Tschetschénzen
,
die russ. Bezeichnung für die zum kaukasischen Stamm gehörigen, von den Georgiern Khisten (Kisten), von den Lesghiern Mizdscheghen genannten Völkerschaften, die sich selber Nachtschuoi nennen. Ihr Gebiet wird im W. und NW. von Daghestan, im NO. vom obern Terek, im N. von der Kleinen Kabarda und dem Sundschafluß, im S. vom Kaukasus, im O. vom obern Jakhsai und Enderi begrenzt. Zu ihnen gehören namentlich die Inguschen, Karabulaken, Thusch oder Mosok, Chewsuren, Pshawen und die im engern Sinn zwischen den Karabulaken und dem Aksaifluß. Ihre Zahl beträgt etwa 161,500 Seelen. Die Männer zeichnen sich durch schlanken Wuchs und Körpergewandtheit aus; den Frauen ist natürliche Anmut eigen. Die Wohnorte, Aul genannt, sind befestigte Dörfer. Jedes Dorf ¶
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wählt aus der Mitte seiner Bewohner seine Ältesten. Fürsten gibt es nicht; sie gelten alle als frei und teilen sich in Geschlechter
(Tochum), die sich nach den Auls nennen, aus denen ihre Stammväter zur Zeit der Übersiedelung aus dem Gebirge in die Ebene
ausgegangen sind. Ihre Sprachen sind mit keinem andern Sprachstamm
[* 3] verwandt (s. Kaukasische Sprachen). Als
Mohammedaner enthalten sie sich des Weins, dafür genießen sie desto mehr Branntwein. Hinsichtlich der Gesittung stehen sie
andern Kaukasiern nach; von Gewerbebetrieb und sonstiger friedlicher Beschäftigung ist, von etwas Feldbau und Viehzucht
[* 4] abgesehen,
bei ihnen nicht die Rede. 1818 Rußland unterworfen, erhoben sich die Tschetschénzen
, aufgeregt durch den Muridismus
(s. Muriden), in Masse gegen die Fremdherrschaft, und erst 1859, nachdem sich Schamil (s. d.) den Russen hatte ergeben müssen,
gelangte die russische Herrschaft im östlichen Kaukasus zu fester Begründung (s. Kaukasien, S. 635). Gleichwohl blieben die
Tschetschénzen
stets unruhige und unwillige Unterthanen, die noch während des orientalischen Kriegs 1877 gegen die
Russen aufstanden, bald aber wieder unterworfen wurden.