Torpedoboot
,
s. Torpedo, S. 767.
Torpedoboot
2 Seiten, 987 Wörter, 7'048 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Torpedoboot,
s. Torpedo, S. 767.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Torpedoboot,
kleines, schnelles Fahrzeug, deren Hauptwaffe der Torpedo (s. d.) ist. Man unterscheidet
Spieren- (Stangen-) und Fischtorpedoboote;
erstere fanden bereits im amerik. Bürgerkriege erfolgreiche Verwendung. Sie waren
noch sehr klein, wurden deshalb nach dem jüd. König Davids genannt, hatten am Bug eine etwa 10 m lange Stange, an der sich
der Torpedo befand, der beim Anstoßen gegen das feindliche Schiff
[* 2] explodierte. Berühmt ist der Angriff
des Lieutenants Cushing der Nordstaatenmarine auf das Panzerschiff
[* 3] Albemarle gegen 3 Uhr
[* 4] morgens im Roanokefluß.
Durch die Explosion des Torpedos
[* 5] erhielt die Albemarle ein großes Loch dicht unter der Wasserlinie und ging in wenigen Minuten
unter, aber auch das Boot wurde durch die aufgeworfene Wassermasse zum Sinken gebracht. Im Russisch-Türkischen
Kriege von 1877 und 1878 wurden zwei türk. Monitors (s. d.)
auf der Donau von den Russen mit Stangentorpedos in Nachtangriffen von Booten aus zerstört. Die ersten größern Torpedoboot
waren der 1865 gebaute
amerikanische gepanzerte Spuyten Duyvel, der englische Vesuvius, beide mit 10 Seemeilen Geschwindigkeit,
der deutsche Ulan, sämtlich für Spierentorpedos eingerichtet.
Zur Zeit des deutsch-franz. Krieges hatte die deutsche Marine eine große Anzahl ziemlich untauglicher Stangentorpedoboote
,
die nur 8 Knoten liefen und nicht zur Verwendung kamen. Die ersten tauglichen Torpedoboot
, sowohl für Stangen- wie Fischtorpedos,
baute die engl. Werft Thornicroft. In Deutschland
[* 6] hatte die Schichausche Werft in Elbing
[* 7] (s. Schichau)
bereits eine große Zahl Torpedoboot
für die russische Marine gebaut, als die deutsche Admiralität die Torpedoboot
aller renommierten Firmen
durch eingehende Versuche gleichzeitig prüfen ließ; hierbei ergab sich die Überlegenheit der Schichauschen Torpedoboot
, der
Schöpfung des Ingenieurs Ziese (s. d.), in dem Maße, daß später auch in der engl. Marine diese Form
unter der Bezeichnung German type bevorzugt wurde.
Diese Torpedoboot
sind meist 35-45 m lang und 85-145 t groß, mit einem Tiefgang von etwa 2 m; aus Stahl gebaut, vereinigen sie größte
Stärke
[* 8] mit größter Leichtigkeit (s. Tafel: Torpedos und Seeminen,
[* 9]
Fig. 6). Über Wasser haben sie nur
geringe Höhe und sind ganz eingedeckt; der vorderste Teil trägt bis zum vordern Turm
[* 10] ein sog. Walfischdeck, gewölbt, damit
Geschosse
[* 11] abprallen und das Seewasser ablaufen kann. Der Vordersteven selbst ist so scharf wie möglich, an beiden Seiten
ragen die Lancierrohre (s. Torpedo) nach außen heraus.
Der darunter befindliche Raum dient zur Unterbringung der Torpedos, ihrer Munition und der Lanciervorrichtung (s. Fig. 5a u. b) sowie der Luftpumpe [* 12] zum Füllen der Torpedos; hieran schließt sich der Mannschaftsraum (1), wo 15-20 Mann bequem Platz finden. Der darüber befindliche Turm (6) enthält das Dampfruder, mit dem das Boot gesteuert wird; Durchsichtsgläser gestatten das Ausguckhalten. Zur Ventilation kann die ganze Decke [* 13] des Turms emporgeschraubt werden, so daß darüber ein offener Spalt entsteht.
