Tinzenhorn
(Kt. Graubünden,
Bez. Albula).
3179 m. Mittlerer der drei Hauptgipfel der
Bergünerstöcke in der
Albulagruppe, 6 km wsw.
Bergün
und 5,2 km onö.
Tinzen im
Oberhalbstein. Bildet eine prachtvoll kühne, schlanke und stolze Berggestalt, die sich vom Albulathal,
Oberhalbstein und von
Davos her herrlich präsentiert. Sie wird im W. vom
Piz Michel (3163 m) und im O.
vom
Piz d'Aela flankiert, die beide kleine
Gletscher tragen. Der Verbindungsgrat von Tinzenhorn
und
Piz d'Aela ist nur zu einem
Teil mauerartig gestaltet und im Uebrigen einem aus mächtigen Schuttmassen aufgeworfenen Wall ähnlich, über
welchen der rauhe
Aelapass (2703 m) von
Bergün,
Filisur und
Alvaneu durch das
Val Spadlatscha (mit der Aelahütte des S. A. C.
in 2201 m) nach dem
Val d'Err und ins
Oberhalbstein hinüberleitet
(Tinzen-Bergün 8 Stunden).
Der wilde Gebirgswall zwischen Tinzenhorn
und
Piz Michel mit den Punkten 2718 und 2996 m ist dagegen ohne
eigentlichen Passeinschnitt und besitzt nur nach beiden
Seiten mit steilen Kaminen in Verbindung stehende
Scharten, von denen
eine einzige einigermassen praktikabel für einen Uebergang ist. Nach NO. setzt sich der Tinzenhorngrat
zum
Fil da Scidier
(2810 m) und
Scidier (2599 m) über der Aelahütte im obersten
Val Spadlatscha fort. Im N. öffnet sich
die wilde Felsennische des bei
Alvaneu Bad mündenden
Schaftobels, in dessen wüstem
Hintergrund gegen das Tinzenhorn
hin ein
von
Schutt umgürteter, fast 250 m langer Alpensee liegt. Im SW. und S. befinden sich der in stummer Abgeschiedenheit sich
dehnende
Lai da Tigiel, der aus Schiefern aufgebaute
Pizzo Grosso und der
Ursprung des zum
Val d'Err hinabstürzenden
Thälchens der Alp
Tigiel. Das Tinzenhorn
wurde 1865 zuerst von E.
Hauser in
Chur
¶
mehr
und dem Engländer Freshfield erstiegen. Die Ersteigung erfolgt von der Aelahütte im Val Spadlatscha aus und erfordert von
Bergün her 8½, von Bad Alvaneu und Filisur her je 9, von der Aelahütte aus 4½-5 Stunden. Sie erfordert eine 4 Stunden lange
schwierige Kletterpartie über Felsen, schmale Bänder und einen Grat zum Gipfel, der einen Rücken bildet.
Grossartige Fernsicht, die ähnlich derjenigen des Piz d'Aela ist: man erblickt die Berninagruppe, den Monte della Disgrazia,
die Bergamasker Alpen, die Rheinwaldgruppe, die Walliser- und Berneralpen, Tödi, Claridenstock, Calanda, Churfirsten, Rheinthal
und Bodenseegegend, den Rätikon, die Silvretta, Ortlergruppe etc. Der Abstieg vom Tinzenhorn
zum Lai da Tigiel
im Oberhalbstein dauert etwa 4, bis Tinzen 5½ Stunden.
Das Tinzenhorn
ist sogar schon zur Winterszeit bestiegen worden. Je nach Schnee- und Eisverhältnissen und der Auffassung
des Touristen wird bald der Piz d'Aela, bald das Tinzenhorn
für die schwierigere Partie gehalten. Der Berg besteht zur Hauptsache
aus dem Hauptdolomit der Trias, dem am NNO.-Grat gegen Val Spadlatscha hin rätische und Lias- oder Steinsbergkalke
aufgesetzt sind. Die Bündnerschieferbildungen des Oberhalbsteins fallen unter die Kalke und Dolomite der Trias ein. Rückbiegung
der Schiefermulde kann am Kalkrand aber nicht mehr direkt beobachtet werden, weshalb es wahrscheinlich ist, dass die Triasmassen
der Bergünerstöcke als Schollen über die jüngern Schieferbildungen (wohl Oligozänflysch) hergeschoben wurden.