russ. Gouvernement in Westsibirien, zwischen den Gouvernements Tobolsk, Semipalatinsk und Jenisseisk
und der Mongolei, 847,887 qkm (15,398 QM.) groß mit (1885) 1,960,064
Einw. (meist Russen und deren Nachkommen), darunter 994,246 Griechisch-Katholische, 64,545 Heiden (Tataren, Kalmücken, Bucharen,
Ostjaken u. a.), 29,179 Mohammedaner, 6659 Römisch-Katholische, 4501 Juden u. a. Die Zahl der Verbannten beträgt 30,000. Das
Gouvernement wird im SO. vom Altai ausgefüllt, hat weiter nach N. große Steppen (vgl. Baraba), Wälder und
Moräste und wird seiner ganzen Länge nach vom Ob durchflossen.
Das Klima ist im S. gemäßigt, im N. rauh. Gebaut werden: Hafer, Weizen, Roggen, Gerste, Kartoffeln. Haupterwerb ist Viehzucht,
man zählte 1883: 982,115 Pferde, 821,027 Rinder, 930,915 meist grobe Schafe, 216,032 Schweine. Leider treten
zuweilen Viehseuchen auf. Die Hüttenwerke im Altai lieferten früher außerordentliche Mengen von Metall (1851: 655,240 kg silberhaltige
Golderze, 362,872 kg goldhaltige Silbererze und 4,096,478 kg Kupfer), die Produktion ist aber sehr bedeutend heruntergegangen;
es ist daher eine Anzahl von Werken bereits aufgegeben, was zum großen Teil an der Mißwirtschaft der
Kronbeamten liegt; die Privatunternehmungen gedeihen weit besser.
Die Ausbeute betrug 1880: 2427 kg Gold, 10,135 kg Silber, 1,058,274 kg Blei, 470,516 kg Kupfer und 713,383 kg Gußeisen. Zwei große
Märkte werden jährlich zu Susunk (Kreis Barnaul) und zu Wosnesensk (Kainsk) abgehalten. An Lehranstalten sind vorhanden 1885: 9 Mittelschulen
mit 1372 Schülern, 5 Fachschulen mit 403 Schülern, 254 Elementarschulen mit 8956 Schülern. Die Hauptstadt Tomsk, am Tom, ist Sitz
des Gouverneurs, eines griechischen Bischofs, einer Schuldirektion, hat viele zum Teil recht stattliche Regierungsgebäude,
einen russischen Bazar, zahlreiche chinesische Kaufläden, 9 griechische Kirchen, 2 Klöster, eine lutherische und eine
römisch-katholische Kirche, mehrere Moscheen, ein großartiges (1887 eröffnetes) Universitätsgebäude, Seminar, Gymnasium,
höhere Töchterschule, Bibliothek, naturwissenschaftliches Museum und (1885) 36,742 Einw., welche Gerberei, Seifensiederei,
Talgschmelzerei u. a. sowie lebhaften Handel mit Getreide, Leder und Pelzwaren betreiben, wozu die Lage am Sibirischen Trakt die
Stadt besonders befähigt.
1) Russ. Gouvernement in Sibirien, zu Westsibirien gehörig (s. Karten: Sibirien Ⅰ. Übersichtskarte, und Ⅱ. Altai-Baikalsee),
grenzt im NO. und O. an das Gouvernement Jenisseisk, im SO. an die Mongolei (China), im SW. an Semipalatinsk
und im W. und NW. an Tobolsk und hat 857682,3 qkm mit (1897) 1917527 E., d. i. 2,2 auf 1 qkm. Das Land ist im S. und SO. sehr
gebirgig, bis 3350 m hoch, und senkt sich stark nach N. und NW. bis herab
auf 90, sogar 60 m Höhe. Es umfaßt das Altaische Berggebiet (s. d.), bestehend aus dem Altai und seinen Abzweigungen, und
aus dem Kusnezkischen Alatau mit dem Abakanischen Gebirge und den Salaïrschen Bergen; im niedern Teil sind die Kulundinsche, die
Barabinsche und im N. die Wassjuganische Steppe.
Der Hauptstrom ist der Ob mit zahlreichen Nebenflüssen, wie Tom, Tschulym, Ket, Alej, Wassjugan. Im S. und W. gehen zum Irtysch
die Buchtarma, Om, Tara; im SO. zum Jenissei der Abakan. Seen nehmen 10323 qkm ein und zerfallen in Süß-, Salz- und Bitterwasserseen
(der Telezker See, Tschany, die Borowschen, die Aleusschen Seen u. a.). Im niedern Teil sind auch große
Sümpfe. Das Klima ist hier rauh und ungesund, im Gebirge gemäßigter. Die Temperatur schwankt im erstern Teil zwischen -50 bis
31° C., im andern zwischen -37 bis 50° C. Durch diese Schwankungen werden erzeugt: Skorbut, sibir.
Pest, Fieber und Scharlach. Gewitter sind häufig, nicht selten auch Erdbeben, im Frühling und Herbst schreckliche
Schneestürme (buran). Die Bevölkerung besteht aus Russen (91 Proz.), Ostjaken, Samojeden, Tataren und Kalmücken; der Religion
nach aus Russisch-Orthodoxen, Raskolniken, Mohammedanern (11000) und Heiden (29000). Ackerbau wird fast überall betrieben;
mehr
893 die Ernte betrug (1894) an Weizen 3655345, Roggen 1987959, Hafer 3,77 Mill., Gerste 456538, Kartoffeln 1038260 Tschetwert.
Bedeutend ist die Viehzucht (1894: Pferde 1,36, Rinder 1,16, Schafe 1,42, Schweine 0,23 Mill. Stück), ferner Bienenzucht, Jagd,
stellenweise Fischerei, Fuhrwesen. Gewonnen werden Gold, Silber, Kupfer, Blei, Eisen, Steinkohlen, Salz, Granit, Malachit,
Jaspis, Bergöl u.a. Die Zahl der Fabriken beträgt 1197 mit 9,1 Mill. Rubel Produktion, darunter besonders Branntweinbrennereien,
Berg- und Hüttenwerke. Die im Bau begriffene Sibir. Eisenbahn durchschneidet Tomsk von W. nach O. auf etwa 950 km.
Es giebt 1 Hoch-, 4 Mittel-, 3 Fach-, 376 niedere und Elementarschulen. Das Gouvernement, 1804 errichtet,
zerfällt in 6 Bezirke: Barnaul, Biisk, Kainsk, Kusnezk, Mariinsk und Tomsk –
2) Bezirk im nördl. Teil des Gouvernements Tomsk, im Gebiet des Ob mit Tom, Ket, Tschulym, Tym u.a., hat 282209,7 qkm und 136919
E., darunter 14000 Fremdvölker (Ostjaken, Samojeden, Tataren); im S. Ackerbau, Viehzucht, im N. Jagd und
Fischerei; 25 Fabriken mit 1,6 Mill. Rubel Produktion. –
3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises Tomsk, unter 55°30' nördl. Br. und 84°58' östl. L. von Greenwich, rechts
am Tom und an der Zweigbahn Tajga-Tomsk (96 km) der Mittelsibirischen Eisenbahn, ist Sitz des Gouverneurs und des Bischofs
und hat (1897) 52430 E., 20 russ. Kirchen, darunter die Kathedrale der Heiligen Dreieinigkeit (1845–92
erbaut), 1 Mönchs-, 1 Nonnenkloster, 1 kath., 1 evang. Kirche, Synagoge, Moschee;
Universität (eröffnet 1888, mit 2 Fakultäten), 1 Knaben-, 1 Mädchengymnasium,
Realschule, Geistliches Seminar, Schule für Militärtierärzte, Hebammenschule;
Gesellschaft der Naturforscher und Ärzte,
Abteilung der Russischen Musikalischen Gesellschaft, öffentliche Bibliothek, Theater, 6 Zeitungen, 2 Buchdruckereien, 1 Buchhandlung;
großes Etappengefängnis für die Verbanntentransporte;
4 Banken, darunter eine Filiale der Russischen Reichsbank;
Flußhafen
mit Dampfschiffverkehr;
Gerbereien, Destillationen, Wagenfabriken;
bedeutenden Transithandel von und nach Sibirien. Tomsk wurde 1604 von
den Russen gegründet.
Die Errichtung einer Bergschule und eines Technischen Instituts in Tomsk ist von der
Regierung genehmigt.