Triqueut
(Val de) (Kt. Wallis, Bez. Conthey). 1950-509 m. Rechtseitiges Nebenthal zur Rhone, das vom Bergstock der Diablerets herabkommt und von der Lizerne durchflossen ist. Das im untersten Abschnitt sehr enge und zwischen dem Monta Cavoere und dem Mont Gond tief durchschluchtete Thälchen breitet sich nach oben in Gestalt eines Kreuzes oder eines Kleeblattes aus. In 1250 m Höhe vereinigen sich die verschiedenen Quellstränge zur Lizerne im eigentlichen Sinn. Die Gegend ist hier wild und öde, indem der Boden ganz mit den Trümmermassen der im Verlauf des 18. Jahrhunderts von den Diablerets herniedergegangenen Felsstürze überführt erscheint. Rechts kommt die Lizerne de Derborence aus dem 6 ha Fläche umfassenden Lac de Derborence (1452 m) herab, der 1749 infolge Aufstauung durch Sturzschuttmassen sich gebildet hat und als Zuflüsse die Derbonère aus dem Hochthälchen von Derbon zwischen den Ketten des Haut de Cry und des Muveran, die Chevillence vom Col de Cheville her und als dritten Wildbach die Printse erhält. Der linksseitige Quellstrang ist die Lizerne de la Mare, die einen Teil der Schmelzwasser des Zanfleurongletschers abführt. Neben diesen beiden hauptsächlichsten Quelladern vereinigen sich in dem Gebiet, wo die Lizerne schäumend über die Felsblöcke des Sturzschuttes ¶
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stürmt, noch mit ihr die Wildbäche Le Pessot und La Printse (nicht mit dem gleichnamigen Zufluss des Lac de Derborence zu verwechseln). Jener bildet sich aus den Schmelzwassern des kleinen Glacier d'Osé, der in einem Kar der grossen Diableretswand zwischen dem Hauptgipfel und der Tour Saint Martin hängt. Dazu kommen endlich noch zahllose Quellen, die zwischen den Felsblöcken entspringen und von allen das Trümmerfeld durchziehenden Wildbächen gespiesen werden.
Das von der eben geschilderten Vereinigungsstelle aller Quellwässer in N.-S.-Richtung sich senkende Thal ist bis zu seiner Ausmündung in die Rhoneebene 7 km lang und im Mittel etwa 3 km breit. Es weist meist verkümmerten und an steilen Gehängen sich mühsam haltenden Wald und hie und da auch ein kühn auf einer Terrasse zwischen zwei seitlichen Wildbach- oder Lawinenrunsen sitzendes Maiensäss auf. Aus einsamen Nebenthälchen kommen u. a. die Wildwasser La Zâ, von Zô en Zon, des Torrent Nair (Renard der Siegfriedkarte), der Torrents Bès (= Zwillinge) und La Tinaz hervor.
Hinter Ardon mündet das Val de Triqueut
mit einer engen und tiefen Felsschlucht aus, durch welche sich in zahlreichen Gallerien
die neue Wasserleitung (Bisse) ihren Weg bahnt, die die rechts über der Lizerne und am Hang von Chamoson gelegenen Weinberge
befruchtet. Das Thal hat, vom Kamm zwischen den beiden kleinen Gletschern von Prapioz und Diableret an
gerechnet, eine Länge von 12 km, vom obern Ende des Vallon de Derbon an aber eine solche von 15 km. Der sehr malerische Saumpfad
des Val de Triqueut
wird schon seit sehr langer Zeit begangen und verbindet die Gegend von Sitten über
den Col de Cheville (2041 m) mit Bex und Umgebung.
Auf der Walliser Seite gabelt sich der Weg 2 km unterhalb des Lac de Derborence. Der am meisten begangene Zweig folgt dem linken Ufer der Lizerne, um über Hänge und durch Felsen sich zur Kapelle Saint Bernard (1076 m) zu ziehen und von da das Gehänge des Rhonethales schief zu schneiden und nach Conthey hinunter zu führen. Der bessere Zweig längs dem rechten Ufer der Lizerne steigt in Zickzackwindungen nach Ardon hinunter. Das Thal hat keine ständig bewohnten Siedelungen, sondern umschliesst einzig Maiensässe und magere Alpweiden.
Die von den Diablerets 1714 und 1749 hernieder gebrochenen Felsstürze überführten die Alpen von Cheville und Leytron mit über 90 m
hohen Schuttmassen und erschlugen Hirten und Herden. Beim Bergsturz von 1714 wurde ein Walliser Senn in merkwürdiger Weise vom
Tod errettet: Ein grosser Felsblock legte sich schützend an seine Hütte, so dass die nachfolgenden Trümmer
sie nicht zu zerdrücken vermochten. Drei Monate lang lebte der Verschüttete in seinem Gefängnis, von den Käsevorräten
zehrend, bis es ihm gelang, sich glücklich wieder aus Tageslicht herauszuarbeiten. Der Name Triqueut
wird von tre = jenseits
und queut = Pass (col) hergeleitet und bedeutet also «überm Pass» (von Cheville).