Transkaukasien,
s. Kaukasien.
10 Wörter, 105 Zeichen
s. Kaukasien.
russ. Statthalterschaft im westlichen Asien (von einigen auch zu Europa gerechnet),
der Isthmus zwischen dem Asowschen und Schwarzen Meer im W., dem Kaspischen Meer im O. und zu beiden Seiten des Kaukasus (s. Karte »Rußland«). [* ] Die politische Grenze wird im N. von den Flüssen Jeja, Jegorlyk, dem westlichen und östlichen Manytsch und der Kuma gebildet; im S. läuft sie von Astara am Kaspischen Meer in nordwestlicher Hauptrichtung bis Karaduly am Aras, folgt dann diesem Fluß bis in die Nähe des Großen Ararat, den sie, südwestlich gewendet, noch einschließt, und zieht wieder in nordwestlicher Hauptrichtung weiter, bis sie südwestlich von der Mündung des Tscharoch bei Kap Kopmusch das Schwarze Meer erreicht. Der Flächeninhalt dieses Gebiets beträgt 472,666 qkm (8584 QM.) und verteilt sich auf die einzelnen Gouvernements und Bezirke wie folgt:
Gouvernements und Bezirke | QKilom. | QMeilen | Bevölkerung 1882 |
---|---|---|---|
1) Ciskaukasien | 224221 | 4072 | 2361475 |
Stawropol | 68710 | 1248 | 637893 |
Terekgebiet | 60988 | 1107 | 615660 |
Kubangebiet | 94523 | 1717 | 1107922 |
2) Transkaukasien | 248445 | 4512 | 4173378 |
Gebiet Daghestan | 29705 | 539 | 529271 |
Bezirk Sakataly | 4168 | 76 | 75000 |
Tiflis | 40345 | 733 | 726685 |
Kutals | 20661 | 375 | 703551 |
Suchum | 8369 | 152 | 64189 |
Batum | 7233 | 131 | 95455 |
Bezirk des Schwarzen Meers | 7313 | 133 | 25983 |
Jelissawetpol | 44153 | 802 | 636316 |
Baku | 40187 | 730 | 569992 |
Eriwan | 27725 | 503 | 583957 |
Gebiet von Kars | 18586 | 338 | 162979 |
Kaukasien: | 472666 | 8584 | 6534853 |
Administrativ gehört zur Statthalterschaft ferner noch das Transkaspische Gebiet (s. d.), das nach den jüngsten Erwerbungen einen Umfang von 522,500 qkm (9489 QM.) mit 710,000 Einw. besitzt, so daß das gesamte dem Statthalter von Kaukasien untergeordnete Gebiet einen Umfang von 995,266 qkm (18,073 QM.) mit 7,244,853 Einw. erreicht.
Das Land hat seinen Namen vom Kaukasus, einem Gebirgssystem, das, den größten Teil des zwischen dem Schwarzen und Kaspischen Meer liegenden Gebiets einnehmend, von Anapa am Schwarzen nach Baku am Kaspischen Meer in der Richtung von WNW. nach OSO. sich erstreckt. Es besteht aus dem Großen Kaukasus und dem Transkaukasischen Hochland oder Kleinen Kaukasus; beide stehen im Meridian von 43° 50' westl. L. v. Gr. durch den Gebirgsstock des Meskischen Gebirges in Verbindung.
Der Große Kaukasus, ein steil aufgebautes Kamm- und Kettengebirge, sendet nach N. seine Vorberge bis zum Oberlauf des Kuban und Terek und fällt nach S. zur Kuraebene steiler ab. Zu seiner mächtigsten Entwickelung gelangt derselbe zwischen seinen höchsten Punkten, dem 5652 m hohen Elbrus (sein Fuß steht in 2488 m Höhe) und dem 21,3 m weiter östlich gelegenen und aus einer Höhe von 1772 m aufsteigenden, 5043 m hohen Kasbek. An der Stelle der höchsten Erhebung bietet der Große Kaukasus die geringste Breite und die größte Zugänglichkeit und Wegbarkeit.
Die mittlere, 3000-5150 m hohe Hauptkette (der Elbrus liegt nördlich davon) besteht vorzugsweise aus kristallisierten Schieferarten, gehoben von hervorbrechenden Trachytkegeln, denen Lavaströme von größerer oder geringerer Mächtigkeit entflossen. Granitbildungen waren der Hebung der Hauptkette vorhergegangen. Durch spätere, weniger kräftige Hebungen bildete sich eine Reihe sich abstufender, der Hauptkette paralleler, immer niedriger werdender (1400, 1200 m hoher) Nebenthäler; durch Hebungen in der Richtung der Längenkreise entstanden Gebirgskessel, Sammelbecken von Wasseradern, denen auf der Nordseite der Terek, Kuban etc. entströmen.
Zum schmalen Hauptkamm führen steile Querthäler hinan. Der Charakter dieses Stufenlandes findet sich nur gegen N. im Gebirgsgau der Kabarda und in Daghestan. Hier sind sedimentäre Schichten in nordwestlicher und südwestlicher Richtung unter scharf sich schneidenden Winkeln gehoben worden, so daß sich hier ein vielgliederiges Gebirgssystem mit Thälern von vorherrschend ostwestlicher Richtung gebildet hat. Neben dem Elbrus und Kasbek sind unter andern hervorzuheben: der 4633 m hohe Gipfel Betigy, neben welchem westlich des 4877 m hohen Baltakaja der Kuban entspringt;
im SO. des Elbrus liegen der 5225 m hohe Koschtan-Tau und der 5160 m hohe Dykh-Tau;
bei den Quellen des Rion erhebt sich der 4572 m hohe Gumaran-Khokh und der 4646 m hohe Adai-Khokh.
Von den das Gebirge überschreitenden Pässen werden angeführt: der Pschechpaß, 1660 m hoch, im westlichen Kaukasus, der 3505 m hohe Marukhpaß bei der Bsybquelle;
der 2962 m hohe Nacharpaß bei den Kubanquellen;
die den Kaukasus überschreitende Eisenbahn erreicht den Höhepunkt von 975 m;
der Kasbek- oder Darielpaß, durch welchen die grusinische Heerstraße führt, ist 2422 m hoch.
