(ital. Torino), ital. Provinz, umfaßt den nordwestlichen Teil von Piemont, grenzt östlich an die Provinzen Novara
und Alessandria, südlich an Cuneo, westlich an Frankreich, nördlich an die Schweiz (Kanton Wallis)
und hat ein Areal
von 10,535, nach Strelbitsky 10,452 qkm (189,8 QM.). Das Land
ist zum größten Teil gebirgig und wird von den Kottischen, Grajischen und Penninischen Alpen nebst ihren Ausläufern durchzogen.
An der Grenze gegen die Schweiz erheben sich die Hochgipfel des Montblanc, Matterhorn und Monte Rosa.
Die zahlreichen Thäler münden alle in die bei Turin auf 12 km verengerte Ebene des Po, der von hier an schiffbar wird und
den Pellice mit Clusone, die Chisola, Dora Riparia, Stura und Dora Baltea aufnimmt. Die Bevölkerung belief sich 1881 auf 1,029,214
Einw. Der Boden ist namentlich in der Poebene höchst fruchtbar und liefert Weizen (1887: 761,000 hl), Mais
(692,000 hl), Flachs, Hanf, Kastanien, Wein (333,691 hl) etc. Von Bedeutung ist auch die Viehzucht (1881 zählte man 288,042 Stück
Rindvieh, 154,792 Schafe, 54,825 Ziegen); die Seidenzucht lieferte 1887: 1,3 Mill. kg Kokons. Das Mineralreich
bietet Eisen, Blei, Kupfer, Silber, Kobalt, Marmor, Salz etc. Die Industrie ist namentlich durch Seidenspinnereien u. -Zwirnereien,
Seidenwebereien, Schaf- u. Baumwollmanufakturen, Papierfabriken, Gerbereien und sonstige Lederverarbeitung, Fabriken für Kerzen,
Seife, Chemikalien, metallurgische Produkte, Ziegel, Glas- u. Thonwaren u. a. vertreten. Die Provinz zerfällt in fünf Kreise: Aosta,
Ivrea, Pinerolo, Susa und Turin.
(Augusta Taurinorum), Hauptstadt der gleichnamigen ital. Provinz, bis 1861 Hauptstadt des Königreichs Sardinien
und bis 1865 des Königreichs Italien, liegt 239 m ü. M., in einer herrlichen, ostwärts von den Höhen der montferratischen
Berge begrenzten Ebene. Die Lage ist für kriegerischen wie friedlichen Verkehr hervorragend günstig, denn es geht
hier die obere piemontesische Ebene mit den dort vereinigten Straßen durch die Verengerung von Turin in die mittlere und untere
Poebene über, so daß hier der Verkehr zwischen beiden Ebenen, den das Bergland von Montferrat sonst hindern würde, vermittelt
wird.
Der Po wird hier durch Aufnahme der Dora Riparia schiffbar, in deren Thal die beiden wichtigen Alpenstraßen
von Savoyen über den Mont Cenis (jetzt Eisenbahn) und aus der Dauphiné über den Mont Genèvre vereinigt auf Turin gehen, das damit
zu einem wichtigen Straßenknoten und Schlüssel der gangbarsten Pässe über die Westalpen wird. Selbst die Straßen über
den Großen und Kleinen Bernhard im Dora Baltea-Thal aufwärts lassen sich noch von aus beherrschen. So hat
Turin als natürlicher Mittelpunkt des ganzen obern Pogebiets in der Kriegsgeschichte, bis 1801 auch als starke Festung, eine große
Rolle gespielt (s. unten, Geschichte).
Dank seiner Lage und dem durch die Mont Cenis-Bahn mächtig gewachsenen Verkehr, hat es die Verlegung der
Hauptstadt leicht verwunden und ist in hoffnungsvollem Aufschwung begriffen. Außer dieser Bahn vereinigen sich hier die Linien
über Novara nach Mailand, über Alessandria nach Genua und Piacenza, über Brà nach Savona, nach Cuneo, Pinerolo, Rivoli, Lanzo, Rivarolo,
über Ivrea nach Aosta, Biella, Arona. Die reizende Lage und die regelmäßige Bauart machen Turin zu einer der
schönsten Städte Italiens. Es zerfällt in sieben Stadtteile (Dora, Moncenisio, Monviso, Po, Borgo San Salvatore, Borgo Po und
Borgo Dora) und hat langgedehnte, breite und gerade Straßen und weite, stattliche Plätze.
