Torf
,
eine weißlich, grau, meist gelb, braun oder schwarz gefärbte brennbare Erde (s. Erden),
die den Hauptbestandteil der
Moore (s. d.) bildet und wie diese auf der Erde sehr verbreitet ist. Torf
entsteht
durch Verfilzung und Vermoderung von Pflanzenresten bei Gegenwart stagnierenden
Süßwassers: im Hoch-
oder Heidemoosmoor, wo nährstoffreiche Zuflüsse fehlen, aus
Heidekraut, Wollgräsern und Sphagnumarten;
im Niederungs- oder Grasmoor, wo der Untergrund oder Zuflüsse bessere Nährstoffe bieten, aus Süß- und Sauergräsern und Hypnumarten.
Daneben
finden sich Flügel und Körperchen von
Insekten,
[* 2]
Käfern und Schalentieren, oft auch, und zwar meist wohlerhalten,
Baumstämme, sodann Produkte menschlichen Kunstfleißes, zuweilen auch menschliche und tierische
Leichen. Zuweilen ist auf dem
Niederungsmoor noch ein Hochmoor aufgewachsen, es liegt dann also Grastorf
unter Moostorf. Auch giebt es
Moore, deren gesamter
Charakter zwischen demjenigen eines Hoch- und Niederungsmoors liegt. Der älteste, also zu unterst liegende, auf dem
Mooruntergrund gewachsene schwarze oder dunkelbraune Torf
ist als
Brennstoff am wertvollsten, die jüngere, unter der Moorpflanzendecke
befindliche 0,5 bis 3 m starke, meist heller gefärbte, sperrige Gras- oder Moostorf
schicht findet neuerdings mehr als
Torfstreu
(s. d.) Verwendung.
Der Torf
zeigt beim
Trocknen ein sehr bedeutendes Schwindevermögen; Maschinentorf
(s. unten) zieht
sich beim
Trocknen auf ein Viertel bis ein Sechstel seines
Volumens zusammen. Guter lufttrockner Torf
besteht etwa aus 75 Proz.
organischer
Substanz, 10 Proz.
Asche und 15 Proz. hygroskopischem Wasser. Die erstere enthält etwa 60 Proz.
Kohlenstoff, 6 Proz.
Wasserstoff und 34 Proz. Sauerstoff; außerdem bis mehrere Prozent
Stickstoff und Schwefel.
Die Heizkraft eines mittelguten Torf
entspricht der des trocknen Buchenholzes von gleichem und derjenigen guter
Steinkohle von
halbem Gewicht.
Doch ist sie sehr verschieden.
Bester Torf
hat etwa sieben Fünftel der Heizkraft schlechten Torf von gleicher Gewichtsmenge und
über das Zehnfache der Heizkraft schlechten Torf
von gleichem Raumerfordernis. Als scheinbares
specifisches Gewicht des Torf
wird angegeben 0,213 (faseriger
Moos- und Grastorf
) bis 1,039 (speckiger Torf), d. h. in 1 cbm Torf
können 213 bis 1039 kg
feste, trockne
Masse enthalten sein. Der Aschengehalt des Torf
wechselt zwischen ½ und 50 Proz.;
übersteigt er 25 Proz., so ist der Torf
für Brennzwecke ungeeignet.
(S. auch Heizmaterialien.)
Man gewinnt den Torf nach Abräumen der Pflanzendecke und event. der obersten Moorschicht, der sog. Bunkerde. Der Torf zu Brennzwecken wird mit der Hand [* 3] oder mittels Torfstechmaschinen gestochen, gegraben oder gebaggert. Man unterscheidet 1) Stichtorf, 2) Bagger- und Streichtorf, 3) Maschinentorf und 4) Preßtorf. Der Stichtorf wird beim Stechen mit der Hand gewonnen in Form von Soden, 20-50 cm lange, 5-15 cm breite und dicke Stücke. Erdiger, schlammiger Torf, der wegen mangelnden Zusammenhanges sich nicht stechen läßt, wird durch Baggern gewonnen.