Das Meskische Gebirge scheidet das Bassin des Rion von dem der Kura und verläuft in meridionaler Richtung. Der Kleine Kaukasus bildet Parallelketten; zahlreiche Senkungen gestatten den Wassern das Abfließen nach allen Richtungen und dem Verkehr durch tiefe Einschnitte vielseitige Beweglichkeit. Die Bergflächen sind mit einer Lavadecke überzogen, welche, dem Gebirge weichere Formen verleihend, durch ihre fortschreitende Verwitterung einen sehr üppigen Graswuchs bedingt. Das Hochland bietet weite Weidetriften, die Thäler sind sehr fruchtbar. Der Große Ararat ist 5156 m und der neben ihm im SO. gelegene Kleine Ararat 4180 m hoch. Der 4364 m hohe Alaghös erhebt sich nördlich davon; der Kapudschich (4275 m), der Kasangöldach (3855 m) liegen im Kreis Nachitschewan. - Man schätzt die Gesamtfläche der Gletscher auf 1760 qkm, auf dem Nordabhang reichen sie bis 1740 m, auf dem Südabhang bis 2130 m Höhe herab. Die Schneegrenze des Großen Kaukasus liegt auf dem Südabhang im W. 2925 m, im mittlern Teil 3230 m, im O. 3670 m hoch; am Nordabhang liegt sie um 300-450 m höher. Für den Kleinen Kaukasus wird sie zu 3717 m geschätzt. Thätige Vulkane fehlen, doch bedrohen Erdbeben gewisse Gebiete. - Die gleichmäßige Ebene der pontisch-kaspischen Niederung füllt den größten Teil des Gouvernements Stawropol und des Kubangebiets aus; sie ist längs des Mittellaufs des Kuban und Terek schwarzerdig und infolgedessen jetzt mit von einer gewerbthätigen u. arbeitsamen Bevölkerung bewohnten Dörfern und Städten bebaut. Einförmig und armselig dagegen sind die sich anschließenden Salzsteppen des Stawropoler Gouvernements. Noch dürftiger sind die Sand- und Steinsteppen,
welche in beschränkter Ausdehnung in der untern Thalstufe des Aras und Kur sowie am Ufer des Kaspischen Meers in den Umgebungen von Baku vorkommen. Auf den armenischen Hochsteppen wachsen viele Pflanzenarten der kaspisch-pontischen schwarzerdigen Steppe; infolge niedriger Dorngewächse, holziger Astragalusarten erhalten sie aber den Charakter der Öden.
Das Wassersystem hat im Großen und Kleinen Kaukasus einen verschiedenen Charakter. Größere Süßwasserflächen fehlen ersterm; Alpenseen findet man erst südlich von Tiflis im armenischen Hochland. Der größte ist der in 1931 m Höhe gelegene Göktscha- oder Sewangasee mit einem Areal von 1393 qkm oder 25,3 QM. Westlich vom Ararat liegt in 2237 m Höhe der Balyksee. Im Großen Kaukasus stürzen die Bäche tosend die steilen Thäler hinab, Gerölle im Übermaß mit sich führend und sich tief in den Schluchten einwaschend; erst am Fuß der Gebirge nehmen sie einen langsamern Lauf an. Im armenischen Hochland dagegen bewegt sich das Quellwasser der mächtigsten Flüsse anfangs in mäßig gesenkten Mulden, verteilt sich in zahllose, sich gelegentlich wieder vereinigende Arme und schleicht mehr oder weniger träge bis an das Randgebirge, durchreißt dieses mit großer Kraft und tritt dann mit geregeltem Lauf in die mittlere Thalstufe seiner Bahn.
Die Zahl der Flüsse ist bedeutend: gegen N. der Kuban, längs des Nordabhanges des Gebirges zum Schwarzen, der Terek zum Kaspischen Meer fließend;
beide zwischen dem Elbrus und Kasbek entspringend;
in das Kaspische Meer ergießen sich ferner die die Salzseen Stawropols durchfließende Kuma, der aus mehreren Quellflüssen sich vereinigende Koisu oder Sulak, der reißende Samur, während dem Schwarzen Meer weiterhin der Ingur und der Rion (vom Großen Kaukasus), der Tschoruch (aus Armenien kommend) zueilen.
In dem östlichen Teil entspringende Flüsse (Masan, Maschigan etc.) fließen in den vom armenischen Hochland kommenden und sich in das Kaspische Meer ergießenden Kur, welcher in seinem Unterlauf den Grenzfluß Aras aufnimmt.
Zwischen 44 und 46° nördl. Br. beträgt für den zentralen Teil des Landes die mittlere Jahrestemperatur 8,8-10° C., die durchschnittliche Regenmenge im Jahr 127 mm. Mosdok bei 184 m Höhe hat 9°, Wladikawkas (715 m) 8,4° und 584 mm Regenniederschläge, die Poststation Gudaur am Südabhang des Gebirges (2392 m) 4,0° und 131-174 mm Regenniederschläge, Tiflis (460 m) 12,8° und 453 mm Regenniederschläge. Im Gebiet des Kleinen Kaukasus sind ermittelt für Schuscha (1122 m) 9,0,° Alexandropol (1549 m) 5,8° mittlere Jahrestemperatur und 424 mm Regen.
Der Osten und Westen weicht von diesen Mitteln hauptsächlich hinsichtlich der Regenmenge ah. Im Gebiet der unorganischen Welt sind die Heilquellen berühmt, deren Zahl sich auf mehr als 100 beläuft, so die warmen Schwefel- und Eisenquellen mit Temperaturen von 12,5-43° C. in der Umgegend von Pjätigorsk, die heißen Quellen von Abastuman bei Achalzych und die heißen Thermen am mittlern Terek, westlich von Grosnaja, mit Temperaturen von 32,5-69° C. Räumlich überaus groß (fast 34,000 qkm) sind die Striche, denen brennende Gase und Naphtha entquellen; sie liegen im W. auf der Halbinsel Taman, im NO. südlich des mittlern Terek, im O. am Kaspischen Meer um Baku. 1870 belief sich die Produktion auf 1,704,555 Pud schwarze und 2000 Pud weiße Naphtha.
Als Hauptlager von Steinkohlen sind folgende bekannt: Takuribul unweit Kutaïs, Humarud am Kuban, bei Grosnaja am Terek, im Engpaß Kana-Syrya oberhalb Derbent, bei Achalzych etc. Die Gesamtausbeute betrug 1872 nur 4,5 Mill. Ztr. Steinkohlen und 0,8 Mill. Ztr. Lignit. Steinsalz wird gewonnen zu Kulpi im W. von Eriwan 1,136,000 Pud und bei Nachitschewan 270,000 Pud jährlich. Salzseen werden ausgebeutet in den Gouvernements Stawropol, Baku und im Kubangebiet. Produktion von Schwefel findet zur Zeit in noch nicht statt, wird aber später wichtig werden; insbesondere führen Daghestan und Eriwan Gesteine mit ergiebigen Schwefelgängen. An Kupfer lieferten sämtliche Hütten (1870: 10) 1,25 Mill. Ztr. Die Produktion von Eisen ist noch sehr gering; die größten Lager sind im SW. von Tiflis-Alagir in Ossetien, westlich von Wladikawkas. Am Nordabhang des Großen Kaukasus ist ein Silberbergwerk, das wegen seiner gleichzeitigen Bleiausbeute immer mehr an Bedeutung gewinnt, wenn auch sein Silberertrag 1871 nur 6,2 Ztr. betrug. Gold wird aus Goldwäschen gewonnen; der Ertrag ist nicht bedeutend.
In Bezug auf die Vegetation kann man folgende Zonen unterscheiden:
1) eine subtropische, von der Meeresoberfläche bis zur gewöhnlichen Grenze des Weinstocks, 1000 m. Sie charakterisiert sich durch sehr üppiges Wachstum und eine große Mannigfaltigkeit der Gewächse; die wichtigsten sind: Baumwolle, Reis, Weinstock, Krapp, Indigo.
2) Die Gartenzone, von 1000-1500 m, charakterisiert durch ein noch gemäßigtes Klima und zum Gartenbau geeignet; es werden Hirse, Weizen und Öl gebende Pflanzen gebaut.
3) Die Getreide- und Waldzone, von 1500-2100 m bis zur Grenze des Getreidebaues, oder bis 2200 m, der Waldgrenze, charakterisiert durch ein kühles Klima und durch den Bau von Gerste, Hafer, Roggen und Sommerweizen sowie durch den Reichtum an Wald am Südabhang des Gebirges. Der Nordabhang ist kahl; im pontischen Gebiet sind Laubwaldungen vorherrschend, ebenso am Nordabhang des Kleinen Kaukasus, während am Südabhang der Wald fehlt. Zusammenhängende Wälder gehen über diese Zone nicht hinaus, wenn auch einzelne Bäume, wie die Kiefer (Pinus silvestris) und Birke, an einzelnen Stellen noch in einer Höhe von 2600, ja 2700 m vorkommen. Dasselbe gilt von der Getreidekultur und von den Wohnstätten der Menschen. In Daghestan liegen an zehn Dörfer über dieser Zone, und zwei davon, Kurusch und ein Ausbau von dem Dorf Chinalug, liegen in einer Höhe von 2546 m, während in einem ossetischen Dorf Kabota noch Gerste in einer Höhe von 2470 m gebaut wird.
4) Die Zone der Alpenwiesen, von 2200 m bis zur Grenze des ewigen Schnees, 3230 m; bei 2590 m Höhe hören gewöhnlich die letzten Spuren von Krüppelholz auf, bei 2740 m finden auch die Alpensträucher, wie z. B. Rhododendron caucasicum, ihre Grenze. Mit der Schneelinie fällt die Grenze der Alpengräser zusammen, obwohl auch solche noch jenseit derselben vorkommen, wo der Schnee nicht hält und die Sonne wärmt.
Die Tierwelt ist überaus reich an Arten. Der Wildstand zeigt noch geringe Abnahme. Im Hochgebirge hausen Steinböcke, Gemsen, Bären, Füchse, Adler, Riesen- und Alpenhühner;
in den Steppen Wölfe und kleines Wild, worunter der Springhase am bemerkenswertesten;
im S. Panther, Tiger, große Hirsche und Füchse von verschiedener Farbe, Schweine, Pelikane, Tauchenten u. a.;
in den Wäldern Bären, Marder und im Quellland des Kuban
noch Auerochsen. An Schlangen ist Kaukasien sehr reich. Heuschreckenschwärme und Stechfliegen sind eine Landplage. Das Kaspische wie das Schwarze Meer sind außerordentlich reich an Fischen. Die Pferdezucht ist nur von örtlicher Bedeutung. Dagegen ist die Rindviehzucht ansehnlich u. gewinnt immer größere Ausdehnung, ebenso die Schafzucht. Die Seidenraupenzucht ist überaus wichtig; Kaukasien zählt zu den hervorragendsten Seidenproduktionsländern der Erde; Transkaukasien exportiert jährlich mindestens 400,000 kg Rohseide, soll aber in einzelnen Jahren bis 800,000 kg ausgeführt haben.
Die Bevölkerung Kaukasiens ist eine außerordentlich gemischte, und obschon Pallas, Güldenstedt, Klaproth, in neuester Zeit Radde sich eingehend mit dem Studium und der Ordnung des hier vorhandenen Chaos von Völker- und Sprachstämmen beschäftigt haben, so bleibt noch viel zu thun, um die verwickelten Verhältnisse vollkommen klarzulegen. Nach dem Chef des kaukasischen Statistischen Büreaus, v. Seydlitz, kamen von der 1873 von ihm auf 5,591,844 Seelen berechneten Bevölkerung 4,330,206 auf die mittelländische Rasse, 1,261,638 auf die mongolische. Die mittelländische Rasse zerfällt wieder in die beiden großen Hauptgruppen der Indoeuropäer und der Kaukasier, wozu sich dann einige Semiten gesellen. Numerisch verteilt sich diese Bevölkerung auf die einzelnen Stämme wie folgt:
I. Mittelländische Rasse: | 4330206 |
1) Indo-Europäer | 2444467 |
Slawen (Russen, Polen, Tschechen) | 1360071 |
Armenier | 740689 |
Iranier | 305939 |
Griechen | 20831 |
Deutsche | 15357 |
Romanen | 1046 |
Zigeuner | 534 |
2) Kaukasier | 1855564 |
Kartwelier | 869751 |
Lesghier | 681905 |
Tschetschenzen | 165466 |
Kabardiner u. a. | 138442 |
3) Semiten | 30175 |
II. Mongolische Rasse: | 1261638 |
Türken u. Tataren | 1249900 |
Kalmücken | 10707 |
Esthen | 1031 |
Von den Slawen sind weitaus die Mehrzahl (1,353,449) Russen, welche wiederum hauptsächlich in Ciskaukasien wohnen. Die Deutschen, von denen 1883 in Ciskaukasien 15,765, in Transkaukasien 6222 ermittelt wurden, also zusammen 21,987 Seelen, haben zwei Kolonien mit 10,142 Bewohnern im kubanschen, 5 Kolonien mit 4625 Bewohnern im terschen Landstrich und 2 Kolonien mit 1358 Bewohnern im Gouvernement Stawropol; in Transkaukasien besitzen sie bei Elisabethpol 2 Kolonien (Annen- und Helenenfeld) mit 1326 Einw. und im Gouvernement Tiflis 4 Kolonien (Katharinenfeld, Marienfeld, Elisabeththal, Alexandershilf) mit 4896 Einw., alle in sehr blühendem Zustand. Von den Griechen wohnen weitaus die meisten in Transkaukasien, nur 1540 in Ciskaukasien. Die Iranier bestehen aus Osseten und den nur in Transkaukasien wohnhaften Taten, Talyschinern, Kurden und Persern. Die Armenier finden sich ganz vorwiegend in Transkaukasien; die Zigeuner sind auf beide Landeshälften verteilt.
Die Kaukasier lassen sich in drei Gruppen ordnen: den kartwelischen Stamm, die westkaukasischen und die ostkaukasischen Bergvölker. Der kartwelische Stamm (869,751) ist ausschließlich in Transkaukasien zu Hause und wird vertreten durch die Grusiner im engern Sinn (311,263), die Imerethiner und Gurier (379,112), Mingrelier (197,228), durch Thuschiner, Pschawen, Chewssuren und Swaneten. Die Kartwelier sind stark mit Bergbewohnern vermischt und, in einer abgeschlossenen Gebirgswelt lebend, so verwildert, daß sie den Gebrauch der Schrift verloren haben.
Äußerlich Christen, hängen sie doch noch heidnischen Gebräuchen an; in ihren Wäldern findet man noch Opferstätten, wo die eingebornen Priester die sonst von ihnen verborgnen Opfergaben von Silbergeschirr zu gewissen Zeiten von dem Volk verehren lassen. Die westkaukasischen Bergvölker (138,442), von den Türken Tscherkessen (s. d.) genannt, leben zum allergrößten Teil (123,967) in Ciskaukasien; sie teilen sich in zwei große Stämme, die Adighe, zu welchen der große Stamm der Kabardiner zu rechnen ist, und die Asega oder Abchasen.
Die ostkaukasischen Bergvölker (847,451) zerfallen in zwei Hauptabteilungen, die Tschetschenen und die lesghischen Völker. Von den 165,466 Köpfe starken Tschetschenen oder Tschetschenzen wohnt weitaus der größte Teil in Ciskaukasien im Terekgebiet; von den lesghischen Völkern (681,985), deren Hauptrepräsentanten die Awaren (155,418), Küriner (131,609), Darginer (88,045), Andier (35,511) und Laken oder Kasikumuch (35,139) sind, worauf die Tabassarener, Rutuler, Udinen, Didoer, Artschiner, Agulen, Zachuren, Dscheken (Haputliner), Chinaluger und Kryser folgen, wohnen mit Ausnahme von 16,480 Awaren sämtlich in Transkaukasien.
Der mongolische Stamm wohnt zum allergrößten Teil in Transkaukasien; in Ciskaukasien wohnen nur die Kalmücken und Esthen und von den 212,388 Köpfe starken nördlichen Tataren 153,297, während die aserbeidschanschen Tataren (981,962) sowie die Türken (55,550) ausschließlich in Transkaukasien und zwar die letztern fast ausschließlich im Gebiet von Kars sich vorfinden.
Vgl. Rittich, Ethnographie Rußlands (Ergänzungsheft 54 zu »Petermanns Mitteilungen« 1878),
und besonders v. Seydlitz, Ethnographie des Kaukasus (in »Petermanns Mitteilungen« 1880).
Die Landwirtschaft ist in Kaukasien erschwert, da nur im Küstengebiet die Feuchtigkeit der Atmosphäre die Gewächse genügend tränkt; überall sonst muß künstliche Bewässerung stattfinden, die hier bei der großen Sommerhitze und der hierdurch bewirkten starken Verdunstung sehr viel Wasser beansprucht. Im Innern des wilden Berggebiets fehlt es ganz an Kulturboden. Die landwirtschaftlichen Geräte sind noch von der einfachsten Beschaffenheit und demnach sehr geringer Leistungsfähigkeit.
Die Industrie trägt durchweg orientalischen Charakter. Mit Ausnahme der Metallindustrie, der Waffen- und Goldschmiedekunst und Teppichwirkerei besteht kein Industriezweig von nennenswerter Ausdehnung; der Rückgang der Kleingewerbe ist unvermeidlich, sobald durch Maschinenkonkurrenz billigere Ware geliefert wird. Die Kleinindustrie hat sich noch am meisten in Achalzych erhalten; die altberühmten Waffenschmiedearbeiten sind im Rückgang, seitdem Ruhe und Sicherheit in die Thäler Daghestans eingezogen sind.
