(roman. Tuseun), Marktflecken im schweizer. Kanton Graubünden,
Hauptort des Bezirks Heinzenberg, an der Mündung der Nolla in
den Hinterrhein (oberhalb beginnt die Via mala), 746 m ü. M., mit Korn- und Viehhandel und (1880) 1126 Einw. Thusis ist wichtig
als Kreuzungspunkt der Splügen- und der Schynstraße.
In der Nähe die Burgruine Hohen-Rätien (Hohen-Realta, 950 m hoch) mit
schöner Aussicht.
Vgl. Lechner, Thusis und die Hinterrheinthäler (Chur 1875);
Rumpf, Thusis (Zürich
1881).
(Kt. Graubünden,
Bez. Heinzenberg).
Verwaltungskreis mit den Gemeinden Cazis, Flerden, Masein, Portein, Präz, Sarn, Tartar, Thusis, Tschappina
und Urmein. Zieht sich auf der linken, westl. Seite des Hinterrheins auf eine Strecke von 10 km von N. nach
S. Im N. grenzt er an den Kreis Rhäzüns; im O. trennt ihn der Hinterrhein vom Kreis Domleschg; im S. bildet die Nolla die Grenze
gegen den Kreis Schams, mit der Ausnahme jedoch, dass der auf der rechten oder südlichen Seite dieses
Wildwassers gelegene Weiler Uebernolla noch zum Kreis Thusis gehört; im W. bildet der Heinzenberger Grat die Grenze gegen den
Kreis Safien. Dem Rhein entlang durchziehen die «untere Kommerzialstrasse» und die Linie
Chur-Thusis der Albulabahn den Kreis seiner ganzen Länge nach. Ausser Cazis und Thusis, die in der Thalsohle
an der Strasse und Bahnlinie liegen, befinden sich alle andern Gemeinden am Abhang des Heinzenberges.
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Alle sind durch Kommunalstrassen mit der Hauptstrasse verbunden. 515 Häuser und 3181 Ew., wovon 2093 Reformierte und 1088 Katholiken.
Von den einzelnen Gemeinden ist Cazis katholisch; Tartar zählt mehr Katholiken als Reformierte, wogegen die Einwohner der
übrigen Gemeinden in überwiegender Mehrzahl Protestanten sind. Ausser in Thusis, wo Handel und Gewerbe
die Haupterwerbsquellen sind, treiben die Bewohner des Kreises hauptsächlich Wiesenbau, Alpwirtschaft und Viehzucht. Die
Viehzucht nimmt im Kreis Thusis eine in Bezug auf Qualität und Quantität hohe Stufe ein.
rätoromanisch Tusaun und Tosana (Kt. Graubünden,
Bez. Heinzenberg,
Kreis Thusis). 720 m. Gem. und Pfarrdorf, links über der Vereinigung
der Nolla mit dem Hinterrhein und am O.-Fuss des Heinzenbergs. Station der Albulabahn. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen
über den Splügen nach Chiavenna und über den St. Bernhardin nach Bellinzona. Strasse durch die Viamala nach Splügen, durch
die Schynschlucht nach Tiefenkastel, durch das Domleschg nach dem Vorderrheinthal, sowie Kommunalstrasse nach Tschappina.
Gemeinde, mit dem Weiler Uebernolla: 132 Häuser, 1281 Ew.; Dorf: 125 Häuser, 1183 Ew. 966 Reformierte und 315 Katholiken;
990 Ew.
deutscher und 204 romanischer Sprache.
Reform. Pfarrei, römisch-katholische Kapelle, englischer Gottesdienst. Der prachtvollen
Lage, dem angenehmen Klima und der Nähe der weltberühmten Schluchten der Via mala und des Schyn verdankt
Thusis seinen Aufschwung als Kur- und Fremdenort. Grosse Gasthöfe; Wein- und Viktualienhandel, viele Verkaufsläden. Grosse
Calciumkarbidfabrik. In Thusis finden die grössten Viehmärkte nicht nur in Graubünden,
sondern wahrscheinlich der ganzen Schweiz statt.