Der breiige Torf wird sodann auf der Moorfläche zum Trocknen ausgebreitet und entweder, nachdem er fest genug geworden ist, in Stücke geschnitten (Baggertorf) oder in Modeln, ähnlich wie Lehm, zu Ziegeln gestrichen (Streichtorf) oder mit den Füßen durchgeknetet (Backtorf). Diese Verfahren liefern meist ein mehr oder weniger ungleichmäßiges, lockeres Produkt. Besser ist der Maschinentorf. Zu dessen Gewinnung wird die Torffaser in dem die nötige Feuchtigkeit besitzenden Torf durch Maschinen möglichst vollständig zerrissen, gemischt und sodann aus dem erhaltenen, gleichmäßigen Brei, durch die Maschine, [* 4] Ziegel geformt, oder auch Kugeln (Kugeltorf) und Stangen (Stangentorf).
Nach dem Trocknen erhält man so ein sehr gleichmäßiges, auch innen trocknes Produkt und zwar infolge des bedeutenden Schwindens von ebenso dichter Beschaffenheit als der durch schwieriges und kostspieliges starkes Pressen hergestellte Preßtorf. Die Herstellung von Maschinentorf, der fälschlich auch als Preßtorf in den Handel kommt, erscheint deshalb am zweckmäßigsten. Bei Herstellung des eigentlichen Preßtorfes wird gegenwärtig der Torf nach vorheriger Zerkleinerung zumeist trocken in heißen Pressen (Trockenpreßmaschine) zu Ziegeln geformt (Torfbriquettes).
Bei jeder Gewinnung des Torf zu Brennzwecken spielt das Trocknen desselben eine wichtige Rolle. Es geschieht entweder in im Freien aufgeschichteten Haufen oder in Schuppen. Auch künstliche Wärme [* 5] wird zuweilen zu Hilfe genommen (Darren des Torf). Aus dichtem Torf (Maschinentorf) wird in Meilern oder Retorten Torfkohle gewonnen, welche die Holzkohle im Eisenhochofenbetrieb ersetzen kann. Die industrielle Verwertung des Torf hat anfangs die Gewinnung von Leuchtmaterial u. dgl. bezweckt, ist aber wegen der billigen Steinkohlengaspreise jetzt mehr darauf gerichtet, die aufsaugende und isolierende Wirkung des Torf nutzbar zu machen.
Man verfertigt Zündsteine (in Würfel zerschnittener, mit Harz getränkter Preßtorf), Papier, Tapeten, Moostorfsteine für Zwischenwände, Packkistenausfütterungen, namentlich für Versendung von Fleisch und Getränken, Teppichunterlagen, Bieruntersätze, Fußbänke, Schalldämpfer, Umhüllungen für Dampfrohre, Platten für Insektensammlungen, Verbandstoffe, Füllungen von Matratzen und Bettkissen für Kranke u. s. w. Ein Gespinst aus Torfwollgrasfasern (nach dem Erfinder Béraud Béraudine genannt) für Kleiderstoffe und Pferdedecken scheint sich weniger bewährt zu haben.
Über die sehr wichtige Verwendung des Torf als Torfstreu s. d. Nationalökonomisch ist der Torf von hohem Wert; für große Teile von Irland, Holland und für viele Strecken in Deutschland [* 6] und andern europ. Ländern bildet er das nahezu ausschließliche Brennmaterial; allein in der franz. Sommeniederung wurden (1887) 68260 t zu 9,6 Frs. verbraucht. Wenn eine Erschöpfung der Steinkohlenlager eintreten sollte, bietet der Torf, von dem in Deutschland, das jährlich 9-10 Mill. t gewinnt, vielleicht 10 Milliarden t vorhanden sind, ein um so wichtigeres Ersatzmittel, als die Bildung von Torf noch jetzt vor sich geht.
Vgl. Hausding, Industrielle Torfgewinnung [* 7] und Torfverwertung (Berl. 1876);
von Bodungen, Über Moorwirtschaft und Fehnkolonien (2. Aufl., Hildesh. 1880);
E. und K. Birnbaum, Die Torfindustrie und ¶
mehr
die Moorkultur (Braunschw. 1880);
Alfred Hugenberg, Innere Kolonisation im Nordwesten Deutschlands [* 9] (Straßb. 1891);
Mitteilungen des Vereins zur Förderung der Moorkultur im Deutschen Reiche, redigiert von Grahl (Berl. 1883 fg.).