Tyros
eine der berühmtesten Städte des Altertums, nebst Sidon die wichtigste und reichste See- und Handelsstadt Phönikiens, 200 Stadien (38 km) von Sidon, lag teils auf dem Festland, teils auf zwei kleinen, flachen, aber felsigen Inseln und war weniger bedeutend, bis im 10. Jahrh. v. Chr. König Hiram, der Freund Davids und Salomos, die beiden Inseln durch Aufschüttung vereinigte und erweiterte, zwei Häfen anlegte und die Stadt mit hohen Mauern umgab. Die Doppelinsel, 1600 Schritt von der Festlandküste entfernt, hatte nur 22 Stadien (5300 Schritt) im Umfang, weshalb man genötigt war, die Häuser sehr hoch (5-6 Stockwerke) zu bauen.
Auf ihr befand sich ein uralter
Tempel
[* 2] des
Melkart, der von den
Kolonien jährlich mit
Geschenken beschickt
wurde. Tyros
überflügelte bald
Sidon, beherrschte den
Handel und die
Kolonisation im westlichen
Mittelmeer (von hier ging 846
v. Chr.
die
Gründung
Karthagos aus) und brachte die ganze südliche
Küste bis zum
Berg
Karmel unter seine
Gewalt. Die assyrischen
Könige
Salmanassar und
Sargon belagerten Tyros
fünf Jahre lang, 725-720, vergeblich, und
Nebukadnezar konnte es erst 573 nach
13jähriger Belagerung erobern.
Als
Alexander nach dem
Sieg bei
Issos 333
Phönikien betrat, verweigerte Tyros
dem
Sieger den Einzug, wurde von diesem belagert,
aber erst nach siebenmonatlicher schwerer Anstrengung der
Flotte und
Landarmee, welch letztere auf einem vom
Festland aus
geführten Erddamm vorging, erobert (332). Dieser
Damm hat sich allmählich durch Anspülung zu jenem
Isthmus verbreitert,
welcher die
Insel heute mit dem
Festland verbindet. Die Stadt hatte dann noch einmal eine 14monatliche Belagerung durch
Antigonos
auszuhalten.
Unter der römischen Herrschaft behielt sie ihre
Freiheit und eigne
Verfassung, blühte durch
Handel und
Industrie (Metallwaren,
Weberei
[* 3] und Purpurfärberei) und ward vom
Kaiser
Severus zur römischen
Kolonie erhoben.
In den
Kreuzzügen
galt sie für einen festen Platz, der von den
Kreuzfahrern bis 1191 standhaft behauptet wurde.
Friedrich
Barbarossa wurde 1190 dort
begraben. Unter der türkischen
Regierung kam Tyros
herab; verheerende
Erdbeben
[* 4] hatten das Versinken ganzer
Stadtteile unter den Meeresspiegel zur
Folge. Das heutige
Sur erfüllt kaum ein Dritteil der ehemaligen
Insel und ist ein
Ort
von einigen hundert elenden
Häusern mit
ca. 5000 Einw. (zur Hälfte Mohammedaner, zur Hälfte
Christen, wenige
Juden). Der
Hafen
ist versandet. Das interessanteste Gebäude ist die aus dem 12. Jahrh.
stammende Kreuzfahrerkirche.