vormaliges
ital. Großherzogtum, fast in der Mitte Italiens, jetzt Landschaft (compartimento) des Königreichs
Italien, grenzt an die Landschaften Rom, Umbrien, die Marken, Emilia und Ligurien und umfaßt die Provinzen:
Arezzo, Florenz, Grosseto, Livorno, Lucca, Massa-Carrara, Pisa und Siena mit 24,053, nach Strelbitsky 24,062 qkm (437,01 QM.)
Areal und (1881) 2,208,869 Einw. (näheres s.
unter den einzelnen Provinzen und Italien). -
Toscana ist das alte Tuscien oder Etrurien (s. d.). Nach dem Untergang des weströmischen Reichs (476 n. Chr.)
herrschten in dem Land zwischen dem Macrafluß und dem Tiber Ostgoten, dann Griechen, endlich Langobarden. Während der Herrschaft
der letztern stand es unter Lehnsherzögen, die zu Lucca residierten; Karl d. Gr. machte Toscana 774 zu einer fränkischen Provinz
und setzte Markgrafen ein. Markgraf Bonifacius II., zugleich Graf von Modena, Reggio, Mantua und Ferrara, der
reichste und mächtigste Fürst in Italien, hinterließ 1052 einen minderjährigen Sohn, Friedrich, für den seine Mutter Beatrix
die Regierung führte, und als er 1055 starb, folgte ihm sein Stiefvater Georg der Bärtige von Niederlothringen.
Beatrix und noch mehr ihre Tochter Mathilde, Markgräfin von Tuscien, waren eifrige Anhängerinnen des
Papstes, und letztere vermachte nebst ihren übrigen Besitzungen 1115 auch Toscana dem römischen Stuhl. In dem hierauf entbrennenden
Streit zwischen Kaiser und Papst um die Mathildische Erbschaft ging die politische Einheit und die fürstliche Macht unter, und
die städtischen Gemeinwesen Florenz, Siena, Pisa, Lucca, Arezzo u. a. rissen alle Gewalt in an sich. Unter
diesen erlangte Florenz die größte Macht und vereinigte im 14. und 15. Jahrh. den größten Teil von
Toscana mit seinem Gebiet.
Und als in Florenz die Familie Medici zur Herrschaft kam, gewann sie damit auch die Herrschaft von Toscana. Am 1. Mai 1532 erhob
der Kaiser Karl V. seinen spätern Eidam, Alexander von Medici, zum erblichen Herzog von Florenz. Dessen Nachfolger Cosimo I. (1537-74)
vergrößerte sein Gebiet 1555 durch die Erwerbung Sienas und wurde 1569 von Papst Paul V. zum Großherzog von Toscana ernannt und
in dieser Würde sein Nachfolger Franz (1574-87) vom Kaiser (1576) bestätigt. Derselbe hatte dann seinen
Bruder Ferdinand, bisher Kardinal, zum Nachfolger. Unter den folgenden Herzögen, Cosimo II. (gest. 1621), Ferdinand II. (gest.
1670) und Cosimo III. (gest. 1723), sank der Staat schon sichtlich.
Gemäß dem Wiener Frieden von 1735 fiel Toscana nach dem Tode des letzten Medici, Giovanni Gasto (1737), an den
Herzog Franz Stephan von Lothringen, Gemahl Maria Theresias von Österreich und nachmaligen Kaiser Franz I. Ihm folgte 1765 sein
zweiter Sohn, Großherzog Leopold, unter dessen aufgeklärter Regierung das zu einer österreichischen Sekundogenitur erklärte
Land durch weise Reformen und vorzügliche Sorge um geistige und materielle Entwickelung zu hoher Blüte
gelangte.
Als Leopold 1790 Kaiser ward, folgte ihm in Toscana sein zweiter Sohn, Ferdinand III., der im Sinn seines Vaters regierte. 1793 trat
er der Koalition gegen Frankreich bei, schon 1795 aber schloß er einen Neutralitätsvertrag mit letzterm. Dessenungeachtet
besetzte Bonaparte 1796 Livorno. 1797 ward der Abzug der Franzosen mit 1 Mill. Frank erkauft; aber schon
im März 1799 rückten dieselben, nachdem sie nochmals 2 Mill. Fr. erpreßt hatten, wieder in Toscana ein und nötigten den Großherzog,
das Land zu verlassen. Im Frieden von Lüneville 1801 mußte derselbe Toscana gegen Salzburg abtreten; Toscana aber,
das zu
mehr
einem Königreich Etrurien umgeschaffen ward, erhielt 21. März der Infant Ludwig von Parma. Durch den Vertrag von Fontainebleau vom 27. Okt. 1807 zwischen
Frankreich und Spanien ward Etrurien von letzterm gegen das nördliche Portugal an Frankreich abgetreten und durch Dekret vom 24. März 1808 mit
demselben vereinigt. Am 2. März 1809 erhielt Napoleons Schwester Elisa Bacciocchi den Titel einer Großherzogin
von Toscana. Nach dem Sturz Napoleons I. erhielt Ferdinand 1814 Toscana zurück, dazu den ehedem zu Neapel gehörigen Stato degli Presidj,
die Insel Elba und die Anwartschaft auf die Erbfolge in Lucca.
Ferdinand III. starb 18. Juni 1824; ihm folgte sein Sohn Leopold II., welcher, von seinem Minister, dem Grafen
Fossombroni, unterstützt, im Sinn seines Großvaters und Vaters zu regieren sich bemühte. Straßenbauten, großartige Arbeiten
zur Entwässerung der Maremmen, Erweiterung des Hafens von Livorno, Industrieausstellungen, Reorganisation des Studienwesens zeugten
von dem Eifer und der Einsicht der Regierung, durch die Toscana sich in geistiger und materieller Kultur außerordentlich
hob.
Seit dem Tod Fossombronis (1844) aber machte sich bald der reaktionäre Einfluß Österreichs fühlbar. Infolge der Abdikation
des Herzogs Karl von Lucca ergriff der Großherzog von Toscana, gemäß der Wiener Kongreßakte vom 9. Juli 1815, am 11. Okt. 1847 von Lucca
Besitz und trat Fivizzano an Modena, Pontremoli an Parma ab. Die Nachwirkungen der Pariser Februarrevolution
rissen auch Toscana von dem Weg der Reform auf den der Revolution. Schon vorher, unterm 17. Febr., hatte der Großherzog eine liberale Konstitution
proklamiert. Es folgten der Erlaß eines neuen Preßgesetzes (21. Mai), die Krëierung von Ministerien des
Kultus und Unterrichts (5. Juni) und die Eröffnung der Kammern (26. Juni), ohne daß die revolutionäre Partei befriedigt worden wäre.
Das neue Ministerium Capponi ergriff im Auftrag der Kammern strengere Maßregeln; als aber bei einem am 25. Aug. ausbrechenden
Aufstand zu Livorno, wo Guerrazzi (s. d.) der Hauptführer der Bewegung war, das Militär gemeinschaftliche
Sache mit den Aufständischen machte und in Florenz selbst das Volk sich erhob, warf sich der Großherzog eingeschüchtert der
demokratischen Partei in die Arme und berief ein Ministerium Montanelli-Guerrazzi, flüchtete aber 23. Jan. 1849 nach Gaeta.
Schon 8. Febr. setzte die Deputiertenkammer eine provisorische Regierung ein, welche eine Konstituierende Versammlung
von 120 Mitgliedern einberief, und proklamierte 15. Febr. die Republik. Die 25. März eröffnete Nationalversammlung übertrug am 27. Guerrazzi
die exekutive Gewalt in Form der Diktatur. Gleichzeitig aber begann zu Florenz die Gegenrevolution, und dieselbe siegte mit
Hilfe der herbeigezogenen Truppen und der Nationalgarden so schnell, daß bereits 11. und 12. April die Republik
beseitigt war.
Von Florenz aus verbreitete sich die Gegenrevolution schnell über das Land. Eine Deputation begab sich nach Gaeta, um Leopold
zur Rückkehr einzuladen; dieser ernannte 1. Mai von Gaeta aus den Generalmajor Serristori zu seinem außerordentlichen Kommissar
und berief am 24. ein neues Ministerium unter der Präsidentschaft Baldasseronis. Schon 11. Mai ward nach zweitägigem
Widerstand Livorno, das bisher noch Widerstand geleistet hatte, von den Österreichern unter d'Aspre besetzt, und am 25. rückten
dieselben in Florenz ein.
Der Großherzog proklamierte bei seiner Rückkehr 28. Juli zwar eine umfassende Amnestie, schloß aber 27. April 1850 mit
Österreich eine Militärkonvention, der zufolge
10,000 Mann Österreicher bis auf weiteres in Toscana bleiben sollten. 1851 wurde
mit Rom ein Konkordat über Modifikation der Leopoldinischen Gesetze abgeschlossen, welches der Kirche unumschränkte Freiheit
gewährte und den Staat in ihren Dienst stellte; durch Dekret vom 8. Mai 1852 wurde die Konstitution vom 17. Febr. 1848 außer
Geltung gesetzt und die Herstellung der unumschränkten Souveränität verkündigt.
Die österreichischen Truppen räumten Toscana erst im Frühjahr 1855. Der Ausbruch des Kriegs zwischen Österreich und Frankreich
im Frühjahr 1859 riß auch Toscana in den Strudel der Begebenheiten hinein. Nachdem Leopold 24. April eine Aufforderung zum
Anschluß an Sardinien abgelehnt, brach am 27. ein Aufstand in Florenz aus, welcher den Großherzog veranlaßte, das Land zu
verlassen. Es ward sofort eine provisorische Regierung eingesetzt und der König von Sardinien zum Diktator ausgerufen.
Derselbe lehnte zwar die Diktatur ab, übernahm dagegen am 30. das Protektorat über Toscana und ernannte seinen
Gesandten in Florenz, Boncompagni, zum außerordentlichen Generalkommissar während der Dauer des Unabhängigkeitskriegs. Der
Großherzog Leopold II. entsagte durch Abdikationsurkunde vom 21. Juli dem Thron zu gunsten seines ältesten Sohns, Ferdinands IV.,
und dieser erließ sofort eine Proklamation an die Toscaner, welche Aufrechthaltung der Verfassung und
Anerkennung der Rechte der Nation verhieß.
Sie verhallte aber wirkungslos. Die Landesversammlung, die 11. Aug. zusammentrat, beschloß am 16. die Thronentsetzung des Hauses
Lothringen und den Anschluß Toscanas an das Königreich Sardinien. Letzterer erfolgte hierauf auf Grund der allgemeinen Abstimmung
vom 11. und 12. März 1860 am 22. März. Am 16. April hielt Viktor Emanuel in Florenz seinen Einzug. Ein 17. Febr. 1861 erschienenes
Dekret Viktor Emanuels hob auch den letzten Rest der Autonomie Toscanas auf und machte dasselbe vollständig zu einem Teil des
neuen Königreichs Italien.
Die entthronte großherzogliche Familie lebt in Österreich.
Vgl. Galluzzi, Istoria del granducato di Toscana sotto
il governo della casa Medici (Flor. 1787, 5 Bde., u. öfter);
Ricasoli und Ridolfi, Toscana ed Austria (das. 1859);
A. Zobi, Storia civile della Toscana dal 1737 al 1848 (das. 1850-52, 5 Bde.);
Napier, Florentine history (Lond. 1847, 6 Bde.);
v. Reumont, Geschichte Toscanas seit dem Ende des florentinischen Freistaats (Gotha 1876-77, 2 Bde.);
v.
Wurzbach, Die Großherzöge von Toscana (Wien 1883).
ehemaliges Großherzogtum (1725-99 und 1814-59 als österr. Sekundogenitur), das 1860 im Königreich Italien
aufging und auf 22338 qkm (1861) 1826334 E. hatte. Jetzt bildet Toscana mit Massa und Carrara (vom frühern
Herzogtum Modena) das ital. Compartimento Toscana, das im NW.
von Ligurien, im N. von der Emilia, im NO. von der Romagna, im O. von den Marken, im SO. von Umbrien und der Romagna,
im SW. vom Tyrrhenischen und im W. vom Ligurischen Meer begrenzt wird. Hauptstadt ist Florenz. (S. Karte: Ober-und Mittelitalien.)
Das Compartimento umfaßt folgende Provinzen:
Provinzen
Flächenraum in qkm offiziell
nach Strelbitskij
Einwohner 1881
Einw. auf 1 qkm
Arezzo
3309
3297
238744
72
Florenz
5873
5799
790776
134
Grosseto
4420
4586
114295
26
Livorno
326
343
121612
373
Lucca
1493
1410
284484
190
Massa e Carrara
1779
1678
169469
95
Pisa
3056
3123
283563
92
Siena
3795
3826
205926
54
Toscana
24051
24062
2208869
91
Die neue Ausmessung der Generaldirektion der Statistik ergab einen Flächenraum von 24070 qkm, eine Berechnung
vom 31. Dez. 1896: 2317740 E., d. i. 97 E. auf 1 qkm.
