von Aquīno (Thomas von Aquino Aquinas), berühmter Scholastiker, geb. 1225 auf dem Schloß Roccasecca im Neapolitanischen aus
einem alten Adelsgeschlecht, ward im Kloster Monte Cassino erzogen und trat gegen den Willen seiner Eltern 1243 zu Neapel in
den Dominikanerorden ein, studierte in Köln und Paris und trat hier 1248 als Lehrer der scholastischen
Philosophie mit solchem Beifall auf, daß er den Beinamen eines Doctor universalis und angelicus erhielt. Papst Urban IV. berief
ihn 1261 nach Italien zurück, worauf Thomas von Aquino zu Bologna, Pisa und Rom lehrte.
Seit 1272 zog er sich in dasselbe Kloster zu Neapel zurück, in das er zuerst eingetreten war, und starb 6. März 1274 im
Kloster Fossanuova bei Terracina auf der Reise zum Konzil von Lyon. Thomas von Aquino ward 15. Juli 1323 kanonisiert und galt für den größten
Kenner der Aristotelischen Philosophie. Als einer der Hauptverfechter des Realismus übte er einen großen Einfluß in den
scholastischen Streitigkeiten seiner Zeit aus. Seine in vielen Einzelausgaben gedruckten Hauptwerke sind:
der Kommentar über des Petrus Lombardus vier Bücher Sentenzen;
ferner »Summa theologiae« (hrsg. von Nicolai u. a., 13. Aufl.,
Regensburg 1884, 8 Bde.; deutsch von Schneider, das. 1886 ff.),
der erste vollständige Versuch eines theologischen Systems;
»Summa fidei catholicae contra gentiles«;
»Quaestiones disputatae et quodlibetales« und »Opuscula
theologica«. Er begründete besonders die Lehren vom Schatz der Kirche an überflüssigen Werken, von der Transsubstantiation
und von der Infallibilität des Papstes.
Seine Schriften (Gesamtausgabe, Parma 1852-72, 25 Bde., und auf Veranlassung des Papstes
Leo XIII., Rom 1882 ff.; Auswahl, Turin 1886, 3 Bde.) genossen lange in der
katholischen Kirche eine Art von kanonischem Ansehen, und namentlich war er stets die Hauptautorität der Dominikaner. Doch
trat schon um 1300 der Franziskaner Duns Scotus gegen ihn auf und gründete die philosophisch-theologische Schule der Skotisten,
mit welcher die Thomisten auf den Universitäten in Fehde lebten.
Letztere verteidigten namentlich im Anschluß an Thomas von Aquino die strenge Lehre Augustins von der Gnade und bestritten
die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria. In beiderlei Beziehung ist die spätere Kirche von der Lehrautorität des heil.
Thomas von Aquino abgewichen.
Vgl. Werner, Der heil. Thomas von Aquino (Regensb. 1858-59, 3 Bde.);
Jourdain, La philosophie de saint Thomas d'Aquin (Par. 1858, 2 Bde.);
Baumann, Die Staatslehre des heil. Thomas von Aquino (Leipz.
1873);
Holtzmann, Thomas von Aquino und die Scholastik (Karlsr. 1874);
Eucken, Die Philosophie des Thomas von Aquino und die Kultur der Neuzeit (Halle 1886);
Frohschammer, Die Philosophie des Thomas von Aquino (Münch. 1889);
ferner Thömes, Divi Thomae Aquinatis opera et praecepta (Berl. 1875, Bd.
1);
Schütz, Thomas-Lexikon (Paderb. 1881).
von Aquino, Scholastiker, geb. 1225 oder 1227 auf dem Schlosse Roccasicca
im Neapolitanischen, aus einem gräfl. Geschlecht, wurde erzogen von den Benediktinern zu Monte-Cassino und setzte dann seine
Studien in Neapel fort. Wider den Willen seiner Familie trat er 1244 in den Dominikanerorden und war noch Schüler des berühmten
Scholastikers Albert d. Gr. in Köln, wo er auch seit 1248 als Lehrer der scholastischen Philosophie auftrat. 1252 ging
er nach Paris.
Seine scharfsinnige Anwendung der Lehren des Aristoteles auf die wissenschaftliche Bearbeitung der Theologie verschaffte ihm
bald einen ausgezeichneten Ruhm. Er verteidigte seinen Orden durch die Streitschrift «Contra impugnantes Dei cultum et religionem»,
und wurde von Urban IV. 1261 nach Italien berufen, um zu Rom, Bologna und Pisa Philosophie zu lehren, worauf
er von seinem Orden zum Definitor der röm. Provinz ernannt wurde. Seit 1272 hielt er sich in dem Dominikanerkloster zu Neapel
auf, um ganz seinen Studien und Vorträgen zu leben. Auf der Reise zur Kirchenversammlung nach Lyon starb er 7. März 1274 zu
Fossanuova.
