Ton
und
Tonarten. Ton
nennt man einen durch regelmäßige
Schallwellen entstehenden Gehörseindruck. Die Höhe des Tons
ist durch die Schwingungszahl bestimmt; je größer diese, desto höher der Ton.
Dies kann durch
die
Sirene
[* 2] (s. d.) nachgewiesen werden. Die
Stärke
[* 3] des Tons
ist durch die Weite der Schwingungen (die
Größe der
Verdichtungen und Verdünnungen) gegeben.
Außer Höhe und
Stärke ist für jeden Ton
die
Klangfarbe (s. d.) charakteristisch.
Bei aufmerksamem Hören bemerkt man bei den meisten Tönen noch
Obertöne
[* 4] (s. d.).
Beim Zusammenklang zweier Töne verschiedener
Höhe entsteht ein
Kombinationston (s. d.); wenn sich zwei gleichzeitig erklingende Töne nur
um wenig in der Höhe unterscheiden, so hört man
Schwebungen
[* 5] (s. d.). Die Wahrnehmung von
Schallwellen als Ton
hat gewisse
Grenzen
[* 6] (s. Grenzen der Hörbarkeit). S. auch
Schall.
[* 7] Im Aufsteigen von der
Tiefe zur Höhe wiederholen sich die Töne an den
Stellen, wo die Schwingungen sich verdoppeln, im verjüngten Maßstabe oder erzeugen die Oktaven.
Diese Oktaven nebst den weitern Verjüngungen der
Quinten
und
Terzen sind als der lebendige Urgrund der
Harmonie in jedem Ton
enthalten (die
Obertöne) und klingen mehr oder weniger deutlich mit; sie stellen insgesamt das
Gerüst der sog.
Tonleiter
dar. Eine
Tonleiter umspannt eine Oktave oder (wie schon der
Name besagt) eine Reihe von 8 Ton
stufen. In Wirklichkeit enthält
die Oktave aber nicht nur 8, sondern 12
Stufen: aus der
Teilung in 8 Töne entsteht die diaton
ische, aus der in 12 Töne die
chromatische Tonleiter (s.
Chromatisch).
Die kleinste Tonstufe, die in der modernen, auf Harmonie basierten Tonkunst zur Verwendung kommt, ist der halbe Ton. Noch kleinere Einteilungen, wie z. B. die Viertelstöne, waren in der Musik des Altertums allgemein und sind auch noch jetzt bei Solisten (namentlich bei Sängern und Geigern) ein wirksames Ausdrucksmittel, haben aber in dem festen melodisch-harmonischen Gefüge der Töne keine Stelle. Ton in technisch-musikalischer Beziehung bedeutet nun ein Intervall, welches innerhalb solcher Grenzen seine Stelle einnimmt und von den Nachbartönen diatonisch oder chromatisch um eine halbe Tonstufe entfernt ist.
Die früheste Form, in welcher der Ton auf musikalischem Gebiete gleichsam Gestalt annahm, wird durch den Ausdruck Tonart bezeichnet. Ursprünglich bedeutet er soviel wie Melodie und stellt sich dar als feste, an das Sprachmetrum gewisser Texte gebundene melodische Form, die oft ganzen Völkern eigentümlich war und daher nach diesen benannt wurde (z. B. dorische, phrygische, lydische Tonart). Daraus erklärt sich, wie jede Tonart, d.h. jede typische Nationalmelodie, ihren eigentümlichen Charakter und ihre besondere Ausdrucksgewalt haben konnte.
Auf dieser Basis war auch die Musik der Griechen begründet, deren ganze musikalische Ästhetik in eine Charakteristik der Tonarten auslief. (S. Griechische Musik.) Auf demselben Grunde stehen zum guten Teil auch noch diejenigen Tonarten oder Oktavengattungen, welche sich unter Vorgang der christl. Kirche im Mittelalter aus der griech. Musik bildeten und die deswegen Kirchentöne (s. d.) oder Kirchentonarten genannt werden. Auch bei diesen läßt sich noch mit Recht von einem Charakter der verschiedenen Tonarten sprechen, weil Tonart und Melodie hier zum Teil ebenfalls noch zusammenfallen, indem gewisse Gänge und Modulationen gewissen Tonarten eigentümlich sind.
Als sich dann aber im 17. Jahrh. aus der reifern Durchbildung der Kirchentonarten unsere zweiseitige Tonleiter, d. h. unser modernes Dur und Moll, entwickelte, war damit der Begriff der Tonart im alten Sinne aufgehoben und zugleich der daran haftende Toncharakter verwischt. Nun erst vermochte die Melodie sich frei zu entfalten, weil es ihr jetzt möglich geworden ist, in einer und derselben Tonart alle diejenigen Folgen anzubringen, welche früher an die einzelnen Kirchentöne gebunden waren. Tonart nennt man jetzt die Anwendung der in allen Stufen gleichen Dur- oder Molltonleiter auf die 12 Intervalle, woraus sich daher 12 Dur- und 12 Molltonarten ergeben.
Die Durtonleiter enthält fünf große Sekundfortschreitungen (von der ersten zur zweiten, von der zweiten zur dritten, von der vierten zur fünften, fünften zur sechsten, sechsten zur siebenten Stufe) und zwei kleine diatonische Sekundfortschreitungen (von der dritten zur vierten und von der siebenten zur achten Stufe), z.B. C-Dur: c d e f g a h c. Die ¶
mehr
Molltonleiter hat zwei Formen, sie ist harmonisch oder melodisch, z. B. A-moll:
harmonisch: a h c d e f gis a,
melodisch aufwärts: a h c d e fis gis a,
melodisch abwärts: a g f e d c h a.
Die 24 Tonarten sind folgende:
C-dur und A-moll ohne Vorzeichnung,
G " | " E | " mit fis, |
---|---|---|
D " | " H | " mit fis, cis, |
A " | " Fis " mit fis, cis, gis, | |
E " | " Cis " mit fis, cis, gis, dis, | |
H " | " Gis " mit fis, cis, gis, dis, ais, |
Fis " » Dis " mit fis, cis, gis, dis, ais, eis,
Des " " B | " mit b, es, as, des, ges, | |
---|---|---|
As " " F | " mit b, es, as, des, | |
Es " " C | " mit b, es, as, | |
B | " " G | " mit b, es, |
F | " " D | " mit b. |
Die Versuche neuerer Theoretiker, den beiden Tonarten Dur und Moll noch eine dritte als sog. Moll-Dur-Tonart an die Seite zu stellen, sind unfruchtbare Spekulationen. -
Vgl. Bahr, Das Tonsystem unserer Musik (Lpz. 1882);
Hennig, Charakteristik der Tonarten (Berl. 1897).