Geschichte. Toscana, im Mittelalter Tuscia, das Mittelstück des alten Etrurien (s. d.), dessen Unterwerfung die Römer 280 v. Chr.
vollendeten, verlor unter diesen seine frühere Bedeutung ganz. Nach langem Niedergang nahm es einen neuen Aufschwung unter
den Kaisern (s. Florenz), ward 476 ein Teil von Odoakers Reich, blühte neu auf unter der Ostgotenherrschaft,
fügte sich aber leicht den eindringenden Griechen unter Narses. Den Langobarden folgten im Besitz von Toscana die Karolinger,
nach deren Aussterben die Herzöge von Spoleto wieder wenigstens einen Teil von Toscana als unabhängige Machthaber beherrschten.
Von Bedeutung ward
dann Toscana unter der dem päpstl. Stuhl unbedingt ergebenen Markgräfin Mathilde (s. d.),
die das Haupthindernis für Heinrich IV. in seinem Kampf gegen die Kurie bildete. Nach ihrem Tode (1115) erhob sich der große
Streit zwischen den Kaisern und Päpsten um ihr Erbe, die sog. Mathildischen Güter. 1133 übertrug es Lothar
von Supplinburg Heinrich dem Stolzen. 1139-53 beherrschte Toscana der von Konrad III. eingesetzte Markgraf Hulderich, dem der Bruder
Heinrichs des Löwen, Welf, und 1195 der fünfte Sohn Friedrichs I., Philipp, nachfolgten.
Otto IV. erneuerte 1210 die kaiserl. Ansprüche auf die Mathildischen Güter, und auch Friedrich II. machte alsbald
nach seinem Sieg in Deutschland die Reichsrechte in den Städten T.s mit Festigkeit geltend. Nach Friedrichs Tode gewannen in
Umbrien und Toscana die Guelfen im Anschluß an das Papsttum die Oberhand, jedoch brachte ihre Niederlage (1260) fast ganz Toscana dazu,
Manfred zu huldigen. Der Sieg Karls I. von Anjou über Manfred hatte aber in ganz Toscana wieder sofort den Umschlag
zu Gunsten der Guelfen zur Folge.
Die unaufhörlichen Kämpfe der neuen Parteiung der Bianchi und Neri, welche an Stelle der frühern Scheidung in Ghibellinen
und Guelfen trat, begünstigten in den Städten die Umtriebe einzelner, welche die Herrschaft in ihre Hand
zu bekommen suchten. In diesen Kämpfen breitete Florenz (s. d.), das als Haupt der guelfischen Partei in Toscana galt,
seine Herrschaft immer weiter aus, während neben ihm Lucca, Pisa und Siena (s. diese Artikel) eine selbständige Stellung
behaupteten.
Nach manchen Wechseln von Gewalt- und Pöbelherrschaft führte in Florenz der Versuch der Albizzi, ihre
Herrschaft aufzurichten, 1434 dazu, daß die dem Volke günstigen Medici (s. d.) an die Spitze kamen. Ähnliche innere Kämpfe
führten in den andern Städten T.s teils zur vorübergehenden Herrschaft einzelner, so in Lucca und Pisa, teils ebenfalls
zur Aufrichtung einer neuen Aristokratie, so in Siena, teils zum Anschluß an den Kirchenstaat, so in Perugia.
Die Versuche der deutschen Kaiser, Karls IV. und Sigismunds, dagegen, in dem vom Städtekrieg zerrissenen Land wieder Bedeutung
zu erlangen, scheiterten noch entschiedener als die der Päpste.
Das Endergebnis dieser Kämpfe war die Einigung von ganz Toscana bis auf Lucca und Siena unter der Herrschaft
von Florenz, das seinerseits wieder den Medici unterstand, die endlich nach mancherlei Wechselfällen (s.
Medici und Florenz) 1532 das erbliche Herzogtum erlangten. Der erste Herzog war Alessandro de' Medici, den seine Anhänger 4. April 1532 zum
Herzog von Florenz erhoben. Alessandros gewaltthätiger Regierung machte 7. Jan. 1537 seine Ermordung durch
seinen Vetter Lorenzino ein Ende, worauf Cosimo I. zum erblichen Herzog gewählt wurde.