Die ehemaligen Festungswerke sind zu schönen Spaziergängen umgewandelt. Die schönsten Straßen sind
die Via di Po, die Via di Roma, die Via Garibaldi und der Corso Vittorio Emmanuele. Unter den 40 Plätzen zeichnen sich aus: die
Piazza Castello, rings von Hallen umgeben;
die Piazza Carlo Alberto;
die Piazza Carlo Felice (mit hübschen Anlagen versehen);
die große, 1825 angelegte Piazza Vittorio Emmanuele, welche sich bis zu der 1801 unter Napoleon I. erbauten
großen steinernen Pobrücke hinzieht;
die Piazza del Palazzo di Città, die Piazza dello Statuto mit dem Denkmal für den Bau
des Mont Cenis-Tunnels und die Piazza Cavour (mit Anlagen).
Die hervorragenden Monumentalbauten sind nicht die Kirchen, sondern
die Paläste, welche mit Ausnahme des Palazzo Madama auf der Piazza Castello (von 1416) meist einer spätern
Zeit angehören (17. und 18. Jahrh.). Dazu gehören das königliche Schloß auf der Nordseite der Piazza Castello (1660 erbaut),
mit den Reiterstatuen von Kastor und Pollux und dem Reiterbild des Herzogs Viktor Amadeus I. (im Vestibül),
der königlichen Bibliothek (50,000 Bände, 2000 Manuskripte), einer reichen Sammlung von Handzeichnungen (über 20,000 Stück)
und Münzen, der berühmten königlichen Rüstkammer (armeria reale), einem schönen Schloßgarten und, hieran anstoßend,
einem zoologischen Garten;
der Palazzo Carignano (von 1680), ehemals Sitz des Parlaments, jetzt der Gemeinde gehörig;
der Palast
der Akademie der Wissenschaften (früher Jesuitenkollegium, 1678 von P. Guarini erbaut);
das Universitätsgebäude
(von 1713), das Stadthaus (von 1665), der Palazzo delle due Torri, das Teatro regio (von 1738) und das Teatro Carignano (von
1787), wozu neuerdings der Zentralbahnhof (1865-68 von Mazzucchetti erbaut), die Galleria Industriale und mehrere kleinere
Theater hinzugekommen sind.
Unter den 40 Kirchen von Turin zeichnen sich aus: die Kathedrale San Giovanni, ein
Renaissancebau mit der schwarzmarmornen Grabkapelle del Sudario (1657-1694 von Guarini erbaut);
die Kirchen Beata Vergine della
Consolazione (1679 ausgeführt), San Filippo (1714 vollendet), Corpus Domini (von 1753), die Kuppelkirche San Massimo, die Rotunde
Gran Madre di Dio (1818-49 erbaut) und die protestantische Kirche (tempio Valdese, 1851 erbaut).
Turin ist außerordentlich
reich an Denkmälern, welche das savoyische Haus, die Staatsmänner und großen Geister
des Landes verherrlichen. Dazu gehören: das Reiterbild Emanuel Philiberts auf der Piazza San Carlo (von Marochetti, 1838);
das
Denkmal Amadeus' VI. auf der Piazza Palazzo di Città;
die Marmorstatuen des Prinzen Eugen von Savoyen und des Prinzen Ferdinand (1858)
vor dem Rathaus;
die der Könige Karl Albert und Viktor Emanuel in der Vorhalle des Rathauses;
ferner auf der
Piazza Carlo Alberto die Reiterstatue Karl Alberts (von Marochetti, 1861);
auf der Piazza Carignano das Denkmal Giobertis (von
Albertoni, 1860);
auf der Piazza Carlo Felice die Statue d'Azeglios (von Balzico, 1873);
auf der Piazza Carlo Emmanuele II. das
große Denkmal Cavours (von Dupré, 1873);
ferner Statuen von Lagrange, Brofferio, Cassini, Micca (des Retters
der Stadt 1706), Pepe, Bava, Balbo, Manin, des Herzogs Ferdinand von Genua u. a.
Die Zahl der Bewohner beträgt (1881) 230,183, mit dem Gemeindebezirk 252,832. Die Industrie hat in der neuern Zeit erhebliche
Fortschritte gemacht, besonders in der Fabrikation von Seidenstoffen und Tapeten; außerdem bestehen Fabriken
für Bijouteriewaren, Möbel, Pianofortes, Maschinen, Liköre, Leder, Handschuhe und andre Lederarbeiten, Tuch, Zündhölzchen, Papier,
Tabak u. a. Zur Förderung der Industrie und des Handels besitzt die Stadt eine Sparkasse, 10 Bankinstitute, 25 Aktiengesellschaften
u. a. Für den Verkehr sorgen die oben erwähnten Eisenbahnen, mehrere Pferdebahnen und Dampftramways und
die Poschiffahrt.
