Tours
[* 2] (spr. tuhr), Hauptstadt des franz. Departements Indre-et-Loire und ehemalige Hauptstadt der Provinz Touraine, in fruchtbarer Ebene am linken Ufer der Loire, über welche eine 434 m lange, steinerne Brücke [* 3] nebst zwei Hängebrücken führt, wichtiger Eisenbahnknotenpunkt (Linien über Vendôme nach Paris, [* 4] nach Orléans, [* 5] Vierzon, Châtellerault, Poitiers, Sables d'Olonne, Nantes, [* 6] Le Mans), [* 7] ist von Boulevards (an Stelle der alten Festungswerke) umgeben und hat sich im S. durch neue Stadtteile bis zum Ufer des Cher erweitert. Die schöne Rue Royale teilt die Stadt in zwei fast gleiche Teile. Die hervorragendsten Gebäude sind: die gotische Kathedrale (mit zwei 70 m hohen Türmen und prächtigem Portal), die Kirchen St.-Julien (mit schönen Fresken) und St.-Martin (mit zwei schönen Türmen), der erzbischöfliche Palast, die Präfektur, das Justizgebäude, das Rathaus und das Theater. [* 8] Am Platz vor der Brücke ¶
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das Denkmal Descartes' (von Nieuwerkerke). Die Stadt zählt (1886) 59,585 Einw., welche Industrie in Woll- und Seidenstoffen,
Teppichen, Chemikalien etc., eine große Buchdruckerei, Wein- und Gemüsebau und starken Handel treiben. Tours
hat ein Lyceum, eine
Vorbereitungsschule für Medizin und Pharmazie, ein Seminar, eine Maler- und Zeichenschule, Gewerbeschule, öffentliche Bibliothek
(40,000 Bände), ein Gemälde- und Skulpturenmuseum, Antiquitäten-, Naturalien- und mineralogisches Kabinett,
einen botanischen Garten,
[* 10] eine Irrenanstalt und mehrere gelehrte Gesellschaften. Es ist der Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs,
eines Assisenhofs und eines Handelsgerichts. 1853 ward hier ein großes römisches Amphitheater aufgefunden. - Tours
hieß zur
Römerzeit Cäsarodunum, später Turones und war die Hauptstadt der Turones, kam dann unter westgotische
und nachher unter fränkische Herrschaft und stand bis in das 11. Jahrh. unter eignen Grafen. 732 siegte Karl Martell in der
Nähe von Tours
über die Araber. 853 wurde die Stadt von den Normannen geplündert und verbrannt.
Karl VII. und Ludwig XI. residierten oft und gern in der Umgegend, letzterer im Schloß Plessis lès Tours
König
Heinrich III. verlegte 1583 das Parlament hierher, wodurch die Stadt außerordentlich wuchs. Auch wurden hier die französischen
Generalstaaten mehrmals zusammenberufen sowie mehrere Konzile abgehalten. 1870 war Tours
vom 11. Sept. bis 10. Dez. Sitz der Delegation
der Regierung der Nationalverteidigung. Am ward es vom Generalleutnant v. Hartmann besetzt.
Vgl. Giraudet, Histoire
de la ville de Tours
(Tours
1874, 2 Bde.);
Grandmaison, Tours
archéologique (das. 1879).