Europäische Fabriken für Seilerwaren, Eisenwaren, Stearin, Baumwollweberei und Lederbereitung sind an mehreren Orten entstanden; die Textilindustrie ist Hauptgegenstand der Thätigkeit der Frauen, die hierin, wie überall im Orient, Gutes leisten. Der Handel, welcher sich hauptsächlich in Baku, Tiflis, Poti und Batum konzentriert, hat in neuester Zeit einen großen Aufschwung genommen. Ausgeführt werden namentlich Petroleum, Seide, Wolle, Getreide und Baumwolle, wogegen Baumwollfabrikate, Früchte und Gemüse, Metallwaren, Wollenstoffe und Seidenzeuge eingeführt werden. Für den ansehnlichen Transithandel nach und aus Persien besteht zu Nachitschewan am Aras ein Hauptzollamt. Aus Persien kommen Seide und Kokons; dahin gehen Zucker, Thee, Manufakturwaren.
In der Anlage von Verkehrswegen ist bereits viel geschehen; eine Kunststraße ersten Ranges führt hinter Wladikawkas in der Terekschlucht aufwärts zum Kamm des Hochgebirges am Kasbek vorüber und hinab nach Tiflis. Ebenso sind über das Meskische Gebirge die Uferlandschaften am Schwarzen Meer mit dem Kurthal verbunden; längs dieses Flusses nach Baku und Schuscha, dann südlich davon nach Achalzych, Alexandropol und am Gokscha vorbei nach Eriwan und weiter hinab an den Arasfluß sowie im N. längs des Kuban und Terek wie des Kaspischen Meers führen Kunststraßen. In neuester Zeit harren in dieser Beziehung vielfache Entwürfe der Ausführung, so auch der Bau einer Straße von Tiflis nach Alexandropol und Kars. Die Fortsetzung der Bahn Poti-Tiflis nach Baku ist bereits vollendet: fuhr der erste Probezug. Von derselben zweigt sich bei Samtredi die Bahn nach Batum ab, auf welcher die erste Probefahrt unternommen wurde. Die eröffnete Bahn Rostow-Wladikawkas soll fortgesetzt werden nach Petrowsk am Schwarzen Meer oder direkt über das Gebirge nach Tiflis; wahrscheinlich kommen beide Projekte zur Ausführung.
An der Spitze der Verwaltung steht ein Statthalter (von 1863 bis 1881 Großfürst Michael Nikolajewitsch, seit 1881 der General Fürst Dondukow-Korsakow). Die Verwaltung entspricht im allgemeinen jener des übrigen Rußland, doch stehen in dieser Beziehung wie auch in der Einteilung Veränderungen bevor. - Die allgemeine Wehrpflicht ist nur für das Gouvernement Stawropol in Kraft getreten, während aus den übrigen Bezirken irreguläre Truppen, resp. Milizen (das Kutaïs- und Daghestan- irreguläre Reiterregiment, 1 Kuban-, 11 Terek-, 11 Daghestan- [reitende] Sotnien, 1 Sotnie Suchum-Landwehr, Gurische und Grusinische Fuß-Druschinen à 4 Sotnien; ständige Miliz von Kars und Batum) formiert werden. An regulären Truppen standen im kaukasischen Militärbezirk: das 1. kaukasische Korps (kaukasische Grenadier-, 38. und 39. Infanterie- und 1. und 2. Kavalleriedivision), das 2. kaukasische Korps (19., 20. und 21. Infanterie- und kaukasische Kavalleriedivision), 41. Infanteriedivision, kaukasische Schützenbrigade, 6 transkaspische Schützenbataillone, kaukasische Sappeurbrigade, Reserve-Eisenbahnbataillon, Pontonierkompanie, 4 Linienbataillone, kaukasische Ersatz-Kavalleriebrigade, 5 Festungsartillerie-Bataillone, 2 Kompanien, 1 Kommando, 3 Lokalbataillone, 55 Lokalkommandos in einer Stärke von rund 19,000 Mann, 15,000 Pferden mit 196 Geschützen.
Die Geschichte Kaukasiens reicht bis in die älteste Zeit zurück. Schon in der Bibel spielt der Ararat, als die Wiege des Menschengeschlechts, eine wichtige Rolle. Am Fuß desselben erhielt die Zendreligion ihr [richtig: ihre] volle Ausbildung. Die Iranier, Anhänger derselben, lagen im steten Kampf mit den als Skythen, Saken, Massageten, Kimmerier etc. bekannten türkisch-tatarischen Völkern im Norden des Kaukasus. In die Zeit des Einflusses der Assyrer, durch welche an Stelle des Ormuzddienstes die Verehrung des Baal, Moloch etc. längs der ganzen Küste des Pontischen Meers sich verbreitete, fällt die Fahrt der Argonauten (s. d.) und die ersten Handelsbeziehungen der Phöniker und Griechen mit dem Kaukasus. Im 7. Jahrh. v. Chr. gründen letztere an dem kaukasischen Gestade des Schwarzen Meers Kolonien: Dioskuria u. a. An die Stelle der Assyrer traten die Perser als Besitzer von Transkaukasien.
Das Reich von Atropatene, infolge des Zugs Alexanders d. Gr. nach Baktrien gegründet, umfaßte einen Teil der Gouvernements Jelissawetpol und Baku. Unter den Seleukiden nimmt Armenien Aufschwung; Tigranes (95-60) gebietet über Transkaukasien, wird aber im Kampf mit den Römern von Mithridates besiegt; dieser setzt über den Aras, durchzieht den kaukasischen Isthmus und bekriegt die Iberier (Georgier). Im J. 34 unterwarf Antonius Armenien. 56 n. Chr. zerstörten die Römer unter dem Kaiser Nero die Hauptstadt Armeniens, Artaschat, und 98 unternahm Trajan einen Feldzug gegen diesen Staat.
Zur Zeit der Völkerwanderung siedelten sich die Goten, zum Teil die Alanen vertreibend, am Schwarzen Meer-Gestade an; 204 drangen die Chasaren nach dem Kaukasus von Norden ein und kamen bis Grusien und Armenien; erst im J. 300 wurden sie wieder aus Armenien und Albanien vertrieben. 513 fielen die Hunnen in Armenien ein. Die römische Macht nahm ab, aber Kolchida war immer noch zeitweise der Kriegsschauplatz zwischen Römern und Persern. Die Völkerzüge nach Kaukasien dauerten an: so siedelten sich die Avaren 558 hier an; 635 unternahmen die Araber ihren ersten Feldzug nach Armenien.