An die Stelle des mit dem Bau der Gotthardbahn eingegangenen einstigen Transitverkehrs ist heute der grosse Touristenverkehr
nach Via mala und Schyn getreten.
Urkundlich wird Thusis zum erstenmal 1156 als «Tosana» genannt;
sodann 1268: Tosan;
1290: Tusans;
1387: ze Tuses;
1394: ze
Tusens;
1450 Thusis. Prof. Muoth leitet den Namen von tosa, einem häufig vorkommenden Appellativ für ein ungestümes Wildwasser
(hier sowohl der Hinterrhein als namentlich auch die Nolla) her.
Aus dem Besitz der Freiherren von Vaz,
denen Thusis im 12. Jahrhundert gehörte, ging es 1333 durch Erbschaft in den der Grafen von Werdenberg-Sargans über, deren
einer es 50 Jahre später an Ulrich von Rhäzüns verkaufte. 1459 gelangte Thusis neuerdings an die Werdenberger, die es 1475 für 3000 rheinische
Gulden an das Bistum Chur abtraten. 1559, 1575, 1656, 1727 und 1845 wurde der Ort durch Feuersbrünste ganz oder teilweise zerstört.
Nach dem Brand von 1845 baute man ihn an der Splügenstrasse als sehr stattlichen Flecken neu auf.
Auch Nollaausbrüche haben Thusis wiederholt schwer heimgesucht, und 1610 wurden durch die Rüfe des Porteinertobels
viele Güter zerstört. Die Pest richtete 1542, 1550, 1551, 1556, 1581, 1585 und 1629 grosse Verheerungen unter der Bevölkerung
an. Eine traurige Berühmtheit hat Thusis durch die hier abgehaltenen Strafgerichte von 1573 und besonders von 1618 erlangt.
Auch sonst litt das Dorf viel unter den politischen Wirren nach der Reformation. 1621 schlug Jürg Jenatsch
mit den Leuten aus dem Unter Engadin und dem Münsterthal die katholischen Oberbündner in einem Treffen bei Thusis, wodurch
er dieses und Sils vor der Einäscherung rettete. 1666 kaufte sich Thusis mit andern Gemeinden von den Hoheitsrechten
des
Bistums Chur los. Auch in den Kriegsjahren zu Ende des 18. Jahrhunderts wurde Thusis hart mitgenommen.
Von 1530 an war der Chronist Ardüser längere Zeit Schulmeister in Thusis. Vergl. Lechner, Ernst. Thusis und die Hinterrheinthäler.
Chur 1897. - Rumpf, A. Thusis. (Europ. Wanderbilder. 15). Zürich
1881. - Heer, J. C. Thusis. Samaden 1907.
roman. Tusaun, ital. Tosana, Marktflecken im Bezirk Heinzenberg des schweiz. Kantons Graubünden,
in 731 m Höhe, auf der linken
Seite des Domleschg am Hinterrhein, wo derselbe aus der Kluft der Via mala heraustretend links die Nolla
aufnimmt, an der Linie Thusis-Chur-Davos-Platz (91,3 km), hat (1888) 1069 E., darunter 186 Katholiken,
Post, Telegraph; Korn- und Viehhandel, bedeutende Jahrmärkte. Fünfmal fast gänzlich durch Feuer verwüstet, wurde Thusis nach
dem letzten Brande (1845) an anderer Stelle unterhalb des alten Dorfteils wieder aufgebaut. Dank seiner
Umgebung, in welcher die Via mala und der Schynpaß die bemerkenswertesten Punkte sind, und seiner Lage am Kreuzungspunkt der
Splügen- und der Schynstraße hat Thusis als Übergangsstation nach dem Engadin sehr lebhaften Fremdenverkehr
und wird als Luftkurort besucht. Jenseit des Rheins die Trümmer von Hohen-Rhätien oder Hoch-Realte (Hoch-Ryalt 950 m),
der ältesten aller Schweizer Burgen. -
Vgl. Lechner, Thusis und die Hinterrheinthäler (2. Aufl., Chur 1897).