Noch während seines Lebens genoß Thomas von Aquino das größte Ansehen in der Kirche; seine zahlreichen Schüler nannten ihn Doctor universalis,
auch Doctor angelicus und den zweiten Augustinus. Johann XXII. versetzte ihn 1323 unter die Heiligen. Seine Hauptwerke sind
der Kommentar über des Petrus Lombardus vier Bücher «Sententiarum», die «Summa de veritate fidei catholica
contra gentiles» und die «Summa theologiae», denen die «Quaestiones disputatae et quodlibetales»
und die «Opuscula theologica» sich anschließen.
Sie zeichnen sich nicht nur durch einen staunenswerten Aufwand von Fleiß und dialektischer Kunst, sondern auch durch den
darin unternommenen großartigen Versuch aus, das kirchliche Lehrsystem zu einer einheitlichen philos.
Weltanschauung zu erheben. Die christl. Sittenlehre behandelte er in einer ihm eigentümlichen Anordnung und einem Umfang, wodurch
er sich den Ehrennamen des Vaters der Moral erwarb. In der Reformationszeit wurde seine Autorität von den Protestanten ebenso
eifrig bestritten, als von den Katholiken verteidigt.
Das Tridentinische Konzil erhob eine Reihe von Lehren in der von Thomas von Aquino vorgetragenen Form zu kirchlichen Glaubenssätzen,
und noch heute gilt er als der angesehenste Dogmatiker der kath. Kirche, wie denn sowohl Pius IX., als ganz besonders Leo XIII.
in seiner sog. Thomas-Encyklika («Aeterni patris») vom 4. Aug. 1879 die Philosophie und Theologie des Thomas von Aquino als
Grundlage aller gelehrten Studien der kath. Christenheit erklärten. Aus dem Franziskanerorden trat im Anfange des 14. Jahrh.
Duns Scotus (s. d.) als T.s Gegner auf und gründete die philos.-theol. Schule der Scotisten, denen
mehr
seitdem die Thomisten, meist Dominikaner, als Anhänger des Thomas von Aquino gegenüberstanden. Die Thomisten vertraten in der Philosophie einen
gemäßigten Realismus, folgten der strengen Lehre Augustins von der Gnade und bestritten die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau
Maria. Die Scotisten sind entschlossene Realisten, neigen sich zum Semipelagianismus und behaupten die unbefleckte Empfängnis
der Jungfrau Maria. Der Streit wurde lange Zeit fortgesetzt mit einer Erbitterung, die fast mehr noch,
als im wissenschaftlichen Interesse, ihren Grund in der Ordenseifersucht zwischen Dominikanern und Franziskanern hatte. Die
Werke des Thomas von Aquino wurden von Pius V. (17 Bde., Rom 1570-71), neuerdings unter den Auspizien Leo XIII. (ebd., seit 1882)
herausgegeben. Einen Kommentar seiner Schriften enthält Thömes, «Divi Thomae Aquinatis opera et praecepta» (Berl. 1875).
Vgl. Hoertel, Thomas von Aquino und seine Zeit (Augsb. 1846);
K. Werner, Der heilige Thomas von Aquino (3 Bde., Regensb.
1858-59);
Jourdain, La philosophie de Saint Thomas von Aquino (2 Bde., Par.
1858);
Gibelli, Vita di Saint Thomas von Aquino (Bologna 1862);
Baumann, Die Staatslehre des Thomas von Aquino (Lpz. 1873);
Holtzmann,
Thomas von Aquino von Aquino und die Scholastik (Karlsr. 1874);
Cicognani, Sulla vita e sulle opere di S. Tommaso (Vened. 1874);
Otten, Erkenntnislehre
des Thomas von Aquino (Paderb. 1882);
Lecoultre, La psychologie d'Aristote et de Thomas von Aquino (Par. 1883);
Eucken, Die Philosophie des Thomas von Aquino und die Kultur
der Neuzeit (Halle 1886);
Frohschammer, Die Philosophie des Thomas von Aquino von Aquino (Lpz. 1889);
Antoniades, Die Staatslehre
des Thomas von Aquino von Aquino (ebd. 1890);
Guttmann, Das Verhältnis des Thomas von Aquino von Aquino zum Judentum und zur jüd. Litteratur (Gött. 1891);
Berthier, L'étude de la somme théologique de Saint Thomas von Aquino d'Aquin (Freib. i. Br. 1893);
Portmann, Das System
der theol.
Summe des Thomas von Aquino von Aquino (Luzern
1894); Abert, Sancti Thomae Aquinatis compendium theologiae (Würzb. 1896); Schütz, Thomaslexikon
(Paderb. 1895).