Die Russen sahen den Kaukasus zum erstenmal zu Anfang des 10. Jahrh. 914 und 943 bemächtigten sie sich der Festung Barda und drangen vom Kaspischen Meer her ein. 967 besiegte der Großfürst Swjatoslaw, über den Kuban gehend, am Fuß des Kaukasus die Jassen und Kossogen (Osseten und Tscherkessen). Im 13. Jahrh. dringen die Mongolen ein; 1385 Tamerlan. In dieser Zeit war die Verbindung zwischen Rußland und Kaukasien vollständig zerrissen. Nachdem aber Rußland von dem tatarischen Joch befreit war, erstand sie von selbst wieder.
Die schwachen kaukasischen und transkaukasischen Fürsten suchten gegen die Einfälle ihrer Nachbarn Schutz: so 1492 Kachetien bei Johann III., 1555 die Bewohner der Umgegend von Beschtau bei Johann IV. etc. 1722 eroberte Peter I. Derbent, 1723 Baku, aber 1735 wurden die russischen Besitzungen im K. an Persien abgetreten. 1770 überschritten russische Truppen zum erstenmal den Kaukasus und nahmen Kutaïs. 1774 im Frieden von Kutschuk Kainardschi mit der Türkei gewann Rußland die Kuban- und Tereklinie. 1785 wurde aus den Gebieten am Nordabhang des Kaukasus eine kaukasische Statthalterschaft geschaffen, bestehend aus den Kreisen Jekaterinograd, Kisljar, Mosdok, Alexandrow und Stawropol. 1796 eroberte der Graf Subow die Gebiete mit den Städten Derbent, Kuba und Baku. 1801 wurde Georgien in ein russisches Gouvernement verwandelt, nachdem Georg XIII. (Iraklis II. Nachfolger, welcher sich bereits 1783 unter russischen Schutz gestellt hatte) gestorben war. 1862 wurde Ossetien, 1803 die Lesghier, 1804 Mingrelien, 1810 Imeretien unterworfen.
Die Perser hatten Rußland nicht hindern können, sich diese Gebiete anzueignen, und in dem Frieden von Gulistan fanden die Kämpfe zu Rußlands Machtvergrößerung ihren Abschluß. Persien trat an Rußland ab: die Chanate Karabach (Schuminskischer Kreis), Gändsche (Kreis Jelissawetpol), Schirwan (Kreis Schemacha), Derbent, Kuba, Baku und Talyscha (Lenkoranskischer Kreis). 1815 besaß Rußland somit schon fast das ganze jetzige Transkaukasien; in seinem Besitz waren nur noch nicht der Achalzychsche Kreis, der südliche Teil des Etschmiadsinskischen, der Eriwansche, Nachitschewanskische und Ordubatskische Kreis. Die Bergvölker (Gorzen) aber
des gesamten Kaukasusrücken blieben unabhängig. Der eigentliche Angriffskrieg gegen dieselben begann erst mit der Ernennung des Generals Jermolow zum Oberbefehlshaber des Kaukasus 1816. Vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meer und vom Kuban und Terek bis zum südlichen Abhang des Gebirges war Kaukasien von den Russen feindlich gesinnten Völkerschaften bewohnt. Nur zwei Wege verbanden Transkaukasien mit Rußland: der mitten über das Gebirge führende darjalskische, vor undenklichen Zeiten gebaut, und ein andrer längs der Küste des Kaspischen Meers.
Damals lebten die Bergvölker ohne Gemeinschaft mit ihren Nachbarn noch unter sich getrennt. Der Straßenraub in den ungeschützten niedern Gegenden des Kaukasus war ihr hauptsächlichstes Handwerk. Wollte Rußland die notwendige gesicherte Verbindung mit Transkaukasien sich schaffen, so mußten die noch unabhängigen Bewohner des Gebirges unterworfen werden. Da der westliche Kaukasus noch zu der Türkei gehörte und von den angrenzenden Linien (Niederlassungen von der Mündung der Laba in den Kuban, längs des letztern, der Malka, des Terek bis Kisljar) und Tschernomorskischen Kosaken (vom Schwarzen Meer längs des Kuban bis zur Stanize Woroneshskaja) hinreichend in Schach gehalten wurde, konnten die Russen alle ihre Streitkräfte gegen den Osten verwenden. So wurde durch die Besetzung des schamchalskischen Gebiets, die Eroberung des Kurinskischen und Kasikumuchskischen Chanats, der großen und kleinen Kabardei sowie Akuschas und die Verwüstungen in der Tschetschnja eine Verbindung mit Transkaukasien geschaffen und das Gebiet der noch freien Bergvölker getrennt. 1828 trat Persien nach verlornem Krieg an Rußland ab das Eriwanskische und Nachitschewanskische Chanat, 1829 die Türkei den jetzigen Kreis Achalzych und die Festungen Anapa und Poti.
Das Auftreten des Muridismus, dieser religiösen Verschwörung zum Vertreiben der Ungläubigen, belebte die Kräfte der Bergvölker von neuem und schuf wohlgeordnete Massen, die jeden Angriff der Russen kräftig zurückwiesen. Letztere kamen zuerst mit seinen Anhängern in Daghestan in Berührung, doch war in den beiden Feldzügen 1831 u. 1832 das aufrührerische Küstengebiet wieder bewältigt. 1832-39 wurde dann die Hauptstärke des kaukasischen Korps wieder nach dem Westen gezogen, wo die Eroberung der Ostküste des Schwarzen Meers ohne bedeutende Opfer durchgeführt wurde. In dieser Zeit hatte indessen der Muridismus im Osten immer festern Fuß gefaßt: Schamil vereinigte hier in seiner Person die Macht eines geistlichen und weltlichen Herrschers;
er fand die Mittel, das politische Ideal des Muridismus zu verwirklichen;
seine Herrschaft war die eines asiatischen Despoten.
Die Unterwerfung Daghestans war das nächste Ziel: die Operationsbasis bildete die kaukasische Linie, vor welcher auf der kumikskischen Ebene schon 1819 die Festungen Wnesapnaja und 1817 Grosnaja angelegt waren. Auch im nördlichen Daghestan hatten die Russen nach und nach befestigte Plätze geschaffen, wie z. B. 1837 Temirchan-Schura. Schamil breitete dessenungeachtet seine Macht immer mehr aus, zumal ein Jahr nach dem andern verging, ehe etwas Ernstliches russischerseits unternommen wurde. 1839 begannen endlich die Operationen.