Das Turmdach trägt eine Hotchkiß-Revolverkanone. Durch ein wasserdichtes Querschott getrennt, schließt sich nach hinten der Kesselraum (2), oben sichtbar durch den Schornstein, an. Hier arbeitet zur Herstellung des forcierten Zugs eine Ventilationsmaschine, die einen Luftüberdruck im Raum von etwa 1½ bis 2 Atmosphären hervorruft. Der Kessel ist ein Lokomotivkessel von 10 bis 12 Atmosphären Druck. Nach einem weitern Schott folgt der Maschinenraum (3); eine dreicylindrige Compoundmaschine bringt bis 380 Umdrehungen der Schraubenwelle pro Minute hervor. An das in [* 9] Fig. 6 ersichtliche Maschinenluk stößt der hintere Turm, der ebenso wie der vordere eingerichtet ist und auch eine Revolverkanone oder bei neuern Booten eine 5 cm-Schnellfeuerkanone trägt.
Dieser Turm enthält eine zweite Handsteuervorrichtung und bildet den Niedergang zu der ebenfalls von Querschotten eingeschlossenen Kommandantenkajüte (4); es befinden sich außerdem hier die Maschinistenkammer und der Munitionsraum für die Geschütze. [* 14] Der hinterste Raum (5) dient zur Unterbringung von Proviant und Material, sowie der Segel, die im Fall von Maschinenhavarie an den beiden hauptsächlich zum Signalisieren dienenden Masten gesetzt werden können.
Die Kohlenbunker befinden sich zu beiden Seiten des Kesselraums, so daß sie, wenn gefüllt, gleichzeitig
als Panzerschutz wirken. Der Kohlenvorrat ist derart, daß die Torpedoboot
bei mäßiger Geschwindigkeit transatlantische Reisen machen
können. Auf dem Achterdeck hinter dem zweiten Turm ist eine drehbare Torpedokanone auf Mittelpivot für Breitseitschuß nach
beiden Seiten ausgestellt. Die meisten Torpedoboot
sind auch mit einer Dynamomaschine zum Betrieb
eines elektrischen Scheinwerfers sowie des Kaselowskyschen Signalapparates (s. Signal) ausgerüstet.
Die Besatzung ist besonders ausgebildet bei den Torpedoabteilungen (s. d.) und besteht bei den Booten von etwa 90 t Größe aus 1 Seeoffizier
als Kommandanten, 1 Maschinisten, 2 Bootsmanns-, 3 Maschinistenmaaten, 4 Matrosen und 4 Heizern. Die großen, sog. Hochseetorpedoboote
werden als besondere Flottille der Schlachtflotte beigegeben, um diese in ihren Operationen gegen feindliche Flotten zu unterstützen
und sie gegen feindliche Torpedoboot
sangriffe zu sichern. Torpedoboot werden selten einzeln einen Angriff ausführen, meist zu 4-6 Booten
vereint (Torpedoboot
sdivision).
Die Taktik des Angriffs erinnert an die Kavallerie; in breiter Frontlinie, überraschend und schnell, geht
man dem Feind so nahe als möglich zu Leibe, lanciert zuerst die Bugtorpedos und schickt dann beim Abschwenken die Breitseittorpedos
nach. Je geringere Zielfläche die Torpedoboot
dem Feinde bieten, desto besser; dabei dürfen sie aber nicht zu Unterwasserbooten (s. d.)
werden, da bei diesen die Verfolgung eines beweglichen Ziels durch keinerlei Hilfsmittel hinreichend
sicherzustellen ist.
Während man sich in Deutschland zu einem einheitlichen System größerer seefähiger und selbständiger Torpedoboot
entschieden hat,
ist in vielen Marinen neben diesen noch eine bedeutend kleinere Gattung in sehr großer Zahl vorhanden, die nur in nächster
Nähe einer Küstenbefestigung zur lokalen Verteidigung benutzt werden können. In England wurde 1897 ein
Torpedoboot
Turbinia erprobt, das mit Parsonscher Dampfturbine an Stelle der bisherigen Dampfcylindermaschinen ausgestattet ist; der
Nutzeffekt dieser Compoundmaschine ist 80 Proz.; das Boot ist 42 t groß, 30,5 m lang, 2,74 m breit. Bei über 2100 Umdrehungen
in der Minute betrug die
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höchste Geschwindigkeit 32,75 Seemeilen. Die Armierung der Torpedoboot
mit Schnellfeuer- oder Maschinenkanonen dient für das Gefecht
zwischen Torpedoboot selbst; auch werden die Torpedoboot mit Sprengmitteln aller Art ausgerüstet, um feindliche Hafensperren, Torpedoschutznetze,
unterseeische Telegraphenkabel u. s. w. zu beseitigen. Über Einteilung der Torpedoboot und Liste der deutschen s. Torpedoboot (Bd.
17). -
Vgl. Gougard, La marine de guerre; cuirassés et torpilleurs (Par. 1884);
Les torpilleurs autonomes et l'avenir de la marine (ebd. 1885).
(S. auch Torpedo.)