Transplant
ation
(lat.), die
Überpflanzung von
Geweben auf andre Körperstellen behufs
Anheilung. Die Transplant
ation wird entweder
bei unvollständiger oder bei vollständiger Trennung vom Mutterboden ausgeführt. Im erstern
Fall vermittelt ein Stiel, welcher
die
Blutgefäße enthält, die vorläufige
Ernährung des losgetrennten Gewebstücks, wie bei vielen »plastischen
Operationen« (s. d.), z. B. der künstlichen
Nasenbildung. Im andern
Fall heilen die Teile auf einem geeigneten
Boden ohne weiteres an und werden durch
Gefäße ernährt,
welche sich von dem neuen Mutterboden aus in dasselbe entwickeln. Es ist seit alters bekannt, daß ein
Hahnensporn sich auf
einer wund gemachten
Stelle des
Hahnenkammes anheilen läßt, und die
Chirurgie hat von dieser
Erfahrung
den
Gebrauch gemacht, Hautstückchen oder Haarwurzeln auf Wundflächen überzupflanzen, um diese dadurch zum Überhäuten
zu bringen. Das
Verfahren findet bei Unterschenkelgeschwüren ausgebreitete Anwendung. In neuester Zeit ist sogar die Transplant
ation ausgeschnittener
Nervenstücke an
Tieren geglückt, ein Erfolg, dessen Verwertung für den
Menschen ausgezeichnete Aussichten
für die
Heilung mancher
Lähmungen eröffnet.
Nach dem Volksglauben werden auch menschliche
Schwächen und
Krankheiten auf
Tiere und
Pflanzen
übertragen. Die
Juden legten beim
jährlichen Versöhnungsopfer alle
Sünden des
Volkes auf einen
»Sündenbock« und jagten denselben in die
Wüste. In ähnlicher
Weise wurden die
Teufel, welche die Besessenheit erzeugten, auf
Säue
übertragen, und ähnliche
Zeremonien
der
Sünden- und Krankheitsübertragung findet man noch heute in
Sibirien,
China,
[* 3]
Amerika
[* 4] etc. Bei den Totenfeierlichkeiten der
Drawida legt man die
Sünden des Verstorbenen und seines ganzen
Geschlechts auf zwei Büffelkälber, die man ebenfalls in die
Wüste jagt. Im
Mittelalter bildete sich die
Lehre
[* 5] von der Transplant
ation zu einer besondern Heilmethode aus.
Man legte kleine
Tiere auf
Geschwülste u. dgl. und nahm
Hunde
[* 6] ins
Bett,
[* 7] damit
sie den »Krankheitsstoff« oder die als persönliches
dämonisches
Wesen gedachte
Krankheit
an sich ziehen sollten. Besonders üblich war aber die Transplant
ation auf
Pflanzen und
Bäume. So glaubte man
Fieber und andre
Krankheiten durch bestimmte
Zeremonien in hohle
Bäume
(Holunder) einsperren zu können,
indem man das zu diesem
Zwecke gebohrte
Loch nachher sorgfältig zupflöckte. Auch konnte die
Überweisung durch einen bloßen
Spruch geschehen, oder man knüpfte die
Krankheit in drei
Knoten eines lebenden Weidenzweigs.
Besonders üblich war das Durchkriechen (s. d.) durch zu diesem Zweck gespaltene Bäume oder durch die Wurzeln oder durch enge Spalten megalithischer Denkmäler, in dem Glauben, daß dadurch das Siechtum gleichsam von dem Baum etc. abgestreift und behalten werde. Im übrigen kam es darauf an, daß die Pflanze, welche die Krankheit übernommen hatte, lebenskräftig blieb, weil sonst ein Rückschlag zu befürchten stand, weshalb man vielfach die sehr zählebige Fetthenne (Sedum Telephium) hierzu wählte. Der Kranke mußte sie mit einem Spruch ausreißen und dann zwischen seinen Beinen wieder einpflanzen.