Tiber
(ital. Tevere; frz. Tibre; lat. Tiberis, in frühester Zeit Albula), der größte Fluß Mittelitaliens, entspringt im Etruskischen Apennin, 33 km im OSO. von der Arnoquelle, an der Südseite des Monte-Fumajolo beim Dorf Balze (594 E.), in 1100 m Höhe, in der Provinz Arezzo, erhält sofort zahlreiche Bäche, fließt zuerst westlich, wendet sich bald nach S. in den östl. Teil der Provinz Arezzo, erhält im tiefen Thal, [* 2] über das sich an den Seiten die Gebirgszüge mehr als 1000 m erheben, viele Wasseradern, hat bei Borgo San Sepolcro ein breiteres Thal und kommt unterhalb desselben in die röm. Provinz Perugia, die er in ihrer ganzen Länge, zuerst in der Mitte, dann an der Westgrenze bespült, überall durch zahlreiche Zuflüsse verstärkt, besonders südöstlich von Perugia durch den Topino mit dem Clitunno.
Von Todi ab wendet sich der Fluß südwestlich und hat viele Stromschnellen bis zur Mündung der Paglia, die bei Orvieto die Chiana erhalten hat. Nun schlägt er wieder südöstl. Richtung ein, in der er 1860–70 die Nordostgrenze des Kirchenstaates bildete und wo er stets von der Eisenbahn Florenz-Rom begleitet wird. Unterhalb Orte kommt links die wasserreiche Nera mit dem Velino hinzu, dann umzieht der an der Westseite der Monti Sabini im östl. Bogen [* 3] den Monte-Soratte, tritt, sich etwas westlich wendend, in die röm. Ebene, geht in vielen Windungen durch ein flaches, aufgeschwemmtes Bett, [* 4] empfängt kurz vor Rom [* 5] links, von Tivoli her, den Anio (Aniene) oder Teverone (s. Karte: Rom und Umgebung, Bd. 13) und durchfließt Rom auf einer gewundenen Strecke von 4½ km (s. den Plan: Rom).
Hier ist der Tiber
kanalisiert (die schmalsten
Stellen früher nur 60 m breit), durchgängig 100–120 m breit und 5 m tief,
steigt jedoch bei
Hochwasser 10 m und darüber. Unterhalb
Rom ist sein südwestl. Lauf noch über 30 km
lang und schließlich geteilt. Der Hauptstrom geht durch einen altröm., 5 km langen
Kanal,
[* 6]
Fossa Trajani, in das
Tyrrhenische Meer,
vorüber an Porto, das zur Zeit
Trajans am
Meere lag, bis zum 3 km westlich liegenden Hafenort
Fiumicino (604
E.) mit Kastell und Seebad.
Der alte eigentliche, aber versandete Mündungsarm geht an
Ostia vorüber, 4 km südlich von diesem, das auch am
Meere lag,
und südlich der
Heiligen
Insel (Isola sacra) ins
Meer. Diese Mündungen werden jährlich durch die
Anschwemmungen des um 4 m
hinausgeschoben. Die Länge des Tiber
beträgt 390 km, der Abstand der Mündung von der
Quelle
[* 7] 225 km. Das
Wasser ist trübe und seine Menge sehr schwankend, so daß
Überschwemmungen seit dem
Altertum eine Kalamität für
Rom bilden.
Die große
Flut im Dez. 1870 zeigte im Ripettahafen eine Höhe von 16,33 m (Normalstand 6,13 m), wobei
in der Sekunde 2500 cbm vorbeiströmten. Die größte bekannte
Flut (von 1598) erreichte eine Höhe von 18,67 m, so daß in der
Sekunde 4500 cbm Wasser vorüberschossen. Im
Altertum war der Tiber
bei seiner Schiffbarkeit ein Hauptverkehrsweg für
Rom, jetzt
gehen nur kleine
Dampfer nach
Fiumicino und
Barken aufwärts bis Orte. Im T. leben die geschätzten Spigola,
eine Art
Barsch, der Sturione
(Stör) und am
Ausfluß
[* 8] der Kloaken der minder begehrte
Aal. –
Vgl. Narducci, Saggio di bibliografia del Tevere (Rom 1876);
Smith, The Tiber
and its tributaries (Lond. 1876);
Nissen, Italische Landeskunde, Bd. 1 (Berl. 1883).