Traktatshafen in der chines. Provinz Petschili, am Ausfluß des Großen Kanals in den Peiho, 45 km vom Meer
gelegen, mit 950,000 Einw., gilt als Eingangsthor Pekings von der Seeseite, ist Sitz verschiedener Konsuln (darunter auch eines
deutschen Berufskonsuls), Standort eines von Europäern geschulten chinesischen Armeekorps und nicht bloß für den westeuropäischen
Handel (der Wert der Ein- und Ausfuhr betrug 1887: 7,652,000 Taels), sondern insbesondere auch für den russisch-chinesischen
Landhandel der wichtigste Stapelplatz.
Die Zahl der im Hafen von Tiëntsin 1888 ein- und ausgegangenen Schiffe belief sich auf 1140 mit 864,098 Ton. Die Handelsniederlassung
der Europäer liegt am Nordufer des Peiho, 3 km von der chinesischen Stadt, und enthält großartige Warenmagazine und schöne
Wohnhäuser. Die an der Peihomündung liegenden Takuforts wurden 23. Mai 1858 und wieder 21. Aug. 1860 von
den Franzosen und Engländern erobert, worauf die Einnahme von Peking und 24. und 25. Okt. die Bestätigung der Verträge von Tiëntsin vom 26. und 27. Juni 1858 (s.
China, S. 20) erfolgte.
Seither wurden neue Forts errichtet, ältere umgebaut, ein ausgedehntes befestigtes Lager angelegt, Kruppsche
Riesenkanonen aufgestellt, zwei Minensperren vorbereitet und bei Tiëntsin eine Torpedoflottille stationiert, so daß
die französische Flotte 1885 einen Angriff auf Tiëntsin nicht wagte, sich vielmehr auf die Blockierung der Peihomündung beschränkte.
Hier wurde auch 9. Juni 1885 der Friede unterzeichnet, wodurch China seine Rechte auf Tongking an Frankreich
abtrat.
(Thien-tsin), Stadt in der chines. Provinz Pe-tschi-li, auf beiden, durch eine Schiffbrücke
verbundenen Ufern des Pei-Ho, 75 km von dessen Mündung in den Golf von Pe-tschi-li, etwa 150 km von Peking. Die chines. Bevölkerung
wird auf 950000 Seelen geschätzt. Tien-tsin bildet ein mit einem Graben und Mauer umgebenes, von geraden und schmutzigen Straßen
durchzogenes Viereck, hat eine Eisenbahn-, Marine- und Kriegsschule. Eisenbahnen führen nach Peking und
Shan-hai-kwan.
Durch seine Lage am nördl. Ende des Kaiserkanals und der Verbindungsstelle des letztern mit dem Pei-Ho für den Handelsverkehr
von ganz China, namentlich den Durchgangshandel, von großer Bedeutung, wird Tien-tsin Hafen der Reichshauptstadt Peking und einer
der Hauptknoten des Verkehrs zwischen dem Norden und Süden des Landes. Oft ist aber der Fluß für große
Seeschiffe zu seicht, auch Überschwemmungen kommen vor; während des Winters sperrt Eis die Mündung. 1895 liefen 1352 Schiffe
mit 1,22 Mill. Registertons ein und aus, darunter 664 Dampfer.
Der Wert der fremden Einfuhr betrug 1896: 6 651 219, der der Ausfuhr 8 776 097 Haikwan-Taels.
Eingeführt werden Baumwollwaren und Garne, Zucker, Petroleum, Zündhölzchen; ausgeführt Thee, Wolle, Felle, Hörner, Kohlen,
Medizinen und Sorghumbranntwein. Aus andern Teilen Chinas kommen Reis, Weizen, Seidenwaren u. s. w. nach Tien-tsin. Die Handelsniederlassung
der Europäer liegt auf dem südl. Ufer des Pei-Ho, etwa 3 km von der chines.
Stadt entfernt. Tien-tsin ist Sitz eines deutschen Konsuls. - Zu Tien-tsin fand 24. und 25. Okt. 1860
die
Ratifikation der Friedensverträge zwischen China und England und Frankreich statt, durch welche China für den Handel mit dem
Auslande geöffnet wurde. Zu Tien-tsin wurde 9. Juni 1885 der Friede mit Frankreich unterzeichnet, durch welchen
Tongking an Frankreich kam.