In den Kampf Karls V. gegen Siena wurde Cosimo I. hereingezogen, indem Frankreich den Oberbefehl in Siena an seinen Feind Pietro
de Strozzi übergab; nachdem Siena 17. April 1555 sich dem Kaiser ergeben, erhielt es Cosimo 3. Juli 1557 von Philipp
II. von Spanien, als dieser seiner gegen Paul IV. bedurfte, zu Lehn; ein Teil des sienesischen Gebietes jedoch wurde als Stato
degli presidii abgetrennt und blieb spanisch. Außerdem hatte Cosimo schon 1546 sich die Anwartschaft auf Piombino (s. d.)
durch ein Anlehen an Karl V. erworben und gelangte 1552 in dessen Besitz, mußte aber 1557 dasselbe bis
auf Porto-Ferrajo an die Appiano zurückgeben. Nach dem Frieden von
mehr
Câteau-Cambrésis verließen die Franzosen vollends Toscana. Durch Kauf erwarb Cosimo 1562 die Herrschaft Pitigliano. Am 24. Aug. 1569 erteilte
ihm Pius V. den Titel Großherzog von Toscana, als welcher auch Francesco I. anerkannt wurde, dem Cosimo unter Vorbehalt des Titels und
der letzten Entscheidungen schon 11. Mai 1564 die Regierung abgetreten hatte. Dieser begab sich aber ganz
in das Schlepptau Spaniens, und das Land geriet unter dem Druck des Adels und der Beamten immer mehr in Verfall, während das
Banditentum emporblühte.
Neu gehoben wurde Toscana unter Ferdinand I. (s. d.) und zugleich
befreit von der Abhängigkeit von Spanien. Die Gunst der österr. Habsburger wußte er sich durch wirksame
Unterstützung gegen die Mohammedaner zu erwerben, gegen die auch seine eigene Flotte mit Glück kämpfte. Das Banditenwesen
schlug er kräftig nieder. Unter dem Großherzog Cosimo II. (s. Medici) gelang es Spanien wieder, Toscana zu Geld- und Truppenleistungen
zu bewegen. Ferdinand II., welcher 28. Febr. 1621 unter Vormundschaft 11jährig nachfolgte, mußte sich in
den Verlust der urbinatischen Herrschaft fügen, auf die er Erbansprüche hatte, die aber Urban VIII. 1631 einzog; dagegen
verkaufte Spanien Pontremoli und Gebiet (79 Ortschaften) in seiner Geldnot an Toscana, das dann bei der Wiedereroberung des von
den Franzosen besetzten Piombino und Porto-Longone kräftige Hilfe leistete.
Bei Cosimo III., welcher 24. Mai 1670 seinem Vater nachfolgte, trat bald Prunksucht und Frömmelei abschreckend hervor. Während
des Spanischen Erbfolgekrieges zerrütteten Seuchen und die Reichskriegssteuern das Land vollends, das schon seit 1711 bei
dem voraussichtlichen Aussterben der Medici Gegenstand der Verhandlungen der verschiedenen Mächte war;
doch gelang es seinem Sohn, dem letzten Mediceer Johann Gaston, der ihm 1723 folgte, trotz der drohenden Haltung namentlich
Spaniens, welches die von den Mächten zugestandene Erbfolge von Philipps V. Sohn, Don Carlos, sicher stellen wollte, sich bis
an sein Ende (9. Juli 1737) zu halten. An Stelle von Don Carlos wurde aber schon im Wiener Friedensvertrag 1735 die
Nachfolge Franz Stephans von Lothringen (s. Franz I., deutscher Kaiser), der 1736 Maria Theresia heiratete, zugesichert.
Dieser ließ 1737 Toscana durch österr. Truppen besetzen und übertrug die Regierung dem Fürsten von Craon. An seine Stelle trat 1749 Graf
Richecourt, 1757 der verhaßte Marschall Antonio Botta Adorno. Im Innern begann schon unter dieser Regentschaft
die große Umwandlung, die Leopold I. (s. Leopold II., deutscher Kaiser), der seinem Vater 1765 folgte, weiter führte; das Fideïkommiß-
und Lehnswesen wurde gesetzlich neu geregelt, das Finanz- und Schuldenwesen des Staates einigermaßen verbessert, der übermäßige
Besitz der Toten Hand und die Inquisition wurden eingeschränkt.