Drei selbständige Kolonnen wurden formiert: die erste, unter Generalleutnant Rajewski, sollte drei neue Punkte an der Ostküste des Schwarzen Meers besetzen und befestigen;
die zweite, unter Generalleutnant Golowin, die Völker am obern Samur unterwerfen;
endlich die dritte, unter Generalleutnant Grabbe, im nördlichen Daghestan gegen Schamil operieren und dessen Schlupfwinkel Achulgho zerstören. Am 15. Mai hatte Grabbe 5613 Kombattanten mit 900 Pferden bei der Festung Wnesapnaja versammelt.
Bevor er jedoch sich gegen Schamil wenden konnte, mußte er erst Taschaw-Chadschi, welcher sich in der Tschetschnja zum Herrn aufgeworfen und Raubeinfälle auf russisches Gebiet ausgeführt hatte, unschädlich machen. Er schlug denselben bei Achmet-Tala am 22. und bei Sajasan 24. Mai; dieser sechstägige, mit Schnelligkeit, Energie und ohne starken Verlust an Leuten durchgeführte Feldzug in das Land der Itschkerinzen führte vollständig zum Ziel. Die dem russischen Reich unterworfenen Völkerschaften sowie auch die kaukasische Linie waren vorläufig vor den Einfällen der Muriden sicher.
Jetzt konnte die Offensive im nördlichen Daghestan ergriffen werden. Am 2. Juni verließ das 6000 Mann starke Expeditionskorps die Festung Wnesapnaja. Am 5. Juni traf man auf Schamil mit 3-4000 Mann bei Burtunai und schlug denselben. Am 11. Juni wurde Arghuan erreicht, wo Schamil, auf die unzugängliche Lage des Dorfes vertrauend, 6000 Lesghier versammelt hatte. Die Russen erstürmten das Dorf unter den schwierigsten, fast nicht zu überwindenden Verhältnissen. Der Kampf hatte dort vom 11. Juni morgens fast ununterbrochen bis zum 13. morgens gedauert; die Russen verloren 146 Mann an Toten und 500 Mann an Verwundeten.
Der Verlust des Feindes war ungleich größer. Die Scharen Schamils waren zerstreut, er selbst mit seinen Anhängern schloß sich in Achulgho ein. Am 16. Juni wurde der Vormarsch dorthin angetreten. Alt- und Neu-Achulgho waren auf zwei steilen, durch einen tiefen Grund, in welchem die Aschilta fließt, getrennten Bergen erbaut. Auf drei Seiten sind dieselben vom Koisu umflossen. Am 24. begann die Blockade dieses von Schamil noch künstlich befestigten Ortes, in welchem sich etwa 4000 Bewohner beiderlei Geschlechts, darunter 1000 waffenfähige Männer, befanden.
Die Belagerungsarbeiten der Russen begannen 25. Juni. Vollständig eingeschlossen konnte Achulgho nicht werden, so daß Schamil die Verbindung mit den übrigen Bergvölkern offen stand. Es gelang ihm, einzelne derselben zum Aufstand zu veranlassen, so daß der General Grabbe gezwungen war, sich erst unter Zurücklassung weniger Truppen vor Achulgho gegen diese zu wenden. Die Niederwerfung derselben gelang ihm indes bald: 5. Juli waren die detachierten Truppen wieder zurück. Am 11. Juli morgens begann der Sturm auf den Surchajewskischen Turm, eine auf einer südlich von Neu-Achulgho gelegenen Bergkuppe angelegte Befestigung: er mißlang unter großen Verlusten;
erst 18. Juli wurde derselbe genommen. Am 28. Juli wurden die Truppen zum Sturm auf Alt- und Neu-Achulgho vorgeführt, indes vergeblich: 156 Mann tot, 719 wurden verwundet.
Erst nachdem Schamil von allen Seiten eingeschlossen war, ein Sturm 29. Aug., 2. Sept. kein Resultat gehabt hatte, wurde 3. Sept. Neu- und Alt-Achulgho genommen. Der Kampf war entsetzlich; der letzte Sturm hatte den Russen 150 Mann an Toten und 494 Mann an Verwundeten gekostet. Schamil entkam nach Itschkeri und nahm Weden zu seinem Wohnsitz.
Trotz der Niederlage Schamils war aber der Muridismus nicht niedergeworfen. Immer von neuem wurden Expeditionen ausgesendet, aber immer hatten sie nur Teilerfolge. Weder Tschernischew noch Woronzow waren glücklicher. Ein 50jähriger Kampf hatte zu dem Resultat geführt, daß Rußland
gezwungen war, eine ganze Armee an die Berge des östlichen Kaukasus zu fesseln. - 1853 brach der orientalische Krieg aus: Rußland war in einer äußerst prekären Lage;
seine Truppen mußten nach zwei Seiten Front machen.
Und nur der Umstand, daß die Anführer der Muriden nichts Entscheidendes unternahmen, ließ die Russen ihre Positionen nicht verlieren. Erst mit der Ernennung des Fürsten Barjatinskij zum Oberkommandierenden im Kaukasus begann man (1856-59) systematisch gegen die Bergvölker vorzugehen, was zu ihrer endgültigen Unterwerfung führte. Durch die Besetzung der Großen Tschetschnja sowie Auchs und Salatans schuf man sich eine neue Basis. Mit der Unterwerfung der Kleinen Tschetschnja endete der Winterfeldzug 1857/58: die nördlichen Ebenen und Vorgebirge waren erobert, in das Hauptgebirge der Eingang eröffnet.
Das Hauptoperationsobjekt war die Residenz Schamils, Weden, in dem Itschkerischen Bezirk. Weden, stark befestigt, wurde von 7000 Mann unter Kasi Mahroma, dem Sohn Schamils, verteidigt. Ende März 1859 begann der General Jedowkin die Belagerung. Am 13. April wurde Weden erstürmt, infolgedessen waren sämtliche tschetschenskischen Stämme unterworfen, und Schamil behielt nur noch Daghestan. Die Eroberung desselben wurde in fünf Wochen durchgeführt. Der letzte Zufluchtsort Schamils war der Berg Ghunib; 4. Sept. begannen die Angriffsarbeiten gegen denselben. Am ergab sich Schamil dem Fürsten Barjatinskij.
Der östliche Kaukasus lag zu den Füßen Rußlands. Die endgültige Eroberung des westlichen Kaukasus begann im Frühjahr 1864 und endete im Mai 1865 mit der Unterwerfung der Tscherkessen. Die russische Herrschaft befestigte sich nun immer mehr und mehr, und doch regten sich wieder die alten Gelüste der Bergvölker nach Unabhängigkeit, als Rußland in dem letzten orientalischen Krieg mit der Türkei 1877/78 verwickelt war. Türkische Aufwiegler tauchten unter den Bergvölkern im Sommer 1876 auf; sie wußten es dahin zu bringen, daß Ende April 1877 unter den Tschetschenzen, im Mai in Abchasien, im September in Daghestan Unruhen ausbrachen.
Landungsversuche seitens der Türkei fanden statt: 3. Mai beschoß ein türkisches Schiff Poti;
16. Mai wurde von einer Eskadre von fünf Schiffen Suchum Kalé beschossen und hier auch einige Truppen gelandet.
Eine größere Landung ausgewanderter Tscherkessen gelang 23. Mai bei Adler (116 km nordwestlich von Suchum Kalé). Durch rechtzeitige Besetzung der aus Abchasien nach den Tschetschenzen-Ansiedelungen im Kuban- und Terekgebiet führenden Pässe wurde ein großer Aufstand verhindert. Den tscherkessischen Vortruppen schickte die Türkei ein 14,000 Mann starkes Invasionskorps unter Taski Pascha nach. Die Russen zogen Verstärkungen aus dem Innern nach; am 24. und 25. erfolgten die ersten Zusammenstöße größerer Massen; 27. Juni schlug der General Alchasow die vereinigten Türken und Abchasen bei Adschanodschir und nahm am 30. das Dorf Assacho, den Hauptstützpunkt der Aufständischen. In Abchasien ging der Aufstand zu Ende.
Ende Juli und 1. Aug. schifften sich die Türken wieder ein, 30,000 Abchasen schlossen sich ihnen an und wurden in Anatolien angesiedelt. Die zurückgebliebenen Abchasen wurden unter Schonung ihres Eigentums unterworfen. Auch bei den Tschetschenzen war im August der Aufstand unterdrückt; Die ^[richtig: die] Stämme der Tscherlojewzen und Schatojewzen traf strenge Bestrafung. Die flüchtig gewordenen Führer zettelten nun in Daghestan einen Aufstand an. Am 24. Sept. zerstreuten die Russen eine in Organisation begriffene Bande von 6000 Mann und schlugen 30. Sept. und 4. Okt. 4000 Aufständische. Mitte Oktober war im mittlern Daghestan die Ruhe wiederhergestellt. Die Aufsuchung und Vernichtung zerstreuter Haufen und Führer nahm noch einige Monate in Anspruch. General Loris Melikow hatte durch die Niederhaltung der kaukasischen Stämme Rußland einen wesentlichen Dienst geleistet.
Durch den Vertrag von Berlin vom wurden an Rußland die türkischen Gebiete von Ardahan, Kars und Batum abgetreten und durch bezügliche Befehle als Batum- und Kars-Oblaßtj (Gebiet) der kaukasischen Statthalterschaft einverleibt.
Schließlich sind auch die östlich des Kaspischen Meers gelegenen Territorien dem kaukasischen Statthalter unterstellt. Die erste russische Niederlassung hier war die 1833 gegründete Befestigung Nowo-Alexandrowsk; 1869 entstand das Fort Kraßnowodsk; 1870 wurde das in dem Balkangebirge gelegene Tasch Arwat mit den beiden Etappen Michael- und Mulea-Karsposten besetzt. Durch Befehl vom wurde der Transkaspische Militärdistrikt organisiert und dem Statthalter des Kaukasus unterstellt. 1878 wurde die Linie des Atrek von seiner Mündung bis zum Einfluß des Sumbar bei Tschat besetzt und hier eine Befestigung angelegt. Das zeitweise aufgegebene Tschikischljar wurde wieder eingenommen. Durch die glücklich zu Ende geführte Expedition gegen die Achal Teke (s. d.) 1880/81 wurde die Achal Teke-Oase annektiert und aus diesem neugewonnenen Territorium und dem bereits bestehenden Transkaspischen Militärdistrikt durch Befehl vom der »Transkaspische Oblaßtj« gebildet und der kaukasischen Statthalterschaft einverleibt.
Vgl. außer den Reisewerken von Koch, M. Wagner, Eichwald, Parrot u. a.: Dubois du Montpéreux, Voyage autour du Caucase (Par. 1838-43, 6 Bde.);
Bodenstedt, Die Völker des Kaukasus (2. Aufl., Berl. 1855);
Haxthausen, Transkaukasia (Leipz. 1856, 2 Bde.);
Baumgarten, Sechzig Jahre des kaukasischen Kriegs (das. 1861);
Petzoldt, Der Kaukasus (das. 1866-67, 2 Bde.);
G. Radde, Vier Vorträge über den Kaukasus (Gotha 1874);
Derselbe, Ornis caucasica (Kassel 1884 ff.);
v. Thielemann, Streifzüge durch den Kaukasus (Leipz. 1874);
Grove, Frosty Caucasus (Lond. 1875);
Favre, Recherches géologiques dans la partie centrale de la chaîne du Caucase (Genf 1875);
O. Schneider, Naturwissenschaftliche Beiträge zur Kenntnis der Kaukasusländer (Dresd. 1879);
Kaukasien Koch, Der Kaukasus, Landschafts- und Lebensbilder (Berl. 1882);
Abich, Geologische Forschungen in den kaukasischen Ländern (Wien 1878 bis 1882, 2 Bde.);
Dorneth, Aus dem Kaukasus und der Krim (das. 1881);
Erckert, Der Kaukasus und seine Völker (Leipz. 1887).