eine seit dem 13. Jahrh. über die dem
Stifte Säckingen zustehenden Gotteshausleute in
Glarus
emporstrebende Familie, über deren
Adel und
Stellung durch
ÄgidiusTschudi viel erzählt wurde, was sich als Fälschung erwies.
Jost Tschudi, geb. 1380, war 1419-54 fast ununterbrochen
Landammann der
Glarner, besiegte 1443 mit dem Schwyzer
Landammann Ital Reding
die
Züricher in der
Schlacht bei St.
Jakob an der Sihl und 1446 die
Österreicher in der
Schlacht bei Ragaz.
Auch sein Sohn
JohannTschudi war von 1483 bis 1494 mehrmals
Landammann und zeichnete sich als Feldhauptmann der
Glarner in der
Schlacht
bei
Murten aus, und dessen Sohn
Ludwig (gest. um 1534), der ein eifriger Gegner der
Reformation war, im
Schwabenkrieg und durch seinen kühnen Zweikampf
vor derSchlacht bei Schwaderloo sowie bei Marignano sich auszeichnete
(1515).
LudwigsSöhne waren
Ägidius oder
GilgTschudi (s. d.) und
Ludwig d. J., gest. 1530. Letzterer machte 1519 eine
Reise
ins Gelobte Land (deren
Beschreibung 1606 zu Rorschach gedruckt wurde), wurde Gardehauptmann König
Franz' I.
und mit diesem bei Pavia gefangen. -
Material an. Er war einer der hervorragendsten und gelehrtesten kath. Theologen seiner Zeit
und schlichtete 1554 den Streit über die
Reformierten von Locarno, 1559 den des
Abts von St.
Gallen mit seinen
Unterthanen,
ging 1559 als Gesandter der Eidgenossenschaft zu
Kaiser Ferdinand I. nach
Augsburg
[* 7] und bewog 1562 die kath.
Stände zur Beschickung des
Konzils von
Trient.
[* 8] Wegen seiner Unterstützung kath. Interessen mußte er 1562 aus dem
Lande weichen
und benutzte diese Muße zum
Studium der
Bibliothek und der
Archive von Einsiedeln. 1564 auf Bitten seiner Landsleute zurückgekehrt,
wurde er abermals Schiedsrichter zwischen
Stift und Stadt St.
Gallen und widmete sich dann bis zu seinem
Tode der Ausarbeitung seiner Werke.
Bei seinen Lebzeiten erschien nur «Die uralt wahrhaftig alpisch Rhetia»
(Bas. 1538). Nach seinem
Tode gab J. R. Iselin seine berühmte
«HelvetischeChronik» (von dem J. 1000 bis
1470) in 2
Bänden
(Bas. 1734-36) heraus. Ferner erschien «Hauptschlüssel zu verschiedenen Altertümern»,
bekannter unter dem
Namen«Gallia comata» (hg. von
Gallati, Konstanz
[* 9] 1758),
und vieles andere. Unter seinen nicht gedruckten
Schriften, die sich auf über 100 belaufen, sind seine
«Beschreibung des Kappelerkrieges», seine «Helvetiorum prisca libertas»,
die
«Historia Allemannorum», die
«Chronik von Einsiedeln» und das «Illuminierte Wappenbuch»
von ungefähr 4000 Wappen
[* 10] die wertvollsten. Daneben verfaßte er eine große Zahl von theol., histor., geogr.,
archäol., numismat. und heraldischen, zum
Teil sehr umfangreichen
Schriften. Viele sind in: Staatsarchiv des Kantons St.
Gallen
aufbewahrt. -
Friedrich von, Gelehrter, Schriftsteller und Staatsmann, geb. in Glarus,
bezog die
UniversitätenBasel,
Bonn
[* 12] und
Berlin
[* 13] und wurde 1843 Stadtpfarrer in Lichtensteig
(Toggenburg).
Eines Brustleidens wegen trat er 1847 von seiner
Stelle zurück,
siedelte nach St.
Gallen über und lag hier eifrig seinen Privatstudien ob. Im folgenden Jahre erschien
«Der
Sonderbund und seine
Auflösung» (St.
Gallen) unter dem
PseudonymC.Weber. Sein Werk: «Das Tierleben der Alpenwelt» (Lpz.
1853; 11. Aufl. 1890),
in alle wichtigern
Sprachen Europas übersetzt, ist die
Frucht feinster
Beobachtung und ein sprachliches
Meisterstück. Verdienstvoll waren auch seine landwirtschaftlichen Werke, wie «Landwirtschaftliches Lesebuch»
(8. Aufl., Frauenf. 1888) und «Der
^[Artikel, die man unter
Tsch vermißt, sind unter Cz aufzusuchen.]
¶
mehr
Obstbaum und seine Pflege" (mit Schultheß; 7. Aufl. 1896). Von 1856 an diente Tschudi im
Kanton
[* 15] St. Gallen in verschiedenen amtlichen Stellungen, von 1864 an saß er im GroßenRat, von 1874 im Regierungsrat, von 1877 an
war er Mitglied des SchweizerischenStänderats. Er hat sich besonders um das Erziehungswesen große Verdienste
erworben, und namentlich den Kampf mit dem Klerus ebenso taktvoll als entschieden geführt. Tschudi starb
Iwan von, Bruder des vorigen, Reiseschriftsteller, geb. 1816 zu Glarus,
lebte 13 Jahre vorzugsweise in Paris und in
Petersburg
[* 16] und übernahm 1846 die Verlagsbuchhandlung Scheitlin & Zollikofer und das Platzgeschäft
Scheitlins Buch- und Kunsthandlung in St. Gallen. Ausdauernde topogr. Studien und unermüdliche Wanderungen, namentlich in der
Hochgebirgswelt, veranlaßten ihn zur Herausgabe mehrerer die Schweiz
[* 17] und Savoyen betreffenden Reiseschriften und Karten,
wie der «Tourist in der Schweiz und dem angrenzenden Süddeutschland, Oberitalien
[* 18] und Savoyen» (33. Aufl.,
Zür. 1895). Auch um die Hebung des Fremdenverkehrs in der Schweiz hat sich Tschudi verdient gemacht; er starb in St.
Gallen.
Joh. Jak. von, Naturforscher und Reisender, Bruder des vorigen, geb. zu Glarus,
studierte in Zürich,
[* 19] Neuchâtel,
Leiden,
[* 20] Paris, später auch zu Berlin und Würzburg
[* 21] Naturwissenschaften. Er bereiste 1838-42 Peru,
[* 22] 1857-59
Brasilien,
[* 23] die La Plata-Staaten, Chile,
[* 24] Bolivia und Peru, war 1860-62 außerordentlicher Gesandter der Schweiz in Brasilien und
bereiste in dieser Zeit die mittlern und südl. Provinzen des Staates, besonders um die Einwanderungsverhältnisse zu studieren. 1866 zum
schweiz. Geschäftsträger und 1868 zum außerordentlichen Gesandten
und bevollmächtigten Minister in Wien ernannt, blieb er bis 1883 auf diesem Posten und nahm dann seinen Wohnsitz auf seinem
Gute Jakobshof in Niederösterreich, wo er starb. Tschudi veröffentlichte: «Klassifikation der Batrachier» (Neuchâtel
1838),
«Untersuchungen über die Fauna Peruana» (St. Gallen 1844-46, mit 72 Tafeln),
«Ollanta», ein altperuan. Drama aus der Kechuasprache übersetzt und kommentiert (Bd. 24 der
«Denkschriften der philos.-histor. Klasse der kaiserl. Akademie der Wissenschaften», Wien 1875),
«Organismus der Khetsuasprache»
(Lpz. 1884),
«Peru. Reiseskizzen aus den J. 1838-42» (2 Bde.,
St. Gallen 1846),
«Reisen durch Südamerika»
[* 26] (5 Bde., Lpz. 1866 -
69). Tschudi hat auch die Umarbeitung von Winckells «Handbuch für Jäger» (5. Aufl., 2 Bde.,
Lpz. 1878) von der dritten Auflage an ausgeführt.