Der weisen, wenn auch rücksichtslosen Regierung verdankt das Land zum großen Teil seine neuere Blüte. Als Leopold durch den
Tod seines Bruders Joseph II. 1790 auf den Kaiserthron gelangte, übergab er Toscana seinem zweiten Sohne, Großherzog Ferdinand III.
(s. d.). Obwohl dieser in den Französischen Revolutionskriegen seine Neutralität zu bewahren suchte,
wurde er doch mit in die Niederlage Österreichs verwickelt. Er mußte im März 1799 nach Wien flüchten und im Frieden zu Lunéville 9. Febr. 1801 auf
Toscana Verzicht leisten, wofür er eine Entschädigung in Deutschland erhielt.
Schon vorher hatte Napoleon I. Toscana nebst dem Stato degli presidii unter
dem Namen eines Königreichs Etrurien
(s. d.) an den Herzog Ludwig von Parma 1. Okt. 1800 verliehen; 10. Dez. 1807 hatte er ihm dasselbe wieder genommen und es 24. Mai 1808 dem
franz. Kaiserreich einverleibt. Napoleons Schwester Elisa Bacciocchi (s. d.) residierte in Florenz als Generalstatthalterin
und führte den Titel einer Großherzogin von Toscana. Ihrem Gemahl waren schon 1805 die Fürstentümer Lucca und Piombino verliehen.
Nach Napoleons Sturz kehrte Ferdinand III. im Sept. 1814 nach Florenz zurück, nachdem ihm das von Murat besetzte Toscana im April
zurückgegeben war. Durch die Wiener Kongreßakte von 1815 wurden Elba, der Stato degli presidii und Piombino
definitiv mit Toscana vereinigt. Zugleich erhielt Toscana das Heimfallsrecht für das Fürstentum Lucca, welches
dem rechtmäßigen Erben von Parma, Herzog Karl II., zugeteilt wurde.
Wie fast alle ital. Fürsten geriet auch Großherzog Ferdinand III. bei seiner Rückkehr in Abhängigkeit von der Politik
Österreichs und mußte durch den Vertrag vom 12. Juli 1815 für den Kriegsfall die toscan. Truppen dem österr.
Kommando unterstellen. Im übrigen regierten Ferdinand III. (gest. 18. Juni 1824) und sein Sohn
und Nachfolger Leopold II. (s. d.), unterstützt von den Ministern Graf Fossombroni (1814-44) und Fürst Neri Corsini (s. d.),
in dem milden und aufgeklärten Geiste ihres Vorfahren.
Als die ital. Reformbewegung auch Toscana ergriff, ließ Leopold II. sich von derselben vorwärts treiben und lehnte den angebotenen
militär. Beistand Österreichs ab. Eine Staatskonsulta ward 24. Aug. 1847 eingesetzt und wesentliche liberale Zugeständnisse
gemacht. Nach der Abdankung des Herzogs Karl II. von Lucca wurde dieses Fürstentum 11. Okt. 1847 mit Toscana vereinigt.
Dagegen mußte Toscana, gemäß den Verträgen vom 10. Juni 1817 und 28. Nov. 1844, den Distrikt Pontremoli u. s. w. an das Herzogtum
Parma und den Distrikt Fivizzano an das Herzogtum Modena abtreten, was nicht ohne Widerstreben der Bevölkerung geschah.
Nachdem der König von Neapel das Beispiel gegeben, verlieh auch Leopold II. seinem Volke 15. Febr. 1848 eine
Konstitution. Beim Ausbruch des Aufstandes in der Lombardei zogen auch toscan. Truppen und Freikorps in den Nationalkrieg gegen
Österreich, und der Großherzog legte den österr. Erzherzogstitel ab. Am 26. Juni 1848 wurde die neu gewählte Volksvertretung
(Senat und Deputiertenkammer) eröffnet. Doch weder der Minister Marchese Ridolfi noch sein Nachfolger Marchese Capponi vermochten
der Bewegung Einhalt zu thun, die unter der Führung Guerrazzis (s. d.) und anderer Agitatoren immer mehr einen revolutionären
Charakter annahm. In Livorno kam es seit dem 25. Aug. zu wiederholten Aufständen und Straßenkämpfen, bei
denen das Militär sich als unzuverlässig erwies.
