Ultramonta
nismus
(lat.), diejenige Richtung in der kath. Kirche, die, mit dem Papstsystem Ernst machend, für die mittelalterlichen Ansprüche der Römischen Kurie, wie sie Gregor VII. und Bonifacius VIII. vertraten, einsteht, also für unbedingte Wiederherstellung der absoluten Papstgewalt über die Gewissen, über Fürsten und Staaten, über die ganze Welt. Der Name kommt daher, daß der seinen höchsten Herrn in Rom, [* 2] jenseit der Berge (ultra montes) sieht. Am entschiedensten und geschicktesten wird er durch den Jesuitenorden vertreten.
Da er alle innerkirchliche Gewalt im Papst konzentriert, kann er weder das Ansehen der Konzilien, noch
die Selbständigkeit der
Bischöfe bestehen lassen und sieht in jeder nationalkirchlichen Bestrebung ein
Verbrechen. Dem
Protestantismus
ist er todfeind, ebenso dem Gallikanismus, Josephinismus und Febronianismus, sowie dem
Episkopalismus. Der ist seit der Restaurationszeit
aus
Frankreich nach
Deutschland
[* 3] gekommen und hier erstarkt. Durch den Kulturkampf hat er eine gewisse volkstümliche
Kraft
[* 4] gewonnen und zur
Bildung einer großen parlamentarischen Partei geführt (s. Centrum). Auch in den Parlamenten
anderer
Länder giebt es ultramontane
Parteigruppen, so in
Frankreich die Konstitutionelle
Rechte
(s. d.); in
Österreich
[* 5] bilden
die Klerikalen einen
Bestandteil des Hohenwart-Klubs (s. d.); in
Ungarn
[* 6] hat sich eine ultramontane
Volkspartei zum
Widerstand
gegen die liberale kirchenpolit. Gesetzgebung, namentlich gegen die
Civilehe organisiert; in
Belgien
[* 7] (s. d.)
bilden die Ultramontanen
seit lange die herrschende Partei. -
Vgl. Nielsen, Aus dem innern Leben der kath. Kirche im 19. Jahrh., Tl. 1 (Karlsr. 1882);
Nippold, Handbuch der neuesten Kirchengeschichte (3. Aufl., 3 Bde., Elberf. 1883-96).