Tod
(lat. Mors), das endgültige Aufhören des
Stoffwechsels und der übrigen
Lebensfähigkeiten. Die
Lebensdauer des
Menschen reicht beim natürlichen Verlauf des Lebens gewöhnlich
bis in die siebziger oder achtziger Jahre, bisweilen auch
noch etwas weiter, und der Tod
erfolgt hier ohne vorhergegangene
Krankheit, ohne nachweisbare specielle
Ursache, sanft und allmählich, oder rasch, merklich und mit
Bewußtsein, oder unvermerkt im Schlafe, durch sog.
Altersschwäche
(Marasmus).
Dieser Tod
ist der natürliche, normale, notwendige. Jede Todesart, die von einer andern Veranlassung als der naturgemäßen
Beendigung des Lebensprozesses
(Stoffwechsels), herrührt, ist unnatürlich (abnorm, zufällig, frühzeitig)
und erfolgt entweder durch
Krankheit
(d. i. falsches Vorsichgehen des
Stoffwechsels), oder gewaltsam, durch äußere mechan.
und chem. Einflüsse. Wohl zu unterscheiden von diesem Tod
im allgemeinen
Sinne ist der örtliche Tod
, das
Absterben einzelner
Organe. (S.
Brand.)
Gewöhnlich fällt beim
Sterben
(d. i. der Übergang vom Leben zum Tod
) eine der hauptsächlichsten
Lebensthätigkeiten etwas früher als die übrigen weg, nämlich entweder die des
Herzens, oder die der
Lungen, oder die des
Gehirns, weshalb diese Organe von
alters her auch Ausgangsstellen des Tod
(atria mortis) genannt werden. Den Tod bezeichnet
man deshalb als einen durch
Ohnmacht
(Synkope, Aufhebung der Herzthätigkeit), durch
Stickfluß (Erstickung,
Asphyxie, Aufhebung der Lungenthätigkeit) oder durch
Schlagfluß
(Apoplexie,
Gehirnlähmung) hervorgerufenen.
Die das
Sterben begleitenden und bezeichnenden Erscheinungen (die
Sterbeerscheinungen), die stets die Folgen von
Störungen
wichtiger Lebensverrichtungen sind, stellen sich nach der Verschiedenheit dieser
Störungen verschieden dar; auch treten sie
schneller oder langsamer
auf und sind mehr oder weniger deutlich wahrnehmbar in ihrem Beginn und Fortschreiten.
Auf dieser Mannigfaltigkeit der beim
Sterben auftretenden Erscheinungen beruht die Bezeichnung folgender Tod
esarten: einfacher
Erschöpfungstod
, bei dem sich die
Sterbeerscheinungen ganz allmählich aus schon vorhandenen krankhaften Zuständen entwickeln,
so daß die Zeit ihres Beginns mit Bestimmtheit nicht ermittelt werden kann, und sich dann in mehr oder
minder stetiger Aufeinanderfolge bis zum endlichen Erlöschen des
Daseins steigern;
Sterben unter Todeskampf (s. Agonie), wo die Sterbeerscheinungen einen deutlich wahrnehmbaren Anfang und einen mehr oder weniger scharf begrenzten Verlauf haben;
langsamer und rascher Tod
, je nachdem die
Sterbeerscheinungen längere oder kürzere Zeit währen;
plötzlicher
Tod
, wenn diese Erscheinungen nur auf einen äußerst kurzen Zeitraum (auf einige Sekunden bis Minuten) sich beschränken.
Der plötzliche Tod
kann auch noch ein unvermuteter sein, wenn ihm kein oder doch nur ein geringes Kranksein vorherging.
Die
Sterbe- und Agonieerscheinungen bestehen in Zeichen beginnender und vorschreitender
Lähmung des
Nerven-
und Muskelsystems, vermischt mit
den der
Krankheit eigentümlichen
Symptomen. Meist sterben die verschiedenen
Apparate in einer
bestimmten, ziemlich regelmäßigen Folge nacheinander. Der
Verlust des Muskeltonus erzeugt das hängende, lange, eingefallene
Hippokratische
Gesicht
[* 2] (s. d.), zitternde, kraftlose
Bewegungen (zitternde schwache
Sprache,
[* 3]
Sehnenhüpfen), Herab- und Zusammensinken
des ganzen Körpers, oberflächliche, schwache, langsame und mühevolle, endlich aussetzende Respiration
(mit Röcheln, Sterberasseln),
Lähmung der
Speiseröhre (Getränk fällt mit kollerndem
Geräusch in den
Magen,
[* 4] feste
Stoffe
bleiben stecken); die
Herzkontraktionen werden immer schwächer und undeutlicher, der Puls wird leer, anfangs sehr häufig,
dann aussetzend, fadenförmig, die Schließmuskeln an den natürlichen Öffnungen erschlaffen
(Stuhl und
Urin gehen unwillkürlich ab); Kälte und bisweilen kühler, klebriger Schweiß zieht sich von den entfernten Körperteilen
gegen den
Stamm, der
Gesichts- und Gehörsinn schwindet,
Bewußtsein, Respiration und Cirkulation hören ganz
auf und das Leben
erlischt.
Über das Verhalten einem Sterbenden gegenüber s. Euthanasie. Nach dem Eintritt des Tod
lasse
man den
Toten noch einige Zeit (etwa 12-18
Stunden) in seinem
Bett
[* 5] liegen, worauf er zu entkleiden, zu waschen, in einem kühlen
Zimmer in einer Bettstelle auf einem mit einem Leintuch bedeckten Strohsack zu lagern und mit einem Leintuch zuzudecken ist.
Mit dem Aufhören des
Stoffwechsels (dem Tod
) wird der
Mensch zur
Leiche, zum
Leichnam, und in diesem treten
früher oder später
¶
mehr
Veränderungen ein. die alle nach rein physik. und chem. Gesetzen vor sich gehen.
Die hauptsächlichsten und hervortretendsten Erscheinungen nach dem Tod
sind die der Fäulnis (s. d.),
durch welche die organischen Substanzen des menschlichen Körpers in unorganische Stoffe (vorzüglich in Kohlensäure. Wasser
und Ammoniak) umgewandelt werden. Es beharrt nun aber der Leichnam vor seiner Zersetzung noch eine Zeit
lang in einem Zustande, den man Leichenzustand im engern Sinne des Wortes nennt und der sich durch ganz bestimmte, bald schneller,
bald langsamer eintretende Erscheinungen (Leichenerscheinungen) auszeichnet. Zu diesen gehören: die Leichenblässe, die Totenkälte
und die Totenstarre (Zusammenziehung der Muskeln
[* 7] durch Gerinnen des Muskeleiweißes), die Totenflecke und
das Abplatten der Körperstellen, wo die Leiche aufliegt.
Trotz dieser Leichenerscheinungen ist es manchmal doch schwierig, den Tod
durch das bloße Besichtigen des Körpers mit Sicherheit
anzugeben und vom Scheintod
(s. d.) zu unterscheiden. Die beste Auskunft giebt
hier das Behorchen des Herzens, da Unhörbarkeit der Herztöne am sichersten den Tod
andeutet. Wahrscheinlichkeit
für den Tod gewähren: das gebrochene, getrübte und trockne Äuge;
das Nichtdurchscheinen der gegen das Licht [* 8] gehaltenen Finger;
die völlig erweiterte und gegen das Licht unempfindliche Pupille, das Nichtfließen von Blut aus geöffneten Blut- und Pulsadern;
das pergamentartige Eintrocknen der durch starkes Reiben mit kaustischem Salmiakgeist von Oberhaut entblößten Haut. [* 9]
Beim Scheintoten bleibt die elektrische Erregbarkeit der Muskeln erhalten, während sie bei einer Leiche 1½-3 Stunden nach dem eingetretenen Tod erlischt. Das untrüglichste Zeichen des Tod ist aber die nach dem Schwinden der Todesstarre eintretende Fäulnis mit blaugrüner Färbung und blasiger Austreibung der Haut, üblem Geruch, Ausfließen mißfarbiger, stinkender Flüssigkeit aus Mund und Nase. [* 10] -
Vgl. Hasselt, Die Lehre [* 11] vom Tod und Scheintod (Braunschw. 1862): Götte, Über den Ursprung des Tod (Hamb. 1883);
Weismann, Über Leben und Tod (Jena [* 12] 1884);
F. dell'Acqua, La morte vera et la morte apparente (Mail. 1897).
Die gewaltige Macht des Tod fand auch in Dichtung und Kunst den ergreifendsten und vielgestaltigsten, je nach der verschiedenen Empfindungsweise der einzelnen Zeiten und Völker verschiedenen Ausdruck. Die Alten haben die Gestalt des Tod nicht ausdrücklich personifiziert, sondern nur die Wirkungen des Tod, den Abschied vom Leben (besonders auf griech. Stelen), das Totengericht u. s. f. dargestellt, oder sie beschränken sich auf mytholog. Parallelen (Raub der Proserpina, des Hylas, des Ganymed) oder sie führen den mildern Bruder des Tod, den Schlaf, vor oder einen Genius (Eros) [* 13] mit gesenkter verlöschender Fackel.
Vgl. die Abhandlungen Lessings und Herders «Wie die Alten den Tod gebildet».
Den Hebräern (Hiob 5, 2"; Jer. 9,22) ist der Tod ein Ackersmann, der den Garten [* 14] des Lebens jätet und einen Baum nach dem andern bricht.
Erst im 17. Jahrh. wird die Darstellung des Totengerippes als Symbol des Tod gebräuchlich; das Gerippe führt in der Hand [* 15] die Sense.
Die ital. Renaissance machte nach dem Vorgang von Petrarcas Trionfo della Morte, gestützt auf das Femininum Mors (La Morte), aus dem Sensenmann eine schreckhafte, die Sense schwingende, unheimlich gespenstig aus den Himmelshöhen herabfliegende Megäre; die ergreifende Ausgestaltung dieser Idee ist das berühmte Bild des Trionfo della Morte (Triumph des Tod) im Campo santo zu Pisa, [* 16] das in die Mitte des 14. Jahrh. fällt und früher Orcagna zugeschrieben wurde.
Daneben begegnete wiederholt die allegorische Darstellung der"Drei Lebenden und drei Toten», welche auf ind.-buddhist. Legenden zurückzuführen ist. Am reichsten ausgestattet findet sie sich auf einem Fresko des Campo santo zu Pisa, wo drei Könige auf der Jagd auf drei Särge mit Toten stoßen und von Eremiten über die Vergänglichkeit belehrt werden. In dieser Zeit bildete sich auch namentlich im Norden [* 17] eine eigentümliche Allegorie auf die unentfliehbare Macht des Tod und die Vergänglichkeit alles Irdischen aus, der sog. Totentanz (s. d.).
Über den Bürgerlichen Tod s. d.