Umlageverf
ahren,
im Versicherungswesen (Gegenseitigkeitsversicherung) dasjenige Verfahren, welches die jeweilig zu zahlenden Summen (z. B. bei eingetretenen Feuersbrünsten, Hagelschäden, Sterbefällen etc.) auf die Gesamtheit der Versicherten als Prämien umlegt und von denselben einhebt. Den Gegensatz zu demselben bildet das Kapitaldeckungs- oder Anlageverfahren. Letzteres bemißt die Prämie nach Maßgabe der Wahrscheinlichkeit des Eintritts und der Höhe der Gefahr, bez. der zu zahlenden Summe und legt, wenn diese Summe im Lauf der Zeit steigt, die Prämien als Prämienreserve verzinslich an, um den erhöhten Anforderungen der spätern Zeit genügen zu können und die Lasten möglichst gleichmäßig zu verteilen.
Bei der
Invalidenversicherung würden alle Mitglieder der versicherten (gleichalterigen)
Gesellschaft von vornherein gleichviel
zahlen, trotzdem die zu zahlenden
Renten im
Lauf der Zeit steigen. Bei einem reinen Umlageverf
ahren würden nur die
jeweilig fälligen
Renten eingehoben. Die
Last würde im Anfang gering sein, später aber so hoch werden, daß eine Fortsetzung
der
Versicherung unmöglich würde. Um letztere wirklich fortführen zu können, müßten immer wieder jüngere beitragspflichtige
Mitglieder neu herangezogen werden.
Bei Neueinführung einer Versicherung, welche nur die fortab eintretenden, nicht auch die schon früher vorgekommenen Fälle der Verunglückung und der Invalidität berücksichtigt, würden die zu entrichtenden Prämien im Lauf der Zeit steigen, bis endlich bei genügender Ausdehnung [* 3] der Versicherung ein Beharrungszustand erreicht wird. Ist die Gefährdung für alle Versicherten immer die gleiche, so hat das Kapitaldeckungsverfahren mit Prämienanspeicherung keine Berechtigung.
Demgemäß ist das Umlageverf
ahren bei der
Feuer-, bei der
Hagelversicherung etc. anwendbar und am Platz. Die
Frage, ob Umlageverf
ahren oder Anlageverfahren,
war gelegentlich der Einführung der berufsgenossenschaftlichen
Unfallversicherung in
Deutschland,
[* 4] dann vor
Erlaß des
Gesetzes
über die
Alters- und Invaliditätsversicherung der
Arbeiter Gegenstand lebhafter
Erörterungen. Für die
letztere
Versicherung wurde ein Mittelweg eingeschlagen, indem durch die in einem Zeitabschnitt gezahlten Beiträge die Kapitalwerte
der in dieser Zeit fällig werdenden
Renten gedeckt werden sollen.
Vgl. Beutner, Umlageverf
ahren oder Kapitaldeckung (Berl. 1884);
A. Wagner in Schönbergs »Handbuch der politischen Ökonomie«, Bd. 2, S. 816 (2. Aufl., Tübing. 1886).