in der Rechtssprache die Frist, innerhalb deren eine
Witwe nicht wieder heiraten darf. Nach dem Reichsgesetz
vom §. 35, und vom an nach
Bürgerl. Gesetzb. §. 1313 (vgl. Einführungsgesetz
zum
Bürgerl. Gesetzb. Art. 46) dürfen Frauen nicht vor
Ablauf
[* 2] des zehnten
Monats (Wartezeit) seit
Auflösung oder Nichtigkeitserklärung
der frühern
Ehe wieder heiraten, es sei denn, daß sie inzwischen geboren haben; Dispensation ist jedoch zulässig.
Die vorzeitig geschlossene
Ehe ist nicht ungültig, also nur aufschiebendes
Ehehindernis (s. d.). Das Österr.
Bürgerl. Gesetzb. §. 120 beschränkt die Frist auf sechs
Monate für die nichtschwangere
Witwe; die Frist kann durch Dispensation
unter Umständen bis auf drei
Monate verkürzt werden.
Schon das röm.
Recht bestimmte, die
Witwe habe ihren verstorbenen Ehemann 10 (später
12)
Monate zu beweinen. Die Verletzung dieses Trauerjahr zog nach röm.
Recht, außer der vom kanonischen
Recht beseitigten Ehrlosigkeit (Infamie), gewisse Vermögensnachteile nach sich. Sie sind
im Gemeinen
Recht außer
Übung gekommen. Die neuern Gesetzbücher kennen jene vermögensrechtlichen Nachteile nicht. Nur das
Österr.
Bürgerl. Gesetzb. §. 121 läßt die zu frühzeitig wiederheiratendeWitwe dasjenige verlieren,
was sie aus dem Vermögen des frühern Ehemannes als Ehegewinn erhalten hat.
die durch ein betrübendes Ereignis, namentlich durch den Verlust nahestehender oder verehrter
Personen, oder durch die Erinnerung an solche Verluste (wie in den religiösen Trauerfesten um Adonis, Osiris
[* 5] etc.) verursachte
Gemütsstimmung und deren Kundgebung nach außen. Letztere äußert sich beim weiblichen Geschlecht, bei sanguinischen Naturen,
südlichen Völkern etc. in mehr lauter, aber schneller vorübergehender
Klage, bei nordischen Völkern in länger nachwirkenden, aber stummen und gefaßten Gemütsbewegungen.
Natürlich sind die Kundgebungen vor der aufgebahrten Leiche und am offenen Grab am stärksten, und man hatte dazu bei Natur-
und Kulturvölkern bestimmte Trauergesänge, wie die von Schiller umgedichtete »Nadowessische Totenklage«, das Adonis-, Linos-
und Maneros-Lied der Griechen, Syrer und Ägypter. Im Orient wie bei den Slawen und im südlichen Italien
[* 6] werden besondere Klageweiber angenommen, die das mit Cypressen und andern Trauersymbolen geschmückte Sterbehaus mit ihrem
Geschrei erfüllen.
Religiöse Vorstellungen und Herkommen bedingen für den äußern Ausdruck mannigfache Verschiedenheiten. Bei den Naturvölkern
gilt die Trauerverstümmelung (s. d.) als der natürliche Ausdruck des beherrschenden Gefühls, die Kulturvölker
deuten durch Unterlassen jedes Putzes, Vernachlässigung der Haarpflege, Anlegen von Florstreifen etc. an, daß sie für
eine gewisse, nach der Sitte bestimmte und für Frauen länger als für Männer dauernde Zeit allen Freuden der Welt abgestorben
sind, weshalb auch alle weltlichen Vergnügungen, wie Theater,
[* 7] Bälle, Konzerte u. dgl., streng gemieden
werden. In Attika dauerte die Privattrauer 30 Tage, in Sparta mußte sie bereits am 12. Tag mit einem Opfer an Demeter
[* 8] beendet
werden; in Rom
[* 9] war nur den Frauen (seit NumasGesetzgebung) eine bestimmte Trauerzeit geboten.
Bei den Griechen und Orientalen, wo Bart und Haupthaar den Stolz des Mannes bilden, wurden und werden vielfach
beide geschoren; doch galt anderwärts, z. B. in Rom, eine gewisse Vernachlässigung durch Langwachsenlassen ebenfalls als
Trauerzeichen. In der Kleidung wurden überall bunte Farben und kokette Formen vermieden. Die Juden verhüllten den Körper mit
einem groben, sackartigen, in der Mitte gegürteten Gewand und bestreuten, wie auch die Griechen (und
katholischen Christen zu
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mehr
Aschermittwoch), das Haupt mit Asche, woher die Redensart: »in Sack und Asche trauern«. Als Trauerfarben galten vorwiegend, z. B.
den Griechen und Römern, die dunkeln, schwarzen, welche auch früh bei den Christen Eingang fanden, obwohl Cyprian, Chrysostomus
und andre Kirchenlehrer dieselbe tadelten, weil sie derHoffnung auf die ewigen Freuden zu widersprechen
schienen. Dagegen trauerten die alten Ägypter in gelben Kleidern, die Argiver weiß; bei den Chinesen sind noch heute weiße,
blaue und graue Trauerkleider üblich.
Grau gilt auch bei uns als die Farbe der nach einer gewissen Zeit eintretenden sogen. Halbtrauer, die besonders bei der
schon in alten Kulturländern gesetzlich oder durch bestimmte Erlasse (Trauerordnungen) geregelten Landes-
und Hoftrauer nach dem Tode des eignen oder befreundeter Landesfürsten streng beobachtet wird, wobei alle öffentlichen Lustbarkeiten
für eine bestimmte Zeit unterbleiben, die Flaggen
[* 11] in halber Höhe geheißt werden und Militär wie Hofbeamte in vorgeschriebener
Trauerkleidung zu erscheinen haben. Das schon bei den Römern gesetzlich vorgeschriebene und auch bei
uns meist eingehaltene sogen. Trauerjahr der Witwen bezieht sich nur auf etwa noch zu erwartende Nachkommenschaft und kann
daher auf ärztliches Attest abgekürzt werden.