Thronfolge
,
der Eintritt des Regierungs
nachfolgers (Thronfolgers
) in die Hoheitsrechte des bisherigen Monarchen, der
Erwerb der Staatshaupteigenschaft. Das
Recht auf diese Eigenschaft wird in der
Erbmonarchie, im Gegensatz
zur Wahlmonarchie, durch
Geburt erworben und innerhalb einer und derselben Familie, der Dynastie, in einer bestimmt geordneten
Reihenfolge übertragen. Die ganze Thronfolge
ist öffentlichrechtlichen Charakters. (S. Erbfolge.) Die Bestimmungen
über die Thronfolge
sind für die ältere Zeit in den fürstl.
Hausgesetzen, jetzt in den Verfassungsurkunden der Einzelstaaten enthalten. Sie können also nur auf dem
Wege der Verfassungsänderung modifiziert werden. Die Thronfolge
innerhalb derselben Familie heißt ordentliche Thronfolge; dabei
kommt in Betracht das Thronfolge
recht und die Thronfolgeordnung. Das Thronfolgerecht bestimmt den
Kreis
[* 2] von
Personen, an welche
die
Krone überhaupt fallen kann; danach wird zur Successionsfähigkeit verlangt
eheliche Abstammung vom
ersten Erwerber (primus acquirens) der Landeshoheit aus ebenbürtiger
Ehe.
Außerdem ist die in
Deutschland
[* 3] eine agnatische im deutschrechtlichen
Sinne; es besteht überall (im Gegensatz zu England
und
Spanien)
[* 4] ein Vorzug des Mannsstammes, d. h. der von Männern abstammenden
Männer vor dem Weibsstamme, d. h. den Weibern
und den von Weibern abstammenden Männern. In einzelnen
Staaten, wie in
Preußen,
[* 5]
Sachsen-Altenburg,
Sachsen-Coburg-Gotha,
den beiden Fürstentümern Reuß
[* 6] und
Mecklenburg,
[* 7] ist ausschließlich der Mannsstamm successionsberechtigt, so daß die Kognaten
von der Thronfolge
gänzlich ausgeschlossen sind (franz.
System, lex Salica); in andern
Staaten, wie in
Bayern,
[* 8]
Sachsen,
[* 9]
Württemberg,
[* 10] Baden,
[* 11] Hessen,
[* 12]
Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck
[* 13] und Schaumburg-Lippe, tritt erst nach Aussterben des
gesamten Mannsstammes eine kognatische
Succession ein (deutsches
System).
Aus allen Successionsfähigen wird, da der
Staat unteilbar ist, nur einer zur Thronfolge
berufen. Diesen einen bestimmt die Thronfolgeordnung.
Sie ist heute in
Deutschland überall die Primogeniturordnung (s. Primogenitur).
Tritt bei
Mangel eines successionsberechtigten
Familienmitgliedes die außerordentliche Thronfolge
ein, so kann der Successionsberechtigte durch
Erbverbrüderungen, d. h.
Verträge zwischen Fürstenhäusern, durch welche dieselbe für den Fall des Aussterbens ihres Hauses
sich ein gegenseitiges Successionsrecht zugesichert haben, bestimmt sein. Andernfalls könnte der letzte Kroninhaber bei
seinen Lebzeiten in Übereinstimmung mit der
Volksvertretung für die künftige
Besetzung des
Thrones durch ein neues
Verfassungsgesetz Vorsorge treffen. Sollte es endlich beim
Tode des letzten
¶
mehr
Kroninhabers an einer derartigen gesetzlichen Vorsorge fehlen, dann würde die Volksvertretung berufen sein, den Thron [* 15] durch Wahl eines neuen Monarchen wieder zu besetzen. -
Vgl. Schulze, Das deutsche Fürstenrecht (im 1. Teil von von Holtzendorffs «Encyklopädie der Rechtswissenschaft», 5. Aufl., Lpz. 1890);
G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts (4. Aufl., ebd. 1895), §. 85.