Titel
Thunstetten
(Kt. Bern, Amtsbez. Aarwangen). 511 m. Gem. und Pfarrdorf auf dem Höhenzug zwischen Langenthal und Herzogenbuchsee, 3 km sw. Langenthal und 1,5 km s. der Station Bützberg der Linie Olten-Bern. Post und Telegraph in Bützberg, Telephon in Thunstetten. Die Gemeinde zählt drei Quartiere: 1) Bützberg mit Batzwilhof, Dorf Bützberg, Rain, Weissenried und Welschland;
2) Forst mit Butzenmatt, Erlenmoos, Halden, Holz, Moos und Rengershäusern;
3) Thunstetten mit Hof, Ischmatt, Rank und Wischberg. Zusammen: 228 Häuser, 1561 reform. Ew.; Dorf: 66 Häuser, 475 Ew. Landwirtschaft. Drei Käsereien. Käsehandel; Handel mit Kälbern und Mastschweinen. Baugeschäft und Holzschuhmacherei. Elektrisches Sägewerk. Hydrantennetz. Refugium auf dem «Sengeli»; Grabhügel mit einem Frauengrab auf dem «Herdli». In Thunstetten bestand eine 1220 zum erstenmal erwähnte Komthurei des Johanniterordens. Ihre wahrscheinlichen Stifter waren der Herzog Otto II. von Meran und seine Gemahlin Beatrix von Burgund, eine Enkelin des Kaisers Barbarossa.
Nachdem Papst Innozenz IV. im Jahr 1245 der neuen Stiftung Privilegien erteilt hatte, mehrte sich ihr Besitz rasch durch Vergabung und Kauf. Sie gewann schon im 13. Jahrhundert Güter im ganzen Ober Aargau und im Kanton Solothurn und erwarb die Kirchensätze von Lotzwil, Egerkingen und Aetigen im Kanton Solothurn, sowie Rohrbach und Waldkirch (eingegangene Kirche bei Niederbipp). In der Reformation hob Bern 1528 die Komthurei auf und zog alle Güter und Kirchensätze an sich trotz Protestes des Ordens und der katholischen Kantone. Das jetzige Pfarrhaus war die Wohnung der Komthurn. 1745 wurde die jetzige Kirche gebaut. Bis 1538 gehörte auch Langenthal kirchlich zu Thunstetten. Das auf aussichtsreicher Höhe neben der Kirche stehende Schloss wurde 1715 von Hieronymus von Erlach (1667-1748), österreichischem Feldmarschallleutnant und 1707-1713 Landvogt von Aarwangen, gebaut. Die Herrschaftsrechte auf Thunstetten, die er
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1721 von Bern erworben, trat er 1746 an Bern wieder ab; das Schloss hingegen wurde von da an Privatbesitz und ist es jetzt noch. Hier verlebte der Schriftsteller Alfred Hartmann (1814-1897) als Sohn des damaligen Oberamtmanns des Amtes Aarwangen seine Jugendzeit, und das Schloss und seine Umgebung ist auch der Schauplatz seines Romans Meister Putsch und seine Gesellen (erste Ausgabe: Solothurn 1858). 1220: Tunchstetten; 1228: Tuncstetin; 1387: Thungstetten. Die Ableitung des Namens vom keltischen dunum = Hügel und dem lateinischen statio = Wachtposten ist sehr zweifelhaft. - Vergl. Mülinen's Heimatkunde des Kantons Bern (5. Heft. Bern 1890).