Ultramontanismus
(lat.), diejenige Auffassung des Katholizismus, welche dessen ganzen Schwerpunkt nach Rom, also jenseit der Berge (ultra montes), verlegen möchte;
ultramontan ist somit das ganze Kurial- oder Papalsystem (s. d.).
268 Wörter, 1'995 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
(lat.), diejenige Auffassung des Katholizismus, welche dessen ganzen Schwerpunkt nach Rom, also jenseit der Berge (ultra montes), verlegen möchte;
ultramontan ist somit das ganze Kurial- oder Papalsystem (s. d.).
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
(lat.), diejenige Richtung in der kath. Kirche, die, mit dem Papstsystem Ernst machend, für die mittelalterlichen Ansprüche der Römischen Kurie, wie sie Gregor VII. und Bonifacius VIII. vertraten, einsteht, also für unbedingte Wiederherstellung der absoluten Papstgewalt über die Gewissen, über Fürsten und Staaten, über die ganze Welt. Der Name kommt daher, daß der seinen höchsten Herrn in Rom, jenseit der Berge (ultra montes) sieht. Am entschiedensten und geschicktesten wird er durch den Jesuitenorden vertreten.
Da er alle innerkirchliche Gewalt im Papst konzentriert, kann er weder das Ansehen der Konzilien, noch die Selbständigkeit der Bischöfe bestehen lassen und sieht in jeder nationalkirchlichen Bestrebung ein Verbrechen. Dem Protestantismus ist er todfeind, ebenso dem Gallikanismus, Josephinismus und Febronianismus, sowie dem Episkopalismus. Der ist seit der Restaurationszeit aus Frankreich nach Deutschland gekommen und hier erstarkt. Durch den Kulturkampf hat er eine gewisse volkstümliche Kraft gewonnen und zur Bildung einer großen parlamentarischen Partei geführt (s. Centrum). Auch in den Parlamenten anderer Länder giebt es ultramontane Parteigruppen, so in Frankreich die Konstitutionelle Rechte (s. d.); in Österreich bilden die Klerikalen einen Bestandteil des Hohenwart-Klubs (s. d.); in Ungarn hat sich eine ultramontane Volkspartei zum Widerstand gegen die liberale kirchenpolit. Gesetzgebung, namentlich gegen die Civilehe organisiert; in Belgien (s. d.) bilden die Ultramontanen seit lange die herrschende Partei. -
Vgl. Nielsen, Aus dem innern Leben der kath. Kirche im 19. Jahrh., Tl. 1 (Karlsr. 1882);
Nippold, Handbuch der neuesten Kirchengeschichte (3. Aufl., 3 Bde., Elberf. 1883-96).