Turenne
(spr. türenn), Henri de Latour d'Auvergne, Vicomte de, Marschall von Frankreich, geb. zu Sedan, [* 2] zweiter Sohn des Herzogs Heinrich von Bouillon und der Prinzessin Elisabeth von Nassau-Oranien, wurde, nachdem er 1623 seinen Vater verloren, von seinem Oheim, dem ¶
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Prinzen Moritz von Oranien, in Holland erzogen, trat 1625 in holländische Kriegsdienste und lernte unter Prinz Friedrich Heinrich
die Kriegskunst. 1630 trat Turenne
als Oberst in die französische Armee, machte unter Laforce einen Feldzug nach Lothringen und 1634 als
Maréchal de Camp unter Lavalette einen Zug
an den Rhein mit, wo er Mainz
[* 4] entsetzte. Zum Generalleutnant ernannt,
stieß er 1638 mit einem Hilfskorps zum Herzog Bernhard von Weimar,
[* 5] diente 1639-43 in Piemont unter dem Grafen d'Harcourt, dann
unter Prinz Thomas von Savoyen, siegte namentlich 1640 bei Casale und Turin,
[* 6] eroberte Montecalvo und Ivrea und säuberte Piemont
vom Feind.
Zum Marschall ernannt und mit dem Oberbefehl über die französischen Truppen in Deutschland
[* 7] betraut, reorganisierte
er rasch die Truppen im Elsaß, überschritt im Mai 1644 den Rhein, entsetzte mit dem Herzog von Enghien (Condé) Freiburg
[* 8] i. Br., das
General Mercy belagerte, und befreite das ganze Rheingebiet von den Kaiserlichen. 1645 wagte er einen Einfall
in Württemberg,
[* 9] wurde aber von Mercy 5. Mai bei Mergentheim
[* 10] geschlagen und zum Rückzug hinter den Rhein genötigt. Hier vereinigte
er sich wieder mit dem Herzog, und beide erfochten 3. Aug. bei Nördlingen
[* 11] einen Sieg, worauf Turenne
18. Nov. noch Trier
[* 12] eroberte. Durch
seine Leidenschaft für die Herzogin von Longueville bestimmt, mit an die Spitze der Fronde zu treten, vereinigte
er nach der Verhaftung der Prinzen die Truppen der Fronde mit den spanischen und fiel von Belgien
[* 13] aus in Frankreich
ein. Er eroberte Le
[* 14] Catelet, La Capelle und Rethel, ward aber vom Marschall Duplessis bei Chamblanc
geschlagen und söhnte sich 1651 mit der Königin Anna aus, worauf er seinen ehemaligen Waffengefährten, den großen Condé, 1652 bis
an die Grenze von Flandern zurückdrängte.
In den folgenden Feldzügen eroberte Turenne
eine Stadt nach der andern und bis zum Pyrenäischen Frieden (1659) auch fast ganz Flandern.
Zum Generalmarschall ernannt, erhielt er im Devolutionskrieg 1667 unter des Königs Oberbefehl das Kommando über die Armee,
welche in die spanischen Niederlande
[* 15] einrückte. Auf Ludwigs XIV. Wunsch trat er 1668 zum Katholizismus über. In dem Kriege gegen
Holland 1672 befehligte er die Armee am Niederrhein gegen die Kaiserlichen und Brandenburger, zwang den Großen
Kurfürsten zum Frieden von Vossem, ward aber dann von Montecuccoli zurückgedrängt. 1674 überschritt er bei Philippsburg
den Rhein, schlug 16. Juni den Herzog von Lothringen bei Sinzheim und eroberte die ganze Pfalz, die er auf das entsetzlichste verwüstete.
Er besiegte darauf Bournonville bei Enzheim (4. Okt.), räumte im Oktober das Elsaß, trieb aber Anfang 1675 die
Verbündeten wieder aus diesem Land, ging über den Rhein und traf im Juli bei Sasbach auf die Kaiserlichen unter Montecuccoli.
Ehe es aber zur Schlacht kam, wurde Turenne
beim Rekognoszieren des Terrains von einer Kanonenkugel
getötet. Sein Leichnam ward auf Ludwigs Befehl in der königlichen Gruft zu St.-Denis beigesetzt, bei der Zerstörung der Gräber
in der Revolution gerettet und auf Napoleons I. Befehl im Dom der Invaliden, Vaubans Grabmal gegenüber, bestattet. Bei Sasbach
ward Turenne
durch den Kardinal Rohan 1781 ein Denkstein errichtet, den 1829 die französische Regierung durch
einen Granitobelisken ersetzen ließ. In Sedan wurde ihm eine Statue errichtet. Turenne
war ein methodisch gebildeter und vorsichtiger
Feldherr, ein ausgezeichneter Taktiker, daneben überaus sorgsam
in der Verpflegung und Verwendung der Truppen. Er hat noch
mehr Unglücksfälle verhütet oder wieder gutgemacht, als Schlachten
[* 16] gewonnen. Eine gewinnende Liebenswürdigkeit
und Bescheidenheit zeichneten ihn aus. Turenne
hat selbst Memoiren hinterlassen, die von 1643 bis 1658 reichen und unter dem Titel:
»Collection des mémoires du maréchal de Turenne«
(Par.
1782, 2 Bde.) veröffentlicht wurden. Eine Ergänzung dazu sind
die »Mémoires« von Deschamps (Par. 1687, neue Aufl. 1756). Seine Briefe gaben Grimoard (1782, 2 Bde.)
und Barthélemy (Par. 1874) heraus. Das Leben Turennes
beschrieben unter andern Ramsay (Par. 1733, 4 Bde.), Raguenet
(1738, neue Ausg. 1877), Duruy (5. Aufl. 1889) und Hozier (Lond. 1885).
Vgl. außerdem Neuber, Turenne
als Kriegstheoretiker und
Feldherr (Wien
[* 17] 1869);
Roy, Turenne
, sa vie et les institutions militaires de son temps (Par.
1884);
Choppin, La campagne de Turenne
en Alsace (das. 1875);