Torf
streu,
ein Streumaterial, hergestellt aus den obersten, unter der
Heide- oder Moosdecke befindlichen sog. Moostorf
schichten
der Hochmoore oder den obersten, unter der Gras- oder Moosdecke befindlichen sog. Grastorf
schichten
der
Tieflandsmoore (s.
Torf und
Moor). Diesen zum
Brennen nicht geeigneten
Torf sticht man im Spätsommer
in gewöhnlicher Art, setzt die Torfstücke zum oberflächlichen
Trocknen in kleinen
Hocken auf, recht sie durch, läßt sie
im Winter durch den Frost lockern und im
Frühjahr zuerst auf dem Erdboden durch
Sonne
[* 2] und
Wind, dann in
offenen
Schuppen durch den
Wind allein trocknen.
Dann zerkleinert man die Torfstücke in Stücke von etwa Hühnereigröße und preßt sie dann durch Hand- oder Maschinenpressen in 1 m lange, 0,80 m breite, 0,62 m hohe Ballen von 0,5 cbm, die durch einige Holzlatten und Draht [* 3] oder durch Drahtgeflechte zusammengehalten werden. Diese Ballen, die übrigens auch größer hergestellt werden, dürfen höchstens noch 30-35 Proz. Wassergehalt haben, wiegen 100-120 kg und enthalten der Hauptsache nach nur Torffasern. Der Staub, der beim Zerkleinern entsteht, sowie durch Aussieben oder durch engeres Stellen der Zerkleinerungsmesser u. s. w. gewonnen wird, ist das Torfmull oder Torfmüll.
Vor der Strohstreu hat die Torfstreu
folgende Vorzüge: Sie saugt bei 30-35 Proz.
Wassergehalt etwa das 8-9fache (vollkommen trocken mehr als das 25fache) ihres Gewichts an Feuchtigkeit auf, während Strohstreu
nur das 3-4fache ihres Gewichts aufnimmt. Die Torfstreu
ermöglicht also die vollständigere Verwertung der Stalljauche
und überdies ist sie um etwa 20 Proz. wirksamer als der Strohdünger, sowohl
für den Ertrag an
Körnern und an
Stroh, als für den an Hackfrüchten, Obst und
Wein.
Dies gilt natürlich nur von guter Torfstreu
und außerdem nur von Sand- und allenfalls
Lehmboden. Auf feuchtem schwerem
Boden ist
Torfstreu
nicht so vorteilhaft, da in ihr schon ohnehin die Humusbildung später eintritt als
bei Strohdünger. Die Moostorfstreu
saugt mehr Feuchtigkeit auf,
ist aber auch stickstoffärmer als die Grastorfstreu.
Torfstreu muß
vor der Einstreuung trocken aufbewahrt und, wenn sie im
Stall sich vollgesogen hat, baldmöglichst als
Dünger verwendet werden.
Ist dies nicht möglich, so muß man sich vor dem sonst eintretenden
Verlust an Dungstoffen durch Überstreuen
der Torfstreu
mit
Kaïnit sichern.
Auch die Beschaffungskosten, bei denen natürlich lokale Verhältnisse sehr viel mitsprechen, sind bei Torfstreu
meist
geringer als bei Strohstreu. Fernere
Vorteile der Torfstreu
sind:
Reine Stallluft, weiches gesundes Lager,
[* 4] Schutz der
Tiere, namentlich
Pferde,
[* 5] vor dem Fressen verdorbener Streu, geringes Erfordernis an Aufbewahrungsraum. Torfstreu
wird
sodann verwendet zum Aufstreuen auf die eben überfrorenen
Stellen von
Eis,
[* 6] deren völliges Wiederzufrieren man verhindern
will, sowie zum Bestreuen der
Böden offener Viehwagen. Torfstreu
und
Torfmull besitzen wegen ihrer feinporösen Beschaffenheit auch
die Fähigkeit,
Gase
[* 7] aufzusaugen und große
Massen derselben zu binden. Torfstreu
wird daher zur Desodorisierung
der Fäkalien in Gruben- oder Tonneninhalt angewendet. Torfstreu
besitzt auch desinfizierende Kraft;
[* 8] doch ist dieselbe
bei reiner Torfstreu
sehr gering; durch Zusatz von 2 Proz. roher Schwefelsäure
[* 9] kann sie
jedoch soweit gesteigert werden, daß
Cholera- und Typhusbacillen in flüssigen Fäkalien bei inniger Vermischung mit
dem sauren
Torfmull in 24
Stunden zu
Grunde gehen. In einigen
Städten, so in Neumünster, Wilhelmshaven
[* 10] und Lefoncz
(Ungarn),
[* 11] werden die gesamten Fäkalien mit
Torfmull (etwa 150-200 g auf den Einwohner und
Tag) vermengt und dann als
Dung verwendet.
(S.
Desinfektion.)
[* 12] Man gebraucht Torfstreu
ferner zur Überdeckung von Dungstätten, zur Kompostierung
der Elutionslaugen von Zuckerfabriken, zur
Bindung der flüssigen Abgangsstoffe in Schlachthäusern und Gerbereien, wegen
seiner geringen Wärmeleitungsfähigkeit zur Herstellung von Eismieten und Eindeckung von Eiskellern, ferner zur Verpackung
von Obst, Eiern, Fleisch
u. dgl. Seefische in
Torfmull verpackt waren nach 18
Tagen noch wohlschmeckend.
Vgl.
Blasius, Die Verwendung der Torfstreu
(Braunschw. 1884);
Jünger, Die Torfstreu
(Berl. 1890);
Fleischer, Die Torfstreu
(2.
Aufl.,
Brem. 1890);
Fürst, Die Torfstreu
(2. Aufl., Berl. 1892);
Mitteilungen des Vereins zur Förderung der Moorkultur, redigiert von Grahl (ebd. 1883 fg.);
Arbeiten und Versuche der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, Heft 1 (ebd. 1894);
Gärtner, Torfmull als Desinfektionsmittel von Fäkalien u. s. w. (in der «Zeitschrift für Hygieine», Bd. 18, Heft 2).