Unter den Bildungsanstalten der Stadt behauptet den ersten Rang die 1412 gegründete Universität (250 Lehrer, über 2100 Studierende,
nächst der Universität in Neapel die größte Frequenz in Italien) mit vier Fakultäten und einer Bibliothek von 225,000 Bänden
nebst zahlreichen Manuskripten. Sie ist auch mit allen notwendigen Museen und Instituten ziemlich gut versehen.
Andre Bildungsinstitute sind: eine Ingenieurschule, ein Seminar, ein Lyceum, ein Lycealgymnasium, 2 Gymnasien, ein Gewerbeinstitut,
die Kriegsschule, eine Artillerie- und Genieschule, eine Militärakademie, 4 technische Schulen, eine Tierarzneischule etc.;
ferner die Akademie der Wissenschaften (1759 gegründet) mit wertvoller Bibliothek (40,000 Bände) u. Altertumsmuseum, eine
medizinisch-chirurgische Akademie mit Bibliothek (20,000 Bände), eine Akademie der schönen Künste (Albertina), ein Kunstverein,
ein Industriemuseum (welches auch Gewerbeschullehrer heranbildet), eins der reichsten Staatsarchive in Europa (mit Urkunden
der Karolinger), eine Gemäldesammlung (über 500 Nummern, darunter Gemälde von P. Veronese, Raffael, van Dyck, Memling u. a.),
ein städtisches Museum, ein Museum der Renaissance (1863 als Synagoge erbaut), zahlreiche Gesellschaften
und Vereine. Turin besitzt ferner eine bedeutende Anzahl gut dotierter Wohlthätigkeitsanstalten verschiedenster Art
und ist der Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, eines Kassationshofs, eines Appell- und Assisenhofs, eines Zivil- und Korrektionstribunals,
einer Finanzintendanz, eines Generalkommandos, einer Handelskammer und eines Handelstribunals sowie eines
deutschen Konsuls.
Unter den öffentlichen Spaziergängen sind namentlich der Nuovo Giardino pubblico, woran sich der botanische
Garten und das malerische Castel del Valentino anschließen, und von wo eine Kettenbrücke aufs rechte Ufer des Po führt, der
Schloßgarten mit dem zoologischen Garten und der Giardino di Città anzuführen. Der schönste Punkt der
weitern Umgegend ist die 678 m hoch gelegene, seit 1884 durch eine Drahtseilbahn zugängliche
prachtvolle Klosterkirche La
Superga mit der königlichen Familiengruft und herrlicher Aussicht auf die Alpen.
Geschichte. Turin war im Altertum unter dem Namen Taurasia Hauptort der gallischen Taurini, wurde 218 v. Chr. von Hannibal erobert
und erhielt unter Augustus eine römische Kolonie und den Namen Augusta Taurinorum. Die Langobarden, in deren
Besitz die Stadt um 570 n. Chr. kam, ließen sie durch Herzöge verwalten. In der Folge bemächtigten sich die Markgrafen von
Susa der Herrschaft, und nach deren Aussterben (um 1060) folgte das Haus Savoyen. Venedig u. Genua schlossen 1381 unter
Vermittelung des Herzogs Amadeus von Savoyen in Turin Frieden. 1506 von den Franzosen erobert, blieb Turin in deren Besitz bis 1562. Damals
erhielt es Herzog Philibert zurück, machte es zu seiner Residenz und erbaute 1567 die Citadelle. 1640 nahmen die Franzosen unter
Harcourt Turin nach 17tägiger Belagerung ein. Am wurde hier der Separatfriede
zwischen Savoyen und Frankreich geschlossen.
Von den Franzosen unter dem Herzog von Orléans belagert, ward Turin durch den Sieg der Kaiserlichen unter Prinz Eugen befreit. 1798 von
den Franzosen eingenommen, ward es von den Österreichern und Russen unter Suworow wieder befreit.
Nach der Schlacht bei Marengo (1800) kam Turin aufs neue in die Gewalt der Franzosen und blieb in derselben als Hauptstadt des Podepartements,
bis es, seiner Befestigungswerke bis auf die Citadelle beraubt, 1814 durch den Pariser Frieden dem König von Sardinien zurückgegeben
ward und nun wieder Residenz und Hauptstadt wurde. Es blieb dies, bis infolge der sogen. Septemberkonvention
die Residenz und der Sitz der Zentralbehörden des Reichs im Mai 1865 nach der neuen Hauptstadt Italiens, Florenz,
verlegt wurde. Nach dem Bekanntwerden der Septemberkonvention kam es 20.-22. Sept. 1864 zu einem blutigen
Aufruhr, der nur durch Waffengewalt unterdrückt werden konnte.
Vgl. Promis, Storia dell' antica Torino (Tur. 1869);
Cibrario,
Storia di Torino (das. 1847, 2 Bde., für
das Mittelalter);
Borbonese, Torino illustrata e descritta (das. 1884).
Im Mittel 600 m. Gemeindeabteilung mit zerstreut gelegenen Höfen, auf der ersten Terrasse
des links der Rhone über Salins und Les Agettes bis zur Crête de Thyon hinaufreichenden Gehänges und 3 km
s. Sitten. 8 Häuser, 55 kathol. Ew. Kirchgemeinde Salins.
Obstbau. 1250: Torins;
1278: Thourins;
1414: Thourin;
1424: Thurins.
Vom germanischen Personennamen Toro herzuleiten: «bei den Nachkommen des Toro».
1) Provinz im Königreich Italien (s. Karte: Ober- und Mittelitalien, beim Artikel Italien), in der Landschaft
Piemont, grenzt im N. an die Schweiz (Kanton Wallis),
im O. an die Provinzen Novara und Alessandria, im S. an Cuneo und im W. an Frankreich
(Depart. Haute-Savoie, Savoie, Isère, Hautes-Alpes), hat 10 535 (nach Strelbitskij 10 452) qkm mit (1881) 1 029 214,
nach einer Berechnung 1 116 097 E., d. i. 106 E. auf 1 qkm, und zerfällt in die 5 Kreise Aosta, Ivrea, Pinerolo,
Susa und Turin mit zusammen 443 Gemeinden.
Das Land ist im nördl. und westl. Teile gebirgig und wird von den Penninischen, Grajischen und Cottischen
Alpen erfüllt, deren Ausläufer nach der Po-Ebene abfallen und von Flußthälern durchzogen werden. Die Flüsse Pellice mit
Chisone, Chisola, Sangone, Dora Riparia, Stura, Orco, Dora Baltea fließen sämtlich links zum Po, der von der Hauptstadt
an schiffbar wird. Der östl. Teil des Landes (Po-Ebene) ist sehr fruchtbar und wohl angebaut (Weizen,
Mais, Flachs, Hanf, Kastanien, Wein). Bedeutend ist auch die Viehzucht und die Seidenzucht. Der Bergbau liefert Eisen, Blei, Kupfer,
Silber, Kobalt und Marmor sowie Salz; die Industrie erstreckt sich auf Seidenspinnerei, -Zwirnerei und -Weberei, Woll- und Baumwollweberei,
Gerberei, Fabrikation von Papier, Seife, Kerzen, chem. und metallurgischen Produkten, Thon- und Glaswaren.
Die Eisenbahnen und Straßenbahnen der Provinz gehen von der Hauptstadt aus. - 2) Hauptstadt der Provinz Turin, im Mittelalter
des Fürstentums Piemont, bis 1860 Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Sardinien, 1860-65 des Königreichs Italien, eine
der prächtigsten Städte Italiens, liegt in einer sehr fruchtbaren Thalebene an dem schiffbaren Po, der
hier die Dora Riparia aufnimmt, und hat (1881) 230 183, als Gemeinde 249 827, nach einer Berechnung
348 124 E., in Garnison das 13. (außer 1 Ba-
taillon), 71. und 72. Infanterieregiment, je 2 Bataillone Bersaglieri und Alpentruppen, das 20. Kavallerieregiment «Roma» (außer 2 Eskadrons), 2 Batterien
des 17. Feldartillerieregiments, 6 Batterien Gebirgsartillerie, die 6. und 7. Brigade der Festungsartillerie, 2 Traincompagnien, 6 Compagnien
Eisenbahntruppen, 7 Compagnien Mineure und 1 Compagnie Artilleriearbeiter, (hierzu ein Stadtplan nebst Straßenverzeichnis.)
Brücken und Straßen. Über den Po führen eine schöne Steinbrücke aus der Zeit der franz. Herrschaft, eine Kettenbrücke
und zwei neue steinerne Brücken, nach der Königin Margherita und der Prinzessin Isabella benannt, über die Dora sieben
Brücken, darunter die 1830 von Mosca erbaute, aus einem gewaltigen Bogen bestehende Brücke und zwei Eisenbahnbrücken.
Mit Ausnahme von Altturin durchschneiden sich die reinlichen, teilweise von Arkaden eingefaßten Straßen rechtwinklig. Die
Häuser sind meist vier bis fünf Stockwerke hoch und aus Backsteinen aufgeführt. Die schönsten und belebtesten Straßen sind
die Via Garibaldi, Via dell' Accademia delle Scienze, Via Cernaja, Via Roma und besonders die Via di Po, welche
zur Pobrücke führt und an beiden Seiten Bogengänge (portici) mit Kaufläden hat; sie bildet im Winter den Corso von Turin.
Plätze und Denkmäler. Die Piazza San Carlo, ein regelmäßiges, von Palästen umgebenes Viereck mit dem ehernen Reiterstandbild
(1838) des Herzogs Emanuel Philibert, dem Meisterwerke Marocchettis, die Piazza Castello (Schloßplatz),
ganz mit Bogengängen umgeben;
die Piazza Vittorio Emanuele, Ausgangspunkt der Via di Po, einer der größten Plätze Europas,
mit Aussicht auf die Hügel jenseit des Po, jenseit der Brücke die Marmorstatue Victor Emanuels I. von Gaggini;
Piazza Carlo
Felice mit Anlagen und dem Erzstandbild (1873) des Massimo d'Azeglio von Balzico, Piazza Carlo Alberto mit
dem Reiterstandbild des Königs Karl Albert, nach Marocchettis Modell;
der neue Verfassungsplatz (Piazza dello Statuto) mit
prachtvollen Palästen, einem kolossalen Denkmal zur Erinnerung an den Durchstich des Mont-Cenis-Tunnels;
die neue Piazza Solferino
mit der Reiterstatue des Herzogs Ferdinand von Genua, in Bronze von Balzico;
Piazza Carlo Emanuele II. mit
dem großartigen Marmordenkmal Cavours von Dupré (14 m hoch, 1873; s. Tafel: Italienische Kunst V,
[* ]
Fig. 6);
Piazza Pietro Micca
mit der Bronzestatue des Mineurs Micca, der 1706 beim Eindringen der Franzosen die Citadelle sprengte und sich opferte;
Piazza
Carignano mit dem Marmorstandbild des Patrioten und Philosophen Vincenzo Gioberti (1859), von Albertoni;
Piazza Savoia mit einem Obelisk zum Gedächtnis an die Abschaffung der geistlichen Gerichtsbarkeit (foro ecclesiastico) unter
dem Justizminister Siccardi (1850);
Piazza del Palazzo di Città (Rathausplatz) mit dem bronzenen Denkmal Amadeus' VI. und den
marmornen Standbildern der Prinzen Eugen und Ferdinand (1858) am Stadthaus;
die Piazza Lagrange mit dem
marmornen Standbild des hier geborenen Mathematikers Lagrange;
Piazza Emanuele Filiberto;
Piazza Vittorio Emanuele II. mit dem
unvollendeten Denkmal des Königs;
ferner das Reiterstandbild des Herzogs Victor Amadeus I. in der Schloßhalle, die Statue aus
Erz, das Pferd aus Marmor, die Mariensäule, 1835 wegen Aufhörens der Cholera errichtet;
die Denkmäler
des Generals Alexander La Marmora von Cassano, des Diktators von Venedig Daniele
Manin, Garibaldi (1887), des Ministers und Historikers
Cesare Balbo von Vela, des piemont.
Generals Bava von Albertoni, des Generals Pepe, des tapfern Verteidigers von Venedig (1849),
von Butti und die Büste des sardin. Staatsmannes Pes de Villamarina.
Unter den öffentlichen Gärten steht der neue öffentliche Garten (Giardino pubblico) mit dem Botanischen Garten und dem königl.
Schloß Il Valentino, einem viertürmigen Bau im franz. Stil, 1650 begonnen, aber unvollendet, jetzt Sitz der Ingenieurschule,
obenan; im südl. Teil des Gartens eine Nachbildung einer Burg aus dem 15. Jahrh. nebst zugehörigem Dorf,
welche für die Ausstellung von 1884 hergestellt waren. Der Garten der Citadelle (Giardino della Citadella) mit den Standbildern
des Dichters und Redners Brosserio (1871) und des Rechtsgelehrten J. B. Cassinis (1873), der Schloßgarten (Giardino Reale)
mit dem Zoologischen Garten und der alte Waffenplatz (Piazza d'armi), jetzt ganz mit Villen und prächtigen
Gebäuden besetzt, ein viel besuchter Sommercorso, durchschnitten von der Allee des Corso Vittorio Emanuele II., der mit seinen
Verlängerungen eine der großartigsten Straßen der Welt bildet, mit prächtiger Ansicht der Hügel im Hintergrunde.
Kirchen. Die Kirchen sind zum Teil prächtig; obenan steht die Domkirche oder Kathedrale San Giovanni Battista,
an der Stelle dreier alter Kirchen 1492-98 von dem Florentiner Meo del Caprino im Renaissancestil aufgeführt, mit Marmorfaçade,
drei Schiffen, achteckiger.Kuppel und der Kapelle del Santissimo Sudario, im 17. Jahrh. von
dem Theatinermönch Guarini erbaut, Gruftkapelle des Hauses Savoyen. Eine sargartige Urne über dem Altar
bewahrt in silbernem Behältnis das Sudario, das Linnentuch, in welchem der Körper des Heilands eingehüllt gewesen sein
soll.
Die Kirche Corpus Domini ist 1607 von Vitozzi erbaut an Stelle einer 1543 errichteten und nach dem Wunder einer Hostie (1521)
benannten Kapelle; daran stößt die 1610 erbaute Kirche Santo Spirito, in der J. J. Rousseau 1728 zum
Katholicismus übertrat. In La Consolata, 1679 von Guarini im Barrockstil erbaut und 1714 von Juvara ausgeschmückt, eine Kapelle
mit den Marmorstatuen der Königinnen Maria Therese und Marie Adelaide von Vela (1861) und ein hoch verehrtes Madonnenbild.
Neuere Kirchen sind die Kuppelkirche San Massimo, 1845-54 erbaut, mit Fresken und Standbildern von Albertoni,
die des San Secondo, 1882 vollendet im lombard. Stil, die des San Gioachimo im Stil der altchristl. Basiliken, und die des San Giovanni
Evangelista, von Stella im lombard. Stil gebaut. Am wurde hier die Waldenserkirche, die erste evang.
Kirche der Stadt, eingeweiht, 1884 eine schöne Synagoge eröffnet.
Weltliche Bauten. Das einzige mittelalterliche Gebäude der Stadt ist das alte schwerfällige Kastell Palazzo Madama auf der
Piazza Castello, gegen Ende des 13. Jahrh. von Wilh. von Montserrat erbaut und von der Mutter des Königs Victor Amadeus II.
Maria benannt, die es als Witwe bewohnte und 1718 nach Juvaras Entwurf die prächtige Doppeltreppe und
die Marmorsäulenfaçade an der Westseite aufführen ließ. Der Palast war bis 1865 Sitz des ital. Senats und der Polizei,
jetzt birgt er verschiedene Institute, darunter die königl. Sternwarte. Das königl. Schloß (Palazzo reale), 1660 begonnen,
ein einfacher Backsteinbau, aber
mehr
prachtvoll eingerichtet; ein Gitterthor, auf dessen Pfeilern Reiterstandbilder von Kastor und Pollux, 1842 nach Modellen von
Abb. Sangiorgio gegossen, stehen, trennt den Schloßhof von der Piazza Castello; ein Flügel des Schlosses enthält die königl.
Rüstkammer (Armeria reale), in der sich viel Ausgezeichnetes (darunter Schild von Benvenuto Cellini mit Scenen aus
den Kämpfen des Marius gegen Jugurtha) befindet, die königl. Bibliothek mit 60000 Bänden, 3000 Handschriften, reich an histor.,
geogr. und genealog.
Werken, und eine Sammlung von Münzen, Emaille-, Gold- u. a. Arbeiten. Der Palazzo Carignano, 1680 von Guarini erbaut, mit merkwürdiger
Backsteinfaçade und einer neuen, 1871 von Bollati und Ferri hergestellten Façade an der Rückseite,
war 1848-60 Sitz des sardin., 1860-65 des ital. Parlaments und birgt in den ehemaligen Parlamentsräumen
ein naturhistor. Museum (Zoologie und vergleichende Anatomie, Paläontologie, Geologie und Mineralogie). Der Palast der Akademie
der Wissenschaften, 1674 von Guarini als Jesuitenkollegium erbaut, enthält im Erdgeschoß ägypt. und röm.-griech.
Skulpturen, im ersten Stock kleinere Altertümer und im zweiten Stock die Gemäldesammlung mit Bildern von
Gaudenzio Ferrari, Sodoma, Caravaggio, Paolo Veronese, Rembrandt, Holbein d. J., van Dyck, Memling, Velazquez u. a.; der Palazzo
delle Torri, ein röm. Stadtthor, ist umgebaut und zur Zeichenschule eingerichtet; der Palazzo
di Città, Sitz der städtischen Behörden, ist 1659 erbaut.
Das Arsenal nimmt ein ganzes Straßenviertel ein und enthält das Artilleriemuseum, eine Sammlung von Geschützen vom 14. Jahrh.
bis auf die Gegenwart; die Universität, nach Plänen des Genuesen Ricca erbaut, mit schönem Spätrenaissancehof und einem
Museum röm. Altertümer, namentlich Inschriften; die Akademie der schönen Künste, 1652 gegründet, mit einer
Gemäldesammlung, und das städtische Museum mit Skulpturen, Terrakotten, Holzschnitzereien des 16. Jahrh., Gemälden und Altertümern.
Der Neuzeit gehört an die sog. Mole Antonelliana, 1863 von Antonelli als Synagoge begonnen, 1878-89 auf Kosten der Stadt umgebaut
und zu einem dem Andenken Victor Emanuels II. gewidmeten Nationalmuseum bestimmt; das turmartige Gebäude (40
m im Quadrat) hat eine Kuppel und ist 164 m hoch.
Behörden. Turin ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, eines Appellhofs, Kassationshofs, einer Eisenbahn-Betriebsdirektion
und eines Eisenbahn-Bezirksaufsichtsamtes sowie des Generalkommandos des 1. Armeekorps, der Kommandos der Infanteriebrigaden
«Pinerolo» und «Puglie»
und der 1. Kavalleriebrigade.
Unterrichtswesen. Die Universität, 1412 gestiftet und 1632, nachdem sie in Verfall geraten war, von Victor
Amadeus neu eingerichtet, hat eine jurist., mediz.-chirurg., philos. und mathem.-naturwissenschaftliche
Fakultät, eine pharmaceutische Schule, ein Collegio Carlo Alberto und ein Istituto Dionisio und zählt (1895/96) 2418 eingeschriebene
Hörer. Die königl. Akademie der Wissenschaften (s. Akademien IV) hat eine physik.-mathem. und eine moralwissenschaftlich-histor.-philol.
Klasse. Mit der königl. Ingenieurschule (380 Hörer) ist das königl.
Industriemuseum vereinigt. Die Nationalbibliothek, zugleich Universitätsbibliothek, enthält 212 933 Druckbände, 4138 Manuskripte
und 10 321 Kupfer, die städtische Bibliothek (1714) 74
684 Druckbände und 22 133 kleinere Schriften. Das Staatsarchiv ist 1871 aus
dem Archivio di Corte des Hauses Savoyen und dem Archivio Camerale gebildet und durch die Akten der Centralverwaltungskörper
des Königreichs Sardinien vervollständigt. Ferner hat Turin eine Militärakademie, eine Schule für Artillerie und Genie und
eine Kriegsschule, eine Tierarzneischule, eine Gewerbeschule, eine Akademie der schönen Künste, eine Musterturnschule, ein
erzbischöfl. Seminar, vier öffentliche Gymnasien und drei Lyceen, ein technisches Institut, mehrere
Handelsschulen, eine Ackerbauschule, eine philharmonische Akademie, eine Musikschule u. s. w.
Unter den zahlreichen Theatern sind hervorzuheben: das Teatro Regio (königl. Theater), vom Grafen Alfieri in edelm Stile erbaut,
mit sechs Logenreihen übereinander, für Oper und Ballett während des Winters bestimmt, eins der schönsten Theater Italiens;
das große und elegante Teatro Carignano für Schauspiele, auch geeignet für Opern;
das neue Teatro Vittorio
Emanuele, ohne Logen in Form eines Amphitheaters, auch als Hippodrom benutzt, das größte der Stadt;
das Teatro Scribe, das
Teatro Alfieri, die Arena, das Teatro Gerbino für Lustspiele, und das Teatro Rossini, meistens für eine piemont.
Truppe reserviert.
Unter den Wohlthätigkeitsanstalten sind hervorzuheben das große städtische Ospedale di San Giovanni Battista e della Città
di Torino, das großartige neue Ospedale Mauriziano Umberto I. und das Ospedale di San Luigi; ferner das große königl. Hospital
di Carità (für 2500 Kranke); das Armenasyl, die Piccola Casa della Divina Provvidenza, das Kinderhospital,
das Ospedale Maria Vittoria und das Blindeninstitut.
Das große Centralgefängnis, nach pennsylv. System eingerichtet, liegt außerhalb der Stadt, doch innerhalb ihres Weichbildes.
Sehr zur Verschönerung der Stadt tragen auch die Getreidehalle und die vielen mit Marmor belegten und mit fließendem Wasser
reichlich versehenen Markthallen bei.
Die Industrie ist bedeutend; es bestehen zu Turin Fabriken für Seidenstoffe, für Bijouteriewaren,
Möbel, Pianofortes, Schokolade, Bier, Liqueure, Handschuhe, Lederarbeiten, Stearinkerzen, Papier, Seife, Zucker, Tabak, künstlichen
Marmor, Maschinen und Wagen. Turin hat einen bedeutenden Durchfuhrhandel. Hauptgegenstände des Exports sind piemont.
Seide und Wein. Unter den Geld- und Kreditinstituten sind hervorzuheben: eine Filiale der Banca d'Italia,
eine Filiale der Neapolitanischen Bank, eine Skontobank, der Credito Mobiliaro Italiano, die Banca di Torino, Banca Subalpina,
der Credito Torinese und eine Kleinhandelsbank (Banca del piccolo commercio).
Verkehrswesen. Turin liegt an den Linien Modane-Turin-Alessandria-Genua, Mailand-Turin (150 km), Turin-Pinerolo-Torre Pellice
(55 km), Turin-Settimo-Volpiano-Castellamonte, Turin-Trofarello-Chieri, Turin-Bra-Ceva-Savona, Turin-Carmagnola- Savigliano-Mondovi, Turin-Ciriè-Lanzo
(32 km) und Turin-Rivoli (12 km) des Mittelmeernetzes, hat Dampfstraßenbahnen nach Volpiano, Settimo, Chivasso und Brusasco,
Moncalieri und Poirino, Carmagnola, Saluzzo, Cuneo und Dronero, Vinovo, Cumiana und Giaveno, Pianezza, Druent, Venaria und
Lingotto; ferner zahlreiche elektrische und Pferdebahnlinien innerhalb der Stadt und eine Drahtseilbahn auf die Superga.
Umgebung. Der 1839 eröffnete Friedhof ist einer der schönsten Italiens. Die Klosterkirche La Superga, auf einem Berge im
Nordwesten von Turin, ein Kuppelbau mit Säulenvorhalle, ist die Begräbnisstätte der savoyischen Herrscher; sie
ist von Victor Amadeus II. für die Befreiung der Stadt 1706 gelobt, 1718-31 nach Juvaras Plan erbaut und 1749 geweiht.
Zu dieser Kirche führt seit 1884 eine Drahtseilbahn vom Dorfe Sassi, nach Sassi Dampfstraßenbahn. Das ehemalige königl.
Lustschloß Il Valentino, im franz. Stil des 17. Jahrh. erbaut, ist jetzt Sitz der höhern Ingenieurschule; das jenseit des
Po auf einem Hügel, auf welchen eine Drahtseilbahn führt, liegende Kapuziner-, später Camaldulenserkloster
(aufgehoben) hat Aussicht auf die Stadt und die Alpenkette, besonders von der vom ital. Alpenverein errichteten Warte aus;
das schöne Lustschloß Stupinigi, 10 km im Südwesten von Turin, unter Karl Emanuel III. nach Juvaras Plänen erbaut, und das
Jagdschloß La Mandria mit herrlichem Park. Weiter entfernt sind Rivoli (s. d.) und Moncalieri
(s. d.).
Geschichte. Turin war der Hauptort der gallischen Taurini, wurde 218 von Hannibal erobert und erhielt unter Augustus eine röm.
Kolonie und den Namen Augusta Taurinorum. Unter den Langobarden war es Sitz von Herzögen. Karl d. Gr. erhob es zur Residenz des
Herzogs von Susa, dessen Linie bis 1032 regierte, worauf das Haus Savoyen eintrat. Die Franzosen eroberten
Turin 1506 und behielten es bis 1562, wo Herzog Philibert von Savoyen die Stadt zurückerhielt und sie zur Residenz machte. Um
die sehr französisch gesinnten Einwohner im Zaume zu halten, baute er 1567 die Citadelle. 1640 nahmen die Franzosen unter
Harcourt die Stadt nach 17tägiger Belagerung ein. Am wurde daselbst der Separatfriede zwischen
Savoyen und Frankreich geschlossen. Im Spanischen Erbfolgekrieg von den Franzosen belagert, ward Turin durch den großen Sieg der
Kaiserlichen unter Prinz Eugen und der Preußen unter Leopold von Dessau befreit.
Bonaparte schloß hier Waffenstillstand mit dein Turiner Hof; 1798 wurde es wieder von den Franzosen
eingenommen, aber (die Citadelle erst 20. Juni) von den Österreichern und Russen unter Suworow wieder befreit. Nach
der Schlacht bei Marengo 1800 kam es aufs neue in die Gewalt der Franzosen und wurde Hauptort des Po-Departements,
bis es, unterdessen seiner Festungswerke bis auf die Citadelle beraubt, 1814 wieder an Sardinien zurückfiel. Nach der Errichtung
des Königreichs Italien wurde Turin dessen Haupt- und Residenzstadt und blieb es, bis auf Grund der Septemberkonvention (s. d.) der
Sitz der Regierung nach Florenz verlegt wurde. 1898 soll eine allgemeine ital. Nationalausstellung stattfinden.
Vgl. Cibrario, Storia di Torino (ebd. 1846, für das Mittelalter);
Carlo Promis, L'antica Torino (ebd. 1871);
Torino e dintorni
(ebd. 1874);
Borbonese, Torino illustrata e descritta (ebd. 1884);
P. Boselli, La Duchessa di Borgogna e la battaglia di Torino
(ebd. 1892);
Isaia, Führer durch Turin (deutsch, edd. 1895).
Guida Bianchi und Guida Marzorati erscheinen zu Anfang jeden Jahres.