Thermometer
[* 3] (grch.), physik.
Instrument zur Bestimmung der
Temperatur (s. d.). Die gewöhnlichsten Thermometer
bestehen
aus einer engen, in ihrer ganzen Länge gleichweiten
Glasröhre mit einer unten angeblasenen
Kugel, die nebst einem
Teil der
Röhre mit
Quecksilber oder
Weingeist gefüllt, dann oben luftleer gemacht und zugeschmolzen ist (s. Fig. 1). Da sich das
Quecksilber oder der
Weