Tschernigow,
ein Gouvernement Kleinrußlands (s. Karte »Polen etc.«), wird von den Gouvernements Kiew, Poltawa, Kursk, Orel, Mohilew und Minsk begrenzt und umfaßt 52,397 qkm (nach Strelbitsky 52,402 qkm = 951,58 QM.). Die bedeutendsten Flüsse sind: der Dnjepr, der jedoch nur die Westgrenze berührt, die Desna, Sosh und Trubesch. Außerdem gibt es viele kleinere Flüsse und eine Menge ganz unbedeutender Seen. Das Land ist im allgemeinen eben und sehr flach und wird nur durch einige hügelige Flußufer etwas wellig und schluchtenreich. Der nördliche Teil desselben ist waldreich; im Kreis Gluchow wird der berühmte Gluchowsche weiße Thon gewonnen (jährlich 60,000 Pud), aus dem 9/10 aller Porzellanwaren in Rußland bereitet werden. In geologischer Beziehung ist das rechte, hohe Ufer der Desna bemerkenswert, das aus Kreideschichten besteht, in denen Sandadern mit Kiesel und Muschelteilen vorkommen. Das Klima ist gemäßigt und gesund. Die Bevölkerung belief sich 1885 auf 2,075,867 Einw., 40 pro QKilometer, meist Kleinrussen, außerdem Großrussen, Deutsche, Juden, Griechen. Die Zahl der Eheschließungen war 1885: 17,193, der Gebornen 100,917, der Gestorbenen 66,500. Das Areal besteht aus 54 Proz. Acker, 20,2 Proz. Wald, 16,7 Proz. Wiese und Weide, 9,1 Proz. Unland. Tschernigow hat in vielen Kreisen einen zum Ackerbau wenig geeigneten Boden; Getreide wird aus Poltawa und Kursk herbeigeführt. Immerhin bleibt die Landwirtschaft die Hauptbeschäftigung der Bewohner und liefert im N. des Gouvernements als die wichtigsten Produkte Hanf, Hanföl, Runkelrüben u. Flachs (nach Riga), im S. außer Runkelrüben Roggen, Hafer, Buchweizen, Kartoffeln, Gerste, Arbusen, Melonen u. geringe Tabaksorten. Die Ernte betrug 1887: 5,8 Mill. hl Roggen, 2,9 Mill. hl Hafer, 1,2 Mill. hl Buchweizen, 1,5 Mill. hl Kartoffeln. Der
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Viehstand bezifferte sich 1883 auf 515,334 Stück Hornvieh, 572,182 Pferde, 915,719 grobwollige, 32,236 feinwollige Schafe, 420,000 Schweine, 37,000 Ziegen. Der Waldreichtum liefert einen großen Gewinn durch das Bau- und Brennholz, durch Kohlenbrennerei und Teerschwelen. Die Industrie wurde 1884 in 587 Fabriken und gewerblichen Anstalten mit 14,439 Arbeitern betrieben und der Gesamtwert der Produktion auf 21,384,000 Rubel beziffert. Hervorragend sind Rübenzuckerfabrikation und -Raffinerie (6,1 Mill. Rub.), Tuchweberei (2,4 Mill. Rub.) und Branntweinbrennerei (1,1 Mill. Rub.). Ansehnliche Industriezweige sind ferner: Zündholzfabrikation, Ölschlägerei, Ziegelei, Lederfabrikation, Holzsägerei. In 10 Fabriken wurden 1886/87: 72,600 Doppelzentner weißer Sandzucker produziert. Der Handel ist ziemlich lebhaft und führt die genannten Produkte hauptsächlich auf den Eisenbahnen, die sich bei dem Flecken Bachmatsch kreuzen, aus. Lehranstalten gab es 1885: 631 elementare mit 38,706 Schülern, 18 mittlere mit 3731 Schülern, 4 Fachschulen mit 525 Schülern, nämlich 2 Lehrerseminare, ein geistliches Seminar und eine Feldscherschule. Tschernigow zerfällt in 15 Kreise: Borsna, Gluchow, Gorodnja, Konotop, Koselez, Krolewez, Mglin, Njeshin, Nowgorod Sjewersk, Nowosybkow, Oster, Sosniza, Starodub, Surash und Tschernigow. -
Die gleichnamige Hauptstadt, an der Desna, hat eine Kathedrale aus dem 11. Jahrh., 17 andre Kirchen, 4 Klöster, einen erzbischöflichen Palast, ein klassisches Gymnasium, ein Lehrerseminar, ein Mädchengymnasium, eine Gouvernementsbibliothek, etwas Handel und Industrie und (1886) 27,028 Einw. Sie ist Sitz des Erzbischofs von Tschernigow und Njeshin. Tschernigow wird schon zu Olegs Zeit 907 erwähnt, war längere Zeit die Hauptstadt des tschernigowschen Fürstentums, wurde 1239 vom Mongolenchan Batu erobert und verbrannt, gehörte seit dem 14. Jahrh. den Litauern, später den Polen und wurde 1648 für immer mit Rußland vereinigt.