Ungehorsam
Ungelt - Unger

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Seite 15.1014.
(Kontumaz), in der Rechtssprache das Nichtbefolgen einer richterlichen
Auflage, sei es
einer
Ladung oder einer richterlichen
Anweisung zur Vornahme oder Unterlassung einer
Handlung. Die
Folgen, welche der Ungehorsam
im
Strafprozeß
nach sich zieht, sind von denjenigen verschieden, welchen der Ungehorsame
(Kontumax) im bürgerlichen
Rechtsstreit ausgesetzt
ist.
Denn der moderne
Strafprozeß wird von dem
Grundsatz der
Mündlichkeit des
Verfahrens beherrscht, und
diesem entspricht die
Regel, daß die Anwesenheit des Angeklagten in der
Hauptverhandlung notwendig ist. Nur ausnahmsweise
kann bei Ungehorsam
des Angeklagten in dessen
Abwesenheit verhandelt und entschieden werden. Die deutsche Strafprozeßordnung unterscheidet
dabei zwischen dem abwesenden und dem ausgebliebenen (flüchtigen) Angeklagten. Als abwesend gilt der Angeklagte, wenn sein
Aufenthalt unbekannt ist, oder wenn er sich im
Ausland aufhält und seine
Gestellung vor das zuständige
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Gericht nicht ausführbar oder nicht angemessen erscheint. Gegen den abwesenden Angeklagten ist eine Hauptverhandlung nur dann statthaft, wenn die strafbare Handlung mit Geldstrafe oder Einziehung bedroht ist, oder wenn es sich um eine Person handelt, die sich der Wehrpflicht entzogen hat. In solchen Fällen ist eine öffentliche Ladung notwendig. Gegen den abwesenden Angeklagten kann eine Beschlagnahme einzelner Vermögensstücke oder des ganzen Vermögens verfügt werden.
Gegen einen ohne Entschuldigung ausgebliebenen Angeklagten wird ein Vorführungs- oder ein Haftbefehl erlassen. In seiner Abwesenheit darf nur dann verhandelt werden, wenn seine That mit Haft, Geldstrafe oder Einziehung bedroht ist, oder wenn sich der Angeklagte nach seiner Vernehmung aus der Hauptverhandlung entfernte, endlich auch in leichtern Fällen, wenn das Gericht ihn wegen allzu großer Entfernung seines Aufenthaltsorts vom Erscheinen entbunden hat. Im bürgerlichen Rechtsstreit besteht dagegen das System, daß von einer Partei, welche innerhalb der dazu gesetzten Frist oder in dem dazu bestimmten Termin eine Rechtshandlung nicht vornimmt, angenommen wird, sie verzichte auf ebendiese Rechtshandlung.
Ablauf - Ableitung

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Ablauf.
Bei den gesetzlich bestimmten Notfristen, z. B. bei der Frist zur Einlegung der Berufung, tritt der Verlust des Rechtsmittels
mit dem Ablauf
[* 3] der Frist von selbst ein. Außerdem ist ein besonderes Ungehorsams-
(Kontumazial-
, Versäumnis-) Verfahren und
ein ausdrücklicher Antrag (Ungehorsam
sbeschuldigung, Accusatio contumaciae) des Gegners erforderlich,
um ein Versäumnisurteil (Verurteilung in contumaciam) gegen den Ungehorsamen
herbeizuführen (s. Versäumnis). Ungehorsam
gegenüber
einem rechtskräftigen Urteil hat die Einleitung der Zwangsvollstreckung (s. d.) zur Folge.
Vgl. Deutsche [* 4] Strafprozeßordnung, § 318 ff., 470 ff., 229 ff.; Zivilprozeßordnung, § 209 ff., 295 ff.