(Glatsché Dellas) (Kt. Graubünden,
Bez. Vorderrhein).
2650-2430 m. 1 km langer und 1,3-1,7 km breiter Gletscher am N.-Hang des schiefrigen
Grenzberges La Bianca (2894 m) zwischen Bünden und Tessin
und im Hintergrund des Val Cristallina, eines Seitenthales der Landschaft
Medels, das sich nach oben in die Arme des Val Casaccia und Val d'Ufiern verzweigt. An der W.-Seite liegen
das oben rauhe, trümmerbedeckte Val Casaccia und der an der O.-Flanke des mächtigen Scopi hängende Casacciagletscher.
Zur
Rechten führt der Passo Cristallina (2904 m) über die Wasserscheide zwischen Rhein und Tessin
nach Campo hinüber.
Die gestufte Alpengegend
unter dem N.-Ende des Tuorsgletschers (der auch Glatsché della Bianca genannt wird) heisst Las Tuors.
Zwei Alphütten. Der Gletscher ist im grössern Teil von geringer Böschung, zeigt aber vielfach starke Zerklüftung des Eises.
Der Gletscherboden besteht aus Cristallinagneis.
(Val) (Kt. Graubünden,
Bez. Albula).
2400-1330 m. Zweitgrösstes rechtsseitiges Nebenthal des Albulathales, in das es
bei Bergün ausmündet. Begrenzt wird es auf der rechten Seite von der langen, genau in SW.-Richtung streichenden Ducankette,
im O. von der
mehr
mächtigen Zentralmasse des Piz Kesch und ihren Ausläufern. Der Fuss der als scharfe Mauer aufsteigenden Ducankette ist von
ausgedehnten, steil geböschten Schutthalden eingenommen. Den obern Thalabschluss bilden der vom Plattenhorn nach SO. reichende
Grat und die nur wenig erhöhte Schwelle 2586 m zwischen den ansehnlichen Alpenseen von Raveis-ch, von denen
der westl. und grössere (über 500 m lang) das Quellbecken des Tuorsbaches ist, während der kleinere östl. zum Val Sertig
abfliesst.
Diese Seen sind nur auf kurze Zeit gänzlich eis- und schneefrei. Ihre Umgebung wird viel aufgesucht, da diese fast flache
Wasserscheide zwischen Albula-Rhein und Inn von hoher landschaftlicher Schönheit und dazu ein Ausgangsgebiet
für herrliche Pass-, Thal- und Bergtouren ist. Aus dem Hintergrund des Val Tuors führen die Bergüner Furka (2812 m) auf der
westl. Seite und der Sertigpass (2762 m) über der Seenschwelle im O. ins Kühalpthal nach Sertig und Davos hinab, wogegen man
auf dem flachen Passübergang der Raveischseen selbst südöstl. durch das kurze Val Sertig in die Alp
Fontauna (2198 m) und von da entweder zum Scalettapass hinauf oder ins Sulsannathal hinunter nach Scanfs und Cinuskel gelangt.
Bei nebligem Wetter aber ist diese Gegend mit ihren 3 Passpfaden in hohem Grad trügerisch.
Val Tuors öffnet sich kurz oberhalb Bergün mit einer malerischen, auf der S.-Seite bewaldeten Schieferschlucht.
Von hier aus hat der klare, starke Bach sich in den prächtigen Terrassen des Wiesen- und Stufenlandes von Bergün ziemlich
tief eingeschnitten. Die Albulabahn setzt mittels eines Viaduktes von 42 m Länge und 3 Oeffnungen über den Tuorsbach. Darauf
folgen für die Bahn zwei grosse, durch Tunnels und Viadukte verbundene Schleifen (God-Kehrtunnel und Tunnel von Plaz), von denen
die obere uns wieder in die nächste Nähe des Val Tuors hinführt.
Das Thal ist beiderseits, besonders an den südl. Hängen im untern oder Hauptteil bewaldet und enthält reiche Wiesen, Matten,
Berg- und Alpweiden, sowie eine grosse Zahl von Sommerwohnungen. Höher oben liegen die Hütten mehrerer Alpen. Wir erwähnen
die Hütten- und Häusergruppen von Tuors Davant (1698 m), Las Islas, Saneva, Punts d'Alp, Chants und Naz, die Bergüner Alpen
Chaclavuot (1861 m). Alp dil Chant (1992 m), Darlux (2170 m) und Fregslas (2114 m). Die Alpen Fregslas und
Chant liegen hinter Punts d'Alp überm Eingang ins Val Plazbi, das südliche und grösste Seitenthal von Val Tuors. Die Thalrichtung
ist von der Mündung bei Bergün bis Chants-Naz WSW.; dann spaltet sich Val Tuors in seine obere, NO. verlaufende und bei den
Lais da Raveisch endende Fortsetzung, sowie in das von SSO. kommende Val Plazbi und Salegl im O. Die obere
Thalstufe von Tuors enthält nur noch Alpweiden und Schuttstriche.
Die Gesamtlänge beträgt 12 km, das Gesamtgefälle 1200 m oder 10%. Die bis Chants-Naz (etwa 1800 m) reichende untere Thalstufe
hat eine Länge von 7 km und ein Gefälle von 6,7%, der obere, in Richtung und Charakter ganz veränderte
Thalteil eine Länge von 5 km und ein Gefälle von fast 15%. Ein prächtiges, breites Fahrsträsschen führt durch das bei
den Bergüner Kurgästen beliebte Thal bis zur Alp Chaclavuot hinein, und für die Sommerfrischler sind
Ruhebänke und Erholungsplätze eingerichtet.
Man geht von Bergün bis Chaclavuot in 2, von hier bis zu den Raveischseen auf einem guten Saumweg in etwas weniger als 2 Stunden,
von Chaclavuot bis zur Keschhütte des S. A. C. (2631 m) in 2½ und von da über den Porchabellagletscher auf den
Piz Kesch in 3 Stunden. Val Tuors eröffnet nicht nur beliebte Zugänge in das Hochgebirge, sondern bietet selber einen
prächtigen Blick, namentlich auf den Stock des Piz d'Aela. Der obere Teil, als Thal von monotonem Charakter, zeigt grossartige
Gebirgsansichten, und der seengeschmückte Thalhintergrund ist von weihevoller, ernster Schönheit.
Im Val Tuors ist die Kreuzotter (Pelias berus) nicht selten. Auch der botanische und entomologische Reichtum
der Gegend ist schon längst bekannt. Das Wasser einer eisenhaltigen Gipsquelle auf der linken Thalseite wird in Bergün zusammen
mit einer nahe dem Dorf entspringenden Eisenquelle benutzt. Das Thal ist vorn in Bündnerschiefer (die wohl Lias
darstellen), sowie
in Haupt- und Arlbergdolomit der Trias eingeschnitten. Die malerische Schlucht oberhalb Bergün liegt in
stark verbogenen und verkneteten, vielfach griffelförmig brechenden Schichten der Schiefer, die eine Mulde innerhalb der
Triaskalke darzustellen scheinen.
Ueber den letztern folgen in verkehrter Lagerung die mittlern Triasglieder, Buntsandstein und Verrucano, Phyllite und Gneis.
Bei der Säge im Val Tuors tritt in den Rauhwacken des Buntsandsteins ein ziemlich bedeutendes Gipslager auf; weiter hinten,
von Tuors Davant weg, werden namentlich die Verrucano- und Buntsandsteinschichten mächtiger. Von Punts d'Alp und Chaclavuot
an ziehen diese auf der Grundlage von Gneis und Phylliten, in welche Gesteine der ganze obere Thalbach
sich eingeschnitten hat, längs der Ducankette nach NO. und tragen die mächtigen Kalk- und Dolomitmassen des Gebirgszuges,
während die ganze östl. Thal- und Gehängeseite bis zu den Raveischseen von Gneis eingenommen wird. Die Raveischseen liegen
ganz in kristallinen Schichten, und es ist an ihrer W.-Seite der Gesteinswechsel zwischen dem Gneis und
den Sedimenten der Ducankette besonders deutlich aufgeschlossen. Die Gneisufer der Seen zeigen imposante Rundhöcker glazialen
Ursprungs.