Nach Capponis Rücktritt warf Leopold II. sich ganz in die Arme der demokratischen Partei und erwählte 27. Okt. 1848 ein Ministerium,
in dem Professor Montanelli den Vorsitz und das Auswärtige, Advokat Mazzoni die Justiz, Guerrazzi das Innere erhielten. Bei
Eröffnung der neuen Kammer 10. Jan. 1849 mußte der Großherzog sich in seiner Thronrede sogar für die Erneuerung
des ital. Nationalkrieges gegen Österreich aussprechen. Auch genehmigte er den Plan zur Einberufung einer Konstituierenden
Versammlung nach Florenz, die selbständig über die polit. Gestaltung Italiens entscheiden sollte. Innerlich stand aber Leopold II.
der Bewegung
mehr
abgeneigt gegenüber und 21. Febr. verließ er Florenz und begab sich nach der neapolit. Festung Gaeta, wo auch Pius IX. eine Zuflucht
gefunden hatte. Darauf hin ward in Florenz eine provisorische Regierung (Montanelli, Mazzoni, Guerrazzi) eingesetzt; diese
berief eine Konstituierende Versammlung für Toscana, welche 27. März Guerrazzi mit der Diktatur
bekleidete. Schon 11. bis 12. April bewirkte indessen die gemäßigte liberale Partei in Florenz eine Gegenrevolution; Guerrazzi
nebst seinen hervorragendsten Anhängern wurde verhaftet und die Konstituierende Versammlung aufgelöst, der florentin.
Magistrat übernahm die Regierung und lud den Großherzog ein, als konstitutioneller Herrscher wieder in sein Land zurückzukehren.
Dieser bestellte 24. Mai ein neues Ministerium unter dem Vorsitz Baldasseronis; gleichzeitig rückte, mit
geheimer Zustimmung des Großherzogs, ein österr. Armeekorps unter Feldzeugmeister d'Aspre in Toscana ein. Livorno ward nach zweitägigem
Widerstand 11. Mai erstürmt, das übrige Land unterwarf sich der Übermacht. Erst im Juli 1849 kehrte Leopold II. nach Florenz
zurück und erließ eine Amnestie.
Am 22. April 1850 erfolgte der Abschluß einer Militärkonvention mit Österreich, der zufolge ein österr. Occupationskorps von 10000 Mann in
Toscana verblieb. Im Sept. 1850 ward die toscan. Verfassung förmlich suspendiert, 6. Mai 1852 definitiv außer Kraft gesetzt. Seitdem
lenkte die Regierung T.s unter Baldasseroni vollständig in die Bahnen der Reaktion ein. Durch das Konkordat
vom 19. Juni 1851 gewann die Kurie unumschränkte Freiheit, und zugleich begann eine gehässige Verfolgung gegen alle Spuren des
Protestantismus. Erst während des Orientkrieges im Mai 1855, zogen die österr. Truppen aus Toscana ab, nachdem diese Occupation
dem Lande 30 Mill. Lire gekostet hatte, und der Belagerungszustand in Livorno ward endlich aufgehoben.
Der Italienische Krieg von 1859 wurde für das Schicksal T.s und seiner Dynastie entscheidend. Januar bis Februar machte Leopold II.
eine Reise nach Rom und Neapel, wo er sich mit Papst Pius IX. und König Ferdinand II. über eine gemeinsame
polit. Haltung verständigte. Nach seiner Rückkehr nahm die toscan. Politik entschieden für Österreich Partei. Diese antinationale
Haltung steigerte die Gärung aufs höchste. Der nationalgesinnte Marchese de Lajatico, den der Großherzog mit der Bildung
eines neuen Ministeriums beauftragt hatte, riet ihm Abdankung zu Gunsten des Erbgroßherzogs Ferdinand an. Darauf wollte
Leopold II. sich nicht einlassen; er vollzog eine Urkunde, worin er gegen die vorgefallenen Ereignisse
protestierte, und reiste dann mit seiner Familie nach Österreich ab (27. April 1859). In Florenz bestellte der Magistrat sofort
eine provisorische Regierung (Peruzzi, Malenchini, Danzini), die den König von Sardinien bat, die Diktatur in Toscana zu
übernehmen. Victor Emanuel II. lehnte dies ab, nahm aber Toscana für die Dauer des Krieges in seinen Schutz und ernannte Boncompagni di Mombello
(s. d.) zu seinem Generalkommissar daselbst.
Am 8. Mai trat Boncompagni die Regierung an und berief ein Ministerium unter Ricasolis Vorsitz und eine Consulta von Vertrauensmännern.
Unterdessen landete das franz. 5. Armeekorps in Livorno; der Oberbefehlshaber Prinz Jérôme Napoleon nahm 31. Mai sein
Hauptquartier zu Florenz. Am 10. Juni wurde angeordnet, daß alle Beamten dem König Victor Emanuel als «Protektor der
Nationalregierung
von Toscana» den Eid leisten sollten. Die Friedenspräliminarien von Villafranca 11. Juli bestimmten die Restauration der
habsburgisch-lothring.
Dynastie in Toscana; Leopold II. dankte 21. Juli zu Vöslau zu Gunsten des Erbgroßherzogs Ferdinand IV. ab. Jedoch die Consulta,
der Magistrat von Florenz u. s. w. sprachen sich gegen ihn aus, und als eine amtliche Abstimmung der Municipalitäten angeordnet
wurde, erklärten sich 225 für die Absetzung der Dynastie, 1 dagegen, und 20 enthielten sich ihres Votums.
Da Sardinien jetzt den Generalkommissar Boncompagni abrufen mußte, so übernahm 1. Aug. Ricasoli die Oberleitung. Am 16. Aug. erklärte
die kurz zuvor gewählte Nationalversammlung einstimmig die Absetzung der habsburgisch-lothring.
Dynastie, 20. Aug. erklärte sie sich gleichfalls mit Einstimmigkeit für die Annexion an Sardinien. Bei der
Volksabstimmung vom 11. und 12. März 1860 sprachen sich 386445 Stimmen für die Annexion, 14925 für einen besondern Staat aus.
Darauf ward Toscana durch Dekret Victor Emanuels vom 22. März mit dem Königreich Sardinien vereinigt, wogegen der Großherzog Ferdinand
IV. (zu Dresden 26. März) vergebens protestierte. Um das provinzielle Selbstbewußtsein zu schonen, ward vorläufig
Ricasoli als Generalgouverneur in Toscana belassen, und Prinz Eugen von Savoyen-Carignan ging als königl. Statthalter und Oberbefehlshaber
nach Florenz. Doch zu Anfang 1861 traten beide zurück, und die Einverleibung ward vollständig durchgeführt.
Vgl. Rohault de Fleury, La au moyen âge (2 Bde., Par. 1874);L. Pignotti, Storia della Toscana sino al principato (9 Bde.,
Pisa 1813-14; 3. Aufl., 6 Bde., Flor.
1825);
Reumont, Geschichte T.s seit dem Ende des florentin. Freistaates (2 Bde.,
Gotha 1876-77; namentlich seit 1848 aber zu berichtigen durch Reuchlin, Geschichte Italiens, Bd. 3 u. 4, Lpz. 1870-73);
R.
Galluzzi, Istoria del granducato di Toscana sotto il governo della casa Medici (5 Bde.,
Flor. 1781 u. ö.; deutsch im Auszug, 2 Bde., Dresd. und Lpz. 1784-85);
A. Zobi, Storia civile della Toscana 1737-1848 (5 Bde.,
Flor. 1850-52);
ders., Manuale storico delle massime e degli ordinamenti economici vigenti in Toscana (ebd. 1847);
ders.,
Memorie economico-politiche e sommario di documenti officiali, ossia di danni arrecati dall' Austria alla Toscana 1737-1859 (2
Bde., ebd. 1860);
Leopoldo II e i suoi tempi, memorie di G. Baldasseroni (ebd. 1871);
Cambray-Digny, Ricordi sulla commissione
governativa toscana del 1849; Montanelli, Memorie sull' Italia e specialmente sulla Toscana dal 1814 al 1850 (2
Bde., Tur. 1853-55);
E. Poggi, Memorie storiche del governo della Toscana (3 Bde.,
Pisa 1871);
Atti e Documenti del governo della Toscana dal 27 Aprile in poi (Flor. 1859-60);
Galeotti, L'Assemblea toscana (ebd.
1859);
A. Zobi, Cronaca degli avvenimenti nel 1859 (ebd. 1859-60);
Compendio della storia toscana fino
all' anno 1818 (2 Bde., Livorno 1819);
Canestrini, Négociations diplomatiques de la France avec la Toscana (hg. von Desjardins, 6 Bde.,
1859-86);L. Cantini, Legislazione toscana (Flor. 1800 fg.);
A. Lumini, La reazione in Toscana nel 1799 (Cosenza 1892);
C. Merkel,
Bibliografia degli anni 1885-91 (im «Bullet. ital.
storico» 1892, No. 12).