Titel
Tomsk.
1) Russ. Gouvernement in Sibirien, zu Westsibirien gehörig (s. Karten: Sibirien Ⅰ. Übersichtskarte, und Ⅱ. Altai-Baikalsee), grenzt im NO. und O. an das Gouvernement Jenisseisk, im SO. an die Mongolei (China), [* 2] im SW. an Semipalatinsk und im W. und NW. an Tobolsk und hat 857682,3 qkm mit (1897) 1917527 E., d. i. 2,2 auf 1 qkm. Das Land ist im S. und SO. sehr gebirgig, bis 3350 m hoch, und senkt sich stark nach N. und NW. bis herab auf 90, sogar 60 m Höhe. Es umfaßt das Altaische Berggebiet (s. d.), bestehend aus dem Altai und seinen Abzweigungen, und aus dem Kusnezkischen Alatau mit dem Abakanischen Gebirge und den Salaïrschen Bergen; [* 3] im niedern Teil sind die Kulundinsche, die Barabinsche und im N. die Wassjuganische Steppe.
Der Hauptstrom ist der Ob mit zahlreichen Nebenflüssen, wie Tom, Tschulym, Ket, Alej, Wassjugan. Im S. und W. gehen zum Irtysch die Buchtarma, Om, Tara; im SO. zum Jenissei der Abakan. Seen nehmen 10323 qkm ein und zerfallen in Süß-, Salz- und Bitterwasserseen (der Telezker See, Tschany, die Borowschen, die Aleusschen Seen u. a.). Im niedern Teil sind auch große Sümpfe. Das Klima ist hier rauh und ungesund, im Gebirge gemäßigter. Die Temperatur schwankt im erstern Teil zwischen -50 bis 31° C., im andern zwischen -37 bis 50° C. Durch diese Schwankungen werden erzeugt: Skorbut, sibir. Pest, Fieber und Scharlach. Gewitter sind häufig, nicht selten auch Erdbeben, [* 4] im Frühling und Herbst schreckliche Schneestürme (buran). Die Bevölkerung besteht aus Russen (91 Proz.), Ostjaken, Samojeden, Tataren und Kalmücken; der Religion nach aus Russisch-Orthodoxen, Raskolniken, Mohammedanern (11000) und Heiden (29000). Ackerbau wird fast überall betrieben; ¶
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893 die Ernte
[* 6] betrug (1894) an Weizen 3655345, Roggen 1987959, Hafer
[* 7] 3,77 Mill., Gerste
[* 8] 456538, Kartoffeln 1038260 Tschetwert.
Bedeutend ist die Viehzucht
[* 9] (1894: Pferde
[* 10] 1,36, Rinder
[* 11] 1,16, Schafe
[* 12] 1,42, Schweine
[* 13] 0,23 Mill. Stück), ferner Bienenzucht,
[* 14] Jagd,
stellenweise Fischerei,
[* 15] Fuhrwesen. Gewonnen werden Gold,
[* 16] Silber, Kupfer,
[* 17] Blei,
[* 18] Eisen,
[* 19] Steinkohlen, Salz,
[* 20] Granit, Malachit,
Jaspis, Bergöl u.a. Die Zahl der Fabriken beträgt 1197 mit 9,1 Mill. Rubel Produktion, darunter besonders Branntweinbrennereien,
Berg- und Hüttenwerke. Die im Bau begriffene Sibir. Eisenbahn durchschneidet Tomsk
von W. nach O. auf etwa 950 km.
Es giebt 1 Hoch-, 4 Mittel-, 3 Fach-, 376 niedere und Elementarschulen. Das Gouvernement, 1804 errichtet,
zerfällt in 6 Bezirke: Barnaul, Biisk, Kainsk, Kusnezk, Mariinsk und Tomsk
–
2) Bezirk im nördl. Teil des Gouvernements Tomsk
, im Gebiet des Ob mit Tom, Ket, Tschulym, Tym u.a., hat 282209,7 qkm und 136919
E., darunter 14000 Fremdvölker (Ostjaken, Samojeden, Tataren); im S. Ackerbau, Viehzucht, im N. Jagd und
Fischerei; 25 Fabriken mit 1,6 Mill. Rubel Produktion. –
3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises Tomsk
, unter 55°30' nördl. Br. und 84°58' östl. L. von Greenwich, rechts
am Tom und an der Zweigbahn Tajga-Tomsk
(96 km) der Mittelsibirischen Eisenbahn, ist Sitz des Gouverneurs und des Bischofs
und hat (1897) 52430 E., 20 russ. Kirchen, darunter die Kathedrale der Heiligen Dreieinigkeit (1845–92
erbaut), 1 Mönchs-, 1 Nonnenkloster, 1 kath., 1 evang. Kirche, Synagoge, Moschee;
Universität (eröffnet 1888, mit 2 Fakultäten), 1 Knaben-, 1 Mädchengymnasium, Realschule, Geistliches Seminar, Schule für Militärtierärzte, Hebammenschule;
Gesellschaft der Naturforscher und Ärzte, Abteilung der Russischen Musikalischen Gesellschaft, öffentliche Bibliothek, Theater, [* 21] 6 Zeitungen, 2 Buchdruckereien, 1 Buchhandlung;
großes Etappengefängnis für die Verbanntentransporte;
4 Banken, darunter eine Filiale der Russischen Reichsbank;
Flußhafen mit Dampfschiffverkehr;
Gerbereien, Destillationen, Wagenfabriken;
bedeutenden Transithandel von und nach Sibirien. Tomsk
wurde 1604 von
den Russen gegründet.
Die Errichtung einer Bergschule und eines Technischen Instituts in Tomsk
ist von der
Regierung genehmigt.