerhin erhalten sich sehr viele und erwarten im Boden die günstige Gelegenheit zur Entwickelung. Aus einer Bodenprobe vom Rand eines Teiches, die kaum eine gewöhnliche Kaffeetasse füllte, erzielte Darwin 537 Keimlinge, und Putensen ermittelte auf einem Acker pro QMeter auf 37,5 cm Tiefe 42,556 Unkrautsamen. Zur Bekämpfung der Unkräuter genügen bei ein und zweijährigen Pflanzen (etwa 80 Proz.) Jäten, Abweiden, Untergraben, Unterpflügen vor der Samenreife; von perennierenden Unkräutern müssen die Wurzelstöcke nach tiefem Pflügen ausgeeggt werden. Bei manchen Unkräutern wird aber auf diese Weise nichts zu erreichen sein, und dann sind durch Drainieren, Mergeln etc. die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Bodens so zu ändern, daß die Unkräuter weniger gut oder gar nicht mehr gedeihen. Auch durch die Art der Kultur lassen sich manche Unkräuter beseitigen. Schlingpflanzen und andre im Getreide wachsende Unkräuter verschwinden, wenn einige Jahre hindurch vorwiegend Hackfrüchte gebaut werden. Equisetum arvense verträgt nicht eine geschlossene Grasnarbe. Von größter Bedeutung ist die Reinheit des Saatguts, und in der That ist seit allgemeiner Anwendung der Getreidereinigungsmaschinen das Unkraut auf dem Acker bedeutend zurückgedrängt worden. Diese Reinigung muß möglichst weit getrieben werden, denn 1 Proz. Verunreinigung bedeutet bei Lein 1950, bei Rotklee 5500, bei französischem Raigras 8000 Körner fremder Samen in 1 kg. Überall, wo die Unkrautsamen erreichbar sind, sollte ihre Keimfähigkeit durch geeignete Behandlung zerstört werden, denn wo dies nicht geschieht, gelangen sehr viele keimfähige Samen durch den Mist zurück auf den Acker. Dabei ist die große Widerstandskraft mancher Unkrautsamen zu berücksichtigen, von denen einige die Temperatur des sich erhitzenden Düngers und wochenlanges Liegen in Jauche ertragen. Bei der großen Verbreitungsfähigkeit vieler Unkrautsamen durch Federkronen etc. ist der Einzelne im Kampf gegen die Unkräuter oft machtlos, nur gemeinsames Vorgehen kann Erfolge erzielen, und daher haben sich in Bayern, Württemberg und Baden obligatorische Flurgenossenschaften gebildet, welche im Juni die Grundstücke auf das Vorhandensein von Unkraut besichtigen und für Ausrottung desselben Sorge tragen. In ähnlicher Weise sind mehrfach Polizeiverordnungen erschienen, um übermäßige Verbreitung von Chrysanthemum segetum, Senecio vernalis und Galinsoga parviflora zu verhindern. Vgl. Ratzeburg, Die Standortsgewächse und Unkräuter Deutschlands und der Schweiz (Berl. 1859); Nobbe, Handbuch der Samenkunde (das. 1876); Thaer, Die landwirtschaftlichen Unkräuter (das. 1881); Danger, Unkräuter und pflanzliche Schmarotzer (Hannov. 1887).