Ultramarin
,
Azurblau, Lasurblau, prachtvoll blaue Erdfarbe, die man früher durch Pulvern und Schlämmen des Lasursteins (s. d.), gegenwärtig aber künstlich darstellt. Die künstliche Darstellung bildet einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte der Industrie. Das erste, was über Bereitung des bekannt wurde, war 1828 eine auf eigene Erfindung und Beobachtung gestützte Abhandlung von Chr. G. Gmelin in Tübingen; [* 2] allein später zeigte sich, daß schon 1826 Guimet in Lyon [* 3] ein von ihm entdecktes Verfahren als Geheimnis ausgeübt und sein künstliches in den Handel gebracht hatte. Später sind Köttig (1829), Leverkus (1836) in Wermelskirchen, Leykauf (1837) in Nürnberg [* 4] (gest. 1871) als Erfinder bewährter Verfahren zu nennen.
Man stellt jetzt das durch Calcinieren eines Gemenges von 100
Teilen Porzellanthon, 100
Teilen wasserfreiem
Glaubersalz und 17
Teilen
Kohle dar, wodurch man grünes gewinnt, das man durch Rösten mit Schwefel in Ultramarinblau
überführt. In andern Fabriken
stellt man sofort blaues durch Erhitzen eines Gemenges von
Thon,
Soda,
Kohle und Schwefel dar. Das mit
Glaubersalz
(Natriumsulfat) hergestellte heißt
Sulfatultramarin, das mit
Soda hergestellte dagegen Sodaultramarin.
Dieses ist etwas dunkler
als jenes. Das besteht aus
Kieselerde (37-40 Proz.),
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Thonerde (23-29 Proz.), Natron (18-21 Proz.) und Schwefel (8-13 Proz.). Es ist ein lasurblaues, licht- und seifenechtes Pulver, das von alkalischen Laugen nicht angegriffen wird, jedoch durch Säuren, selbst durch sauer reagierende Salze, wie z. B. durch Alaunlösung, unter Entwicklung von Schwefelwasserstoffes sich entfärbt. Das hat als blaue Farbe, weil ihr alle giftigen Eigenschaften abgehen, die Smalte und ähnliche Kobaltfarben fast gänzlich verdrängt.
Durch die neuen billigen und säurebeständigen Anilinfarbstoffe hat jedoch der Verbrauch in jüngster Zeit bedeutend abgenommen.
Es dient außer als Öl- und Wasserfarbe besonders zum Malen und Tünchen auf Kaltgrund, zum Tapetendruck, in der Buntpapierfabrikation,
zum Druck auf Leinwand und Kattun, in der Buchdruckerei und in der Lithographie. Ein großer Teil des wird
ferner angewendet, um an sich gelbliche Stoffe dem Auge
[* 8] rein weiß erscheinen zu lassen; so bläut man unter anderm die Leinwand,
die Papiermasse, die Wäsche, die Stärke
[* 9] und endlich auch den Zucker.
[* 10] Das grüne ein glanzloses Pulver,
findet namentlich als ordinäre Tüncher-, seltener als Tapetenfarbe Anwendung. Durch Überleiten von Chlorgas in überhitztem
Ultramarinblau
erhält man einen braunroten Körper, der durch Behandlung mit Wasser violettes liefert.
Es kostete 1829 ein Kilogramm 480 M.; 1872 war der Preis für 100 kg nur noch 65 M., 1895 ist er auf 58 M.
gesunken. Die Jahresproduktion der vereinigten deutschen Ultramarin
fabriken hat den Wert von 4 bis 5 Mill. M. 1894 erreichte
die deutsche Ausfuhr (vorwiegend nach England und Nordamerika)
[* 11] den Wert von 2,1 Mill. M., die Einfuhr nur 32000 M.
Die Gesamtproduktion Deutschlands
[* 12] betrug 1895: 6 500000 kg. Die chem.
Konstitution des ist, obgleich in neuerer Zeit namhafte Chemiker mit dieser Frage sich befaßten, noch nicht absolut festgestellt.
- Gelbes ist Baryumchromat (s. d.). -
Vgl. Lichtenberger, Die Ultramarin
fabrikation (Weim. 1865);
Fürstenau, Die Ultramarin
fabrikation
(Coburg
[* 13] 1864);
Reinh. Hoffmann, Die Entwicklung der Ultramarin
fabrikation (Braunschw. 1875);
Rob. Heinze,
Beitrag zur Ultramarin
fabrikation (Dresd. 1879).