Tizian
,
Santo Domingo (Republi
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* 3
Santo. eigentlich Tiziano
Vecellio, der Hauptmeister der venezian.
Malerschule und Vollender einer neuen koloristischen
Richtung, geb. 1477 zu
Pieve di Cadore in
Friaul, kam noch als zehnjähriger
Knabe nach
Venedig,
[* 2] um sich daselbst der
Malerei
zu widmen. Als seine
Lehrer werden der Mosaikmaler Zuccato, dann
Gentile
Bellini genannt; doch muß er später auch bei
Giovanni
Bellini gelernt und sich nach
Giorgione weitergebildet haben. Man erfährt zuerst von seiner Thätigkeit um 1507, wo er neben
Giorgione die jetzt verschwundenen Fresken am
Fondaco dei Tedeschi in
Venedig ausführte. 1511 malte er
mit
Dom.
Campagnola Fresken in der Scuola del
Santo
[* 3] in
Padua,
[* 4] dann in
Vicenza, kehrte aber 1512 nach
Venedig zurück.
Nachdem er einen
Antrag, in die
Dienste
[* 5]
Leos X. zu treten, zurückgewiesen, nahm ihn der
Rat gegen
Verleihung eines einträglichen
Maklerpatents in seinen
Dienst. In der
Folge kam Tizian
in intime Beziehungen zu
Alfons von
Ferrara
[* 6] (1516 reiste
er das erste
Mal dahin), für den er dessen
Porträt, ferner das Venusfest und das Bacchanal (alle drei in
Madrid)
[* 7] und
Ariadne
auf
Naxos (in der Nationalgalerie zu
London)
[* 8] malte. In
Ferrara
schloß er auch
Freundschaft mit
Ariosto, den
er zu wiederholten
Malen porträtierte.
Auch zu Federigo von
Mantua
[* 9] trat er um 1523 in nahe Beziehungen; er malte für ihn die
Grablegung
(Paris).
[* 10] 1518 entstand eins
seiner Hauptwerke, die
Himmelfahrt
Maria (sogen. Assunta) in der
Akademie zu
Venedig, 1523 das Altarbild für die
Kirche
San
Niccolò
(Madonna mit sechs männlichen
Heiligen, jetzt im
Vatikan)
[* 11] und 1526 ein andres Meisterwerk dieser
Periode,
die
Madonna des
Hauses
Pesaro
(Santa Maria de' Frari in
Venedig).
In das Jahr 1527 fällt seine Bekanntschaft mit Pietro
Aretino,
dessen
Porträt er für Federigo
Gonzaga malte. 1530 schuf
er den Märtyrertod
Petri für
San Giovanni e
Paolo
(1867 durch Feuersbrunst zerstört). 1532 begab er sich im Auftrag Federigo
Gonzagas nach
Bologna, wo gerade
Kaiser
Karl V. verweilte;
er malte damals letztern zweimal. Tizian
wurde hierauf zum Hofmaler
Karls und zum
Grafen des lateranischen
Palastes sowie
zum
Ritter vom
Goldenen
Sporn ernannt.
Mailand (Stadtteile, P

* 14
Mailand.
Der hierauf folgenden Zeit entstammen die Bildnisse
Franz' I. und
Isabellas von
Este; etwas später fallen
die der Geliebten Tizians
(Wien,
[* 12]
Belvedere), dann die von Eleonore
Gonzaga und ihrem
Gatten
Francesco
Maria
(Florenz,
[* 13]
Uffizien).
Nachdem er 1537 seiner
Fahrlässigkeit wegen in betreff des versprochenen
Bildes sein Maklerpatent zu gunsten
Pordenones verloren
hatte, malte er in Fresko die dem
Rat schon lange versprochene, nur noch in
Fontanas
Stich erhaltene
Schlacht bei
Cadore (im großen
Ratssaal). 1539 nach
Pordenones
Tod erhielt er sein Maklerpatent zurück, 1541 ward er nach
Mailand
[* 14] zu
Karl V. berufen; 1545 ging
er, nachdem schon früher, seit 1542,
Paul III. den
Plan gefaßt hatte, Tizian
nach
Rom
[* 15] zu ziehen, dahin, wo
er glänzend aufgenommen wurde. Er malte damals das
Porträt des
Papstes, dann die berühmte
Danae (Nationalmuseum zu
Neapel).
[* 16]
Auf der Rückreise nach Venedig besuchte er Florenz. 1548 ward er nach Augsburg [* 17] zu Karl V. berufen und malte daselbst Porträte [* 18] (das Karls V. in Madrid, das zu München [* 19] etc.). Er kehrte bald wieder nach Venedig zurück, ward aber 1550 abermals nach Augsburg berufen, um das Porträt Philipps II. von Spanien [* 20] zu malen. Für diesen war er auch nach seiner Rückkehr nach Venedig 1551 außerordentlich viel beschäftigt. 1566 ward er in die florentinische Akademie aufgenommen. Er starb in Venedig, fast 100 Jahre alt, an der Pest und ward in der Kirche Santa Maria de' Frari beigesetzt.
Kraft [unkorrigiert]
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* 21
Kraft.
Der durch die flandrische
Schule beeinflußte koloristische
Realismus der
Venezianer gelangte durch Tizian
auf seine
Höhe; in seiner
Auffassung nicht so durchgeistigt und ideal wie
Raffael und
Michelangelo, hat er vor den
Römern und Toscanern
die unvergleichliche malerische
Kraft
[* 21] voraus und kommt
Raffael in der Schönheitsfülle gleich,
Michelangelo in der dramatischen
Lebendigkeit der
Komposition nahe. Tizian
ist der größte Kolorist der
Italiener und versteht seinen
Figuren zugleich den vornehmen
Charakter zu geben, der seine eignen Lebensgewohnheiten und die seiner Stadtgenossen kennzeichnet.
Tjalk - Tlaxcala

* 23
Seite 15.732.Obwohl er sich nicht an die Antike anschloß, so ist er doch zu einer verhältnismäßig ähnlichen Wirkung gelangt, indem sich die Ruhe des Daseins, die edle, in sich befriedigte Existenz in seinen Werken ebenso spiegelt. Ganz vermochte er sich übrigens nicht den Einwirkungen der andern italienischen Schulen zu entziehen, und zwischen seinen spätesten Arbeiten, worunter die Dornenkrönung Christi in München hervorragt, und seinen frühern, deren edelstes Erzeugnis der Zinsgroschen in Dresden [* 22] ist, besteht ein beträchtlicher Unterschied. Er wurde später bewegter in der Haltung der Figuren, leidenschaftlicher im Ausdruck der Köpfe, energischer im Vortrag. Seine Historienbilder tragen mehr oder weniger etwas Porträtmäßiges, freilich in großartiger Auffassung, an sich; es gibt deren, welche zu den edelsten und unvergänglichsten Erzeugnissen der Kunst gehören, während andre sich mit einer mehr äußerlichen Wirkung ¶
mehr
begnügen. Die höchste Befriedigung gewähren seine Bildnisse, welche die vornehme Erscheinung der venezianischen Welt mit vollster Treue widerspiegeln und den vollkommensten Ausdruck des venezianischen, von höchster Prachtliebe und sinnlicher Glut erfüllten Lebens darstellen. Zugleich war er als Landschaftsmaler sehr bedeutend, die Landschaft spielt in vielen seiner Gemälde in ihrer großartig-poetischen Auffassung eine Hauptrolle; Poussin und Claude Lorrain haben sich nach seinem Vorbild entwickelt.
Die Zahl seiner Schöpfungen ist außerordentlich groß, besonders aus den letzten 40 Jahren seines Lebens, wo er zahlreiche
Schüler zu Hilfe nahm. Aus der ersten Periode seines Schaffens, die etwa bis 1511 reicht und seine Jugendentwickelung umfaßt,
sind noch zu nennen: die Kirschenmadonna, in der kaiserlichen Galerie zu Wien, nebst zwei andern Madonnen daselbst, und die
irdische und himmlische Liebe, in der Galerie Borghese zu Rom, Tizians
schönstes allegorisches Bild, ausgezeichnet in der Behandlung
des Nackten.
Von hervorragenden Schöpfungen der zweiten, etwa bis 1530 reichenden Periode erwähnen wir noch die Auferstehung, in der Kirche San Nazaro e Celso in Brescia (1522);
Kaninchen

* 24
Kaninchen.die Ruhe auf der Flucht und die Madonna mit dem Kaninchen, [* 24] im Louvre zu Paris;
die nur mit einem Pelz bekleidete Eleonora Gonzaga von Urbino, in der kaiserlichen Galerie zu Wien;
das Bildnis derselben im Palazzo
Pitti zu Florenz, weltberühmt unter dem Namen La Bella di Tiziano
, das herrlichste Frauenporträt des Meisters;
die sogen. Venus
von Urbino, in den Uffizien zu Florenz, und die sogen. Geliebte Tizians
bei der Toilette, im Louvre zu Paris. Zu den Hauptwerken
der letzten Periode seines Schaffens zählen noch das Martyrium des heil. Laurentius, in der Jesuitenkirche
zu Venedig;
der Tempelgang Mariä, in der Akademie daselbst;
die Ausstellung Christi, in der kaiserlichen Galerie zu Wien;
die Dornenkrönung, im Louvre;
Venus mit Amor, in den Uffizien zu Florenz;
die sogen. Madrider Venus (eine ruhende Schöne mit ihrem Geliebten);
die Danae, im Museum zu Neapel;
Jupiter und Antiope, im Louvre;
das Reiterbildnis Karls V., in der Galerie zu Madrid (1548 in Augsburg begonnen);
Papst Paul III. (1545, im Museum zu Neapel);
Berlin-Dresdener Eisen

* 25
Berliner.der Admiral Giovanni Moro, im Berliner [* 25] Museum.
Von Tizians
Selbstbildnissen sind diejenigen im Museum zu Berlin
[* 26] und in der kaiserlichen
Galerie zu Wien die schönsten, von den Bildnissen seiner Tochter Lavinia sind dasjenige mit der über dem Haupt emporgehobenen
Fruchtschüssel (Museum zu Berlin) und die beiden in der Dresdener Galerie (um 1555 und 1565) die vorzüglichsten. Die ältere
Litteratur über Tizian
ist überholt durch Crowe und Cavalcaselle, Tizian
, Leben und Werke (deutsch von Jordan,
Leipz. 1877, 2 Bde.).
Vgl. auch Lafenestre, La vie et l'œuvre du Titien (Par. 1886).