Titel
Troyes
1)
Arrondissement im franz. Depart.
Aube, hat auf 1593,26 qkm (1896) 111 760 E., 9 Kantone und 121 Gemeinden. - 2) Troyes
, lat.
Augustobona, Trecae, Hauptstadt des Depart.
Aube und ehemals der Champagne, an der hier kanalisierten, mehrfach geteilten
Seine, am Nordostfuß des
Waldes von Othe und an den Linien
Paris-Belfort, Châlons-sur-Marne-Sens, Troyes-St.
Dizier 94 km), Troyes-St.
Florentin (56 km) und Troyes
-Is-sur-Tille (138 km) der
Ostbahn, ist Sitz des
Präfekten, eines
Bischofs, Gerichtshofs
erster Instanz,
Handels- und Schiedsgerichts, einer
Handels- und Ackerbaukammer, eines Forstamtes, einer
Sparkasse und Filiale
der
Bank von Frankreich, hat (1896) 50 676, als Gemeinde 52 998 E. (2668 mehr als 1891), in Garnison
Teile des 37. und 156. Infanterieregiments,
des 2., 10., 15. und 17. sowie des 19. Jägerbataillons, ferner
Teile des 12. Dragoner-, des 5. Husaren-
und des 8. und 39. Feldartillerieregiments.
Gebäude und Anlagen. Die meist aus gewundenen Straßen bestehende, noch viele Holzhäuser aus der Renaissancezeit enthaltende Altstadt ist größtenteils von Boulevards umgeben. Am westl. Boulevard Victor Hugo liegt die got. Kirche St. Nicolas (16. Jahrh.), die im Innern über der Vorhalle der Façade eine Kalvarienkapelle mit Fresken von Nic. Cordouanier und Gentil (16. Jahrh.), ferner ein heiliges Grab mit Skulpturen und Glasgemälden enthält. Östlich davon das aus der Renaissancezeit stammende Hôtel de Vauluisant mit schönem Kamin; am Beginn der Hauptverkehrsader, Rue Notre-Dame, die got. Kirche St. Pantaleon (16. und 17. Jahrh.) mit Statuen, einem Kalvarienberg von Gentil, Gemälden, Holzschnitzereien u. a. Weiter nach Osten liegt St. Jean, eine Kirche aus dem 14. und 16. Jahrh. mit Glasmalereien (16. Jahrh.), zwei schönen Gemälden von P. Mignard, einem Altarblatt mit Marmorreliefs (1530) u. s. w. Im großen Saale des Stadthauses befindet sich ein Meisterwerk Girardons, ein Marmormedaillon, Ludwig XIV. darstellend.
Weiter östlich ist die kleine Kirche St. Urbain im Spitzbogenstil des 13. Jahrh. Sie ist von Papst Urban IV. 1263 gegründet, aber unvollendet; die Fenster haben teilweise vorgebaute Säulenarkaden sowie Glasmalerei [* 3] aus dem 13. und 14. Jahrh. Noch weiter die große steinerne Getreidehalle und die Präfektur am Kanal [* 4] der Oberseine, auf dessen Ostseite die von Seinearmen durchstoßene Cité liegt, zuerst das Krankenhaus [* 5] aus dem 18. Jahrh. mit schönem Gitter, weiterhin die Kathedrale St. Pierre, die vom 13. bis 16. Jahrh. errichtet, dann aber bis jetzt ergänzt wurde. Das Innere hat bis zum Transept fünf Schiffe [* 6] sowie prächtige ¶
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Glasgemälde aus dem 13. Jahrh. und in Seitenkapellen farbige Gruppen von St. Ambroise und Simart. Nahebei ist das Gebäude für Bibliothek und Museum, wozu die ehemalige Abtei St. Loup benutzt wurde. Noch weiter nach Osten ist die got. Kirche St. Vizier zu erwähnen. Beim Quai Dampierre ragt die Spitze von St. Remi empor, einer Kirche aus dem 14. bis 16. Jahrh. mit einem Christus aus Bronze [* 8] von Girardon, Holzmalereien (16. Jahrh.) und Glasgemälden; weiter westlich, an der Rue Thiers, La Madeleine, eine im Übergangsstil des 12. Jahrh. erbaute und Anfang des 16. Jahrh. erweiterte Kirche mit prächtigem Sängerchor von Jean Gualdo. Nördlich und parallel der Rue Thiers führt der schöne Boulevard Gambetta vom Cirkus [* 9] am Quai Dampierre nach Westen, vorüber am Lyceum und dem Theater [* 10] nach dem Bahnhof, vor dem sich das Monument des Enfants de l'Aube zur Erinnerung an die Gefallenen von 1870/71 von A. Boucher in Form eines Turms mit Marmorgruppe und Bronzereliefs (von D. Briden) befindet. Auf allen Seiten, ausgenommen Südosten, ist die Stadt von Vorstädten umgeben.
Bildungsanstalten. Troyes
besitzt ein großes Seminar, ein Lyceum, ein Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar und eine Strumpfwirkerschule
sowie in einem Grundstück eine 1651 gegründete, sehr wertvolle Bibliothek mit 110000 Bänden (einschließlich 525 Inkunabeln)
und 2828 Handschriften und ein Museum, in dem interessante Antiquitäten (ein römischer, 1813 in der Champagne aufgefundener
Apollo aus Bronze), Skulpturen (Modelle und Originale von Simart, gest. 1857, 91 Nummern, von Girardon [s. d.] und P. Dubois
[s. d.] u. a.), Gemälde und Naturalien (besonders Vögel
[* 11] und Insekten)
[* 12] enthalten sind. Außerdem giebt
es mehrere gelehrte und gemeinnützige Gesellschaften.
Handel und Gewerbe. Die wichtigsten Gewerbe sind Strumpfwirkerei (Handschuhe, Trikots, auch aus Florettseide) und Wurstwarenfabrikation; ferner giebt es Papiermühlen, Baumwoll- und Wollspinnerei, Brauerei, Lohgerberei, Baumschulen, Spedition, Wassertransport und lebhaften Handel.
Geschichte. Troyes
war im Altertum Hauptstadt der kelt. Trecasses. 1019 kam in den Besitz der Grafen von Champagne,
als deren Hauptstadt es aufblühte, und 1339 an die Krone Frankreichs. In Troyes
wurde 1420 von Karl VI. der Vertrag geschlossen,
wonach Heinrich V. von England als künftiger König von Frankreich anerkannt und der Dauphin (später Karl VII.) von der Thronfolge
ausgeschlossen wurde. Karl V. ließ am zwei Dritteile der Stadt niederbrennen. Durch Aufhebung
des Edikts von Nantes
[* 13] (1685) wurde die Industrie schwer geschädigt. 1814 bildete Troyes
einen Hauptstützpunkt für die Operationen
Schwarzenbergs. -
Vgl. Boutiot, Histoire de la ville de Troyes
(5 Bde.,
Par. 1870-80).