Tiefenmessung
[* 1] von
Gewässern
(Bathometrie) wird bei geringer Tiefe mit dem Peilstab, bei größerer
mit dem Tiefenlot ausgeführt. Während die Alten sich hinsichtlich des
Meers mit
Schätzungen von
dessen
Tiefe begnügten und annahmen, daß die größten Meerestiefen den höchsten
Erhebungen der
Gebirge entsprechen, fing man im
Mittelalter an,
geringere Tiefen mit der
Sonde oder dem
Senkblei zu messen. Die
Lotleinen der Entdecker sollen nur 400 m
Länge besessen haben, 1818 aber erreichte
John
Roß in der
Baffinsbai mit einer Tiefseezange von
6 Ztr.
Gewicht den Meeresboden
bei 1970 m. In eine neue
Phase trat die Tiefenmessung
mit den unterseeischen Telegraphenkabeln, für welche es von
großem praktischen
Interesse war, die Tiefen der betreffenden Meeresteile kennen zu lernen.
Die großartigsten
Unternehmungen dieser Art wurden von
der nordamerikanischen, besonders aber von der englischen
Marine (Lightning-,
Porcupine-,
Challenger-Expedition) ins Werk gesetzt, denen sich die deutsche
Gazelle und die nordamerikanische
Tuscarora anschlossen.
Die Messung größerer Tiefen erfordert besondere
Apparate. Für 200-300 m genügt ein gewöhnliches Handlot, bis etwa 2000 m
ein
Lot von
70-80 kg, welches mittels eines 25
mm dicken
Taues herabgelassen u. wieder aufgewunden wird.
Für größere Tiefen versagen diese Apparate, es ist nicht mehr möglich, den Moment zu bestimmen, in welchem das Lot den Meeresboden erreicht, und indem das Tau noch beständig abrollt, gelangt man zu ganz abenteuerlichen Resultaten. Größere Sicherheit gewährte zuerst Brookes Bathometer [* 1] (Fig. 1), dessen sich Maury bediente. Dasselbe besteht aus einer durchbohrten Kanonenkugel A, durch welche ein Stab [* 2] B mit zwei beweglichen Armen C an seinem obern Ende gesteckt ist.
Die
Arme sind, wenn das
Instrument hängt, nach
oben gerichtet und so mit der
Leine a verbunden. An zwei
Haken dieser
Arme hängt ein
Band
[* 3] b, welches um die
Kugel herumgeht
und sie trägt. Stößt der
Stab nun auf den Meeresboden, so
klappen die beweglichen
Arme zurück, und infolgedessen gleitet das
Band von
den
Haken, und die
Kugel löst sich los. Der
Stab
enthält eine kleine mit
Talg ausgeschmierte Höhlung und bringt daher beim Heraufziehen Grundproben mit. Zur Erlangung größerer
Grundproben besitzt der Bulldogapparat ein aus zwei klaffenden und beim Aufziehen zusammenklappenden
Halbkugeln gebildetes
Maul; bei
Fitzgeralds
Apparat schaufelt ein durch eine
Klappe sich verschließendes Kästchen die Bodenprobe auf, und bei dem
Hydrobathometer besitzt der
Stab, auf welchen das durchbohrte und später sich ablösende
Gewicht geschoben
wird, vier durch
Ventile sich öffnende und schließende
Kammern. Es sind auch
Bathometer konstruiert worden, welche die erreichte
Tiefe selbstthätig registrieren, das von
Massey angegebene enthält z. B. ein Schaufelrad, welches beim Sinken des
Instruments
in
Rotation gerät und dabei auf ein gewöhnliches
Zählwerk
[* 4] wirkt.
Eine sehr wesentliche Verbesserung der
Bathometer rührt von
Thomson her, nämlich die Anwendung eines dünnen Stahldrahts
an
Stelle der bisher gebräuchlichen dickern
Leine, welcher im
Wasser eine geringere
Reibung
[* 5] erleidet und deshalb schneller und
sicherer fungiert. In neuerer Zeit hat man sich aber bemüht, die
Lotleine ganz zu vermeiden, was auch
in vielen
Fällen vortrefflich gelungen ist.
Rousset hat ein
Bathometer konstruiert
[* 1]
(Fig. 2, S. 696), welches aus einer weiten,
starkwandigen
Röhre besteht, in der sich ein Uhrwerk befindet zur Registrierung der Anzahl Um-
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Brookes Bathometer.] ¶
mehr
drehungen einer unter dem Apparat befindlichen mehrflügeligen Schraube. Ein großer Schwimmer am obern Ende des Rohrs treibt den Apparat im Wasser aufwärts, nachdem durch Aufstoßen auf dem Grund ein Ballastgewicht abgefallen und damit zugleich die vorher arretierte Schraube ausgelöst ist. Durch die angegebene Anzahl der Umdrehungen dieser Schraube beim Aufwärtssteigen wird dann der zurückgelegte Weg bestimmt. Auf ganz andern Prinzipien beruhen das Siemenssche Bathometer u. die Lote von Hopfgartner-Arzberger und von William Thomson.
Siemens ging von dem Satz aus, daß die gesamte Gravitation der Erde, wie sie auf ihrer normalen Oberfläche gemessen wird, aus den einzelnen Anziehungen aller ihrer Teile sich zusammensetzt, und daß die Anziehung eines jeden gleichen Volumens sich direkt mit der Dichtigkeit und umgekehrt wie das Quadrat seiner Entfernung vom gemessenen Punkt ändert. Da nun die Dichtigkeit des Seewassers von der des Gesteins bedeutend abweicht, so folgt, daß eine bestimmte Tiefe des Meerwassers einen merklichen Einfluß auf die Gesamtgravitation haben wird, die an der Oberfläche des Meers gemessen wird.
Das hierauf gegründete Bathometer besteht im wesentlichen aus einer senkrechten Quecksilbersäule in einer Stahlröhre, die an beiden Enden tellerartig erweitert ist. Die untere Erweiterung schließt mit einem wellig gebogenen dünnen Stahlblech, und das Gewicht des Quecksilbers wird balanciert durch die Elastizität von zwei Spiralfedern, welche auf den Mittelpunkt des Bleches aufsetzen und so lang sind wie die Quecksilbersäule. Das Instrument ist so aufgehängt, daß es stets in vertikaler Lage verharrt.
Die Ablesung erfolgt durch einen elektrischen Kontakt, der zwischen dem Ende einer Mikrometerschraube [* 7] und dem Mittelpunkt der elastischen Scheibe angebracht ist. Mit der Anziehungskraft ändert sich das Gewicht des Quecksilbers, und die Schwankungen des Instruments sind so bemessen, daß die durch einen Faden [* 8] Tiefe hervorgebrachte Verminderung der Schwere je einem Grade der Skala entspricht.
Vgl. Siemens, Der Bathometer (Berl. 1877).
Das Bathometer von Hopfgartner [* 6] (Fig. 3) lehrt die Meerestiefe finden durch den Druck, den die ganze über ihm ruhende Wassersäule auf Metalldosen ausübt, welcher durch Verschiebung eines Index registriert wird. In dem untern Bügel eines starken Messingrahmens R befindet sich ein Schraubengewinde, in welches ein Zapfen [* 9] Z paßt, der in beliebiger Stellung durch eine Kontermutter M festgeklemmt werden kann. Auf diesem Zapfen befinden sich übereinander drei luftdicht verlötete Metalldosen D, welche unter sich durch massive Verbindungsstücke V vereinigt sind.
Die oberste dieser Dosen trägt einen doppelten Arm A, welcher sich oben ringförmig um einen graduierten Cylinder C schließt, der an dem obern Bügel des Rahmens R festsitzt und zwar so, daß die Umgreifung des Arms um den Cylinder C auf allen Seiten etwas Spielraum hat. An demselben Cylinder ist innerhalb des fensterförmigen Armes A ein Nonius [* 10] mit großer Reibung verschiebbar, der vor Benutzung des Apparats auf Null einzustellen ist. Darauf muß man den obern Teil des Armes A mit der obern Kante des Nonius genau in Kontakt bringen.
Wird nun der Apparat in das Wasser versenkt, so übt dasselbe einen mit zunehmender Tiefe wachsenden Druck auf die Dosen aus, diese werden zusammengepreßt und um so mehr, je tiefer der Apparat eintaucht; dadurch aber bewegen sie den Arm A und mit ihm den Nonius nach unten, der an seiner tiefsten Stelle stehen bleibt, wenn der Druck wieder nachläßt. Man kann also aus dem zurückgelegten Weg des Nonius den belastenden Wasserdruck und aus diesem die Höhe der Wassersäule ermitteln.
Selbstredend ist dieser Mechanismus durch Umgebung mit einem starken Metallcylinder vor dem leichten Zerbrechen geschützt. Bei Thomsons Apparat hat die Lotleine (Stahldraht) nur den Zweck, das Bathometer ins Meer herabzulassen und wieder heraufzuholen; gemessen wird mit der Leine nicht. Der Lotkörper, nahezu 1 m lang und 11 kg schwer, ist ein unten offenes Metallrohr, in welches ein Glasrohr eingeschoben ist, dessen innere Wandung mit chromsaurem Silber belegt ist.
Mit zunehmender Tiefe wird das Seewasser mehr und mehr im Innern des Rohrs aufsteigen und dadurch die rote Farbe in eine gelblichweiße verwandeln. Aus der Höhe dieses andersfarbigen Streifens kann man empirisch die gelotete Tiefe bestimmen. Ist indes das Seewasser wenig salzig, wie z. B. das der Ostsee, so wird die Bestimmung der Höhe dieses Streifens unsicher, und man läßt dann durch den erhöhten Wasserdruck eine Lösung von Eisenvitriol in die mit rotem Blutlaugensalz an den Innenwänden bestrichene Glasröhre eintreten, welche durch Bildung von Berliner Blau [* 11] anzeigt, wie weit die Lösung in der Röhre gestiegen ist. Bei Tiefen von mehr als 500 m werden die Angaben dieses Apparats sehr unsicher.
[* 6] ^[Abb.: Fig. 2. Roussets Bathometer.]
[* 6] ^[Abb.: Fig. 3. Hopfgartners Bathometer.]