Tübingen
,
[* 1] Oberamtsstadt im württemb.
Schwarzwaldkreis, am
Neckar,
Knotenpunkt der
Linien
Plochingen-Villingen und
Tübingen-Sigmaringen
der Württembergischen Staatsbahn, in schöner
Lage auf einem Bergrücken zwischen
dem
Neckar und der
Ammer, 340 m ü. M., ist
unregelmäßig gebaut und hat freundliche Vorstädte. Hervorragende Gebäude sind: das 1535 vollendete
Schloß Hohentübingen
mit schönem
Portal, das 1845 vollendete Universitätsgebäude, das
Rathaus mit schöner
Freskomalerei
u. die 1469-1483 erbaute gotische Stiftskirche mit den Grabmälern von zwölf meist württembergischen
Fürsten, welche hier residierten. Die
Bevölkerung
[* 2] zählte 1885 mit der
Garnison (ein Füsilierbat. Nr. 127) 12,551
Seelen, darunter 1749 Katholiken und 106
Juden. Tübingen
hat Fabrikation von chemischen
Artikeln,
Handschuhen,
Essig, physikalischen und chirurgischen
Instrumenten etc., eine bedeutende Dampfziegelei, Kunstmühlen,
Färberei, Buchdruckerei,
Buchhandel,
Obst-,
Hopfen- und Weinbau, besuchte Fruchtmärkte etc. Außer den Verwaltungsbehörden befindet
sich dort ein
Landgericht.
Unter den
Schulen steht die
Universität
(Eberhard
Karls-Universität) obenan. Sie wurde 1477 gestiftet und
mit derselben 1817 die katholisch-theologische
Studienanstalt zu
Ellwangen als katholisch-theologische
Fakultät vereinigt;
außer dieser kamen zu den vier alten
Fakultäten 1818 noch eine staatswirtschaftliche und naturwissenschaftliche. Die Gesamtzahl
der
Dozenten betrug 1888/89: 95, die der Studierenden 1228. Mit der
Universität in
Verbindung stehen: die Universitätsbibliothek
von 300,000
Bänden, ein physiologisches und ein anatomisches
Institut, ein botanischer
Garten,
[* 3] 2 chemische
Laboratorien, verschiedene
Kliniken und wissenschaftliche Sammlungen, ein bedeutendes
Münz- und Medaillenkabinett, eine große
geognostische Sammlung, eine
Sternwarte
[* 4] (im
Schloß) etc. Außerdem besitzt Tübingen
ein höheres evangelisch-theologisches
Seminar (das sogen.
Stift, 1537 gegründet, im ehemaligen Augustinerkloster) und ein katholisches
Konvikt (Wilhelmsstift, in der
ehemaligen
Ritterakademie), ein
Gymnasium und eine
Oberrealschule. Zum Landgerichtsbezirk Tübingen
gehören die 9
Amtsgerichte zu
Herrenberg,
Kalw,
Nagold,
Neuenbürg,
Nürtingen,
Reutlingen,
[* 5]
Rottenburg, Tübingen
und
Urach. Am
Fuß des Österbergs die schöne Besitzung des Dichters
Uhland, der hier seinen
Wohnsitz hatte, und dem 1873 in Tübingen
ein von
Kietz modelliertes Denkmal gesetzt wurde.
- Tübingen
wird zuerst 1078 erwähnt und war frühzeitig der Sitz von
Grafen, die 1148 die Pfalzgrafschaft in
Schwaben erwarben,
doch erscheint es erst 1231 als Stadt.
Die
Pfalzgrafen von Tübingen
teilten sich im 13. Jahrh. in die
Linien:
Horb,
Herrenberg,
Asperg und
Böblingen.
Pfalzgraf
Gottfried von
Böblingen, dessen
Hause
Burg und Stadt Tübingen
1294 zugefallen waren, verkaufte sie 1342 an
Württemberg.
[* 6]
Sein
Zweig erlosch als der letzte des pfalzgräflichen
Geschlechts 1631.
Eberhard im
Bart,
Graf von
Württemberg, stiftete 1477 die
Universität Tübingen
, welche zu Ende des 15. Jahrh. schon 230 Studierende zählte,
und verlieh der Stadt 1493 ein neues
Stadtrecht. Am wurde in Tübingen
der berühmte
Tübinger
Vertrag
zwischen dem
Herzog
Ulrich von
Württemberg und den
Landständen abgeschlossen, die durch Übernahme der
Schulden des
Herzogs ihn
auf dem
Thron
[* 7] erhielten und zugleich das Land vor weiterm
Druck bewahrten. 1519 ward die Stadt von dem
Schwäbischen
Bund unter
Herzog
Wilhelm von
Bayern
[* 8] belagert und 25. April erobert. 1647 wurde sie von den
Franzosen besetzt, ebenso
1688, bei welcher Gelegenheit auch die
Mauern
[* 1]
^[Abb.:
Wappen
[* 9] von Tübingen.]
¶
mehr
geschleift wurden.
Vgl. Eifert, Geschichte der Stadt Tübingen
(Tübing. 1849);
Klüpfel, Die Universität Tübingen
in ihrer Vergangenheit
und Gegenwart (das. 1877);
»Tübingen
und seine Umgebung« (2. Aufl.,
das. 1887, 2 Hefte).