Als tragisches
Drama entlehnt die Tragödie ihre
Gesetze undEinteilung vom
Tragischen. Da die »erhebende«
Wirkung
des
Tragischen desto stärker ausfällt, je mächtiger vorher dessen »zermalmende«
Wirkung gewesen ist, so geht das
Streben der Tragödie vor allem dahin, das
Leiden
[* 2] der
Helden und die
Gewalt des
Schicksals so schrecklich
zu schildern, daß der
Sieg über dasselbe desto erhabener erscheint. Die
Einteilung der Tragödie erfolgt nach
den
Gattungen des
Tragischen in die rührende Tragödie, in welcher das ergreifende, und in die pathetische Tragödie, in
welcher das erhebende
Element des
Tragischen vorherrscht, welche mit der in antike Tragödie, in welcher das
Schicksal die (physische)
Übermacht über den
Helden, und moderne Tragödie, in welcher der
Held die (moralische) Übermacht über das
Schicksal behauptet, zusammenfällt. Über die Bedeutung des
Wortes und die Geschichte der s.
Drama.
(grch., wörtlich Bocksgesang, von tragos, Bock,
[* 4] und ōdē, Gesang), Trauerspiel. Der Name weist zurück auf
den Ursprung der Tragödie, auf den Gesang des in der Gestalt bocksfüßiger Satyrn
[* 5] bei den Dionysischen Festen auftretenden Chores.
Thespis (s. d.)
wird als Erfinder der Tragödie bezeichnet, indem
er durch Hinzunahme eines Schauspielers, der sich in verschiedene Rollen
[* 6] verkleiden konnte, das dramat.
Leben in den dithyrambischen Chor brachte. Vervollkommnet nach Form und Inhalt wurde die Tragödie vor allem durch Äschylus, Sophokles
und Euripides.
Durch diese Dichter ist sie zur wirksamsten aller Dichtungsgattungen geworden, zur anschaulichsten und ergreifendsten Darstellung
des Menschen in seinem Handeln und Leiden. Der einzelne Mensch, mag er noch so berechtigte Zwecke verfolgen,
verfällt nichtsdestoweniger in sittliche Schuld, wenn er seine Zwecke und Rechte eigenmächtig von den ebenso berechtigten
der allgemeinen Weltverhältnisse losreißen und seinen Sonderwillen auf Kosten des Ganzen durchsetzen will.
Dann machen nämlich diese Weltverhältnisse gegen den Eigenwillen des kämpfenden Helden ebenfalls ihre
Rechte und Zwecke geltend und es entbrennt der heftigste Streit, der sog. tragische Konflikt. Das Ganze ist aber mächtiger
als selbst der mächtigste Einzelne. Dieser, der tragische Held, unterliegt daher, und sein Untergang ist die Buße für seine
Schuld, die Wiederherstellung der durch ihn verletzten allgemeinen Vernunft und Ordnung. In die Trauer
und das Mitleid mischt sich so ein beruhigendes Gefühl ausgleichender, mit dem Schicksal versöhnender Gerechtigkeit.
Denn die Tragödie, als die Darstellung des Kampfes zwischen dem Einzelnen und dem Allgemeinen oder, wie man sich ausdrücken kann,
zwischen der Freiheit und der Notwendigkeit, ist immer zugleich eine Verherrlichung der sittlichen Vernunft,
ein Sieg über selbstherrlichen Übermut und rechthaberischen Trotz. Aristoteles setzt daher in seiner «Poetik» den Zweck der
in die Reinigung von Leidenschaften, und denselben Gedanken spricht Schiller aus, wenn er sagt, daß das Schicksal den Menschen
erhebe, wenn es ihn zermalme. Die Alten stellen dabei die Idee der herrschenden Weltordnung in den Vordergrund,
der Einzelne ist ihr unterworfen, sie ist sein Schicksal oder Verhängnis; darum ist das Gleichgewicht
[* 7] zwischen Schuld und
Strafe zu Ungunsten des Bereuenden gestört, das Schicksal trifft schwerer als die Schuld es verdient; bei den Neuern ist das
Gemüt, der Charakter des Menschen das Erste, und er bereitet sich sein Schicksal durch seine Thaten.
Die moderne Tragödie ist daher im Gegensatz zu der antiken Schicksalstragödie wesentlich Charaktertragödie, und die Schuld des
tragischen Helden liegt hier einzig in der Sophistik des eigenen Herzens. Verfehlt war daher der Versuch, eine neuere Schicksalstragödie
(s. d.) zu schaffen. Der Schöpfer der modernen Charaktertragödie
ist Shakespeare. Auch Goethe undSchiller wandeln diesen Weg. Mit dem Begriff der Tragödie hängen die Gesetze ihrer Komposition aufs
engste zusammen. Nach Aristoteles zerfällt die Tragödie wesentlich in drei Teile. Der erste Teil zeigt die Verstrickung des Helden
in Schuld; der zweite Teil ist das Hereinbrechen der gegenwirkenden rächenden Mächte, der Wendepunkt,
wo die Schürzung aufhört und die Lösung beginnt (Peripetie); der dritte Teil ist der Untergang des Helden,
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der Sieg der Idee, die Katastrophe. Daher sind auch drei Akte eine sehr naturgemäße Einteilung, die besonders bei den Spaniern
beliebt ist. Wenn die Engländer, Franzosen und Deutschen die Einteilung in fünf Akte vorziehen, so beruht das nur auf einer
reichern und selbständigern Ausgestaltung des Gegensatzes von auf- und absteigender Handlung. Die Unterscheidung
der Tragödie je nach der Natur des Stoffs in die historische und bürgerliche Tragödie ist nur für den Stil von Bedeutung. (S. Drama.)