Tugendbund
,
der »sittlich-wissenschaftliche Verein«, welcher sich im Frühjahr 1808 zu Königsberg [* 2] durch den Zusammentritt einiger Männer (Mosqua, Lehmann, Velhagen, Both, Bardeleben, Baczko und Krug) bildete, 30. Juni vom König genehmigt wurde und sich zum Zweck setzte: die durch das Unglück verzweifelten Gemüter wieder aufzurichten, physisches und moralisches Elend zu lindern, für volkstümliche Jugenderziehung zu sorgen, die Reorganisation des Heers zu betreiben, Patriotismus und Anhänglichkeit an die Dynastie allenthalben zu pflegen etc. Diesen offenen Bestrebungen reihte sich die geheime Tendenz an, die Abschüttelung des französischen Jochs anzubahnen. In Schlesien [* 3] und in Pommern [* 4] fand die Idee Anklang, weniger in der Mark, am wenigsten in Berlin. [* 5]
Übrigens wirkte manches zusammen, was einer größern Ausbreitung des
Vereins hinderlich ward. Viele
ängstliche Vorsteher von
Zivil- und Militärbehörden verboten ihren Untergebenen den
Beitritt.
Andern erschienen die
Statuten
zu weit aussehend und unpraktisch; am meisten schadete dem
Verein aber der Umstand, daß
Preußen
[* 6] sich nicht schon 1809 der
Erhebung
Österreichs anschloß, und daß die Schillsche
Unternehmung, die mit Unrecht dem Tugendbund
aufgebürdet
wurde, mißlang. Die Zahl der Teilnehmer belief sich auf 300-400. Unter ihnen fanden sich
Namen wie
Boyen,
Witzleben,
Grolman,
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v. Thile, v. Ribbentrop, Merkel, Ladenberg, Eichhorn, Manso u. a., wogegen mehrere, welche man als Hauptträger der ganzen Idee
zu betrachten pflegt, wie Stein, Niebuhr, Gneisenau, Scharnhorst, nie zum Verein gehört haben. Am dekretierte der
König auf Drängen Napoleons I. durch eine Kabinettsorder die Auflösung des Vereins. Später wurde der
Tugendbund
von der Reaktionspartei in Preußen wegen Beförderung der Demagogie verdächtigt.
Vgl. Voigt, Geschichte des sogen. Tugendbundes
(Berl. 1850);
Baersch, Beiträge zur Geschichte des Tugendbundes
(Hamb. 1852);
Lehmann, Der Tugendbund
(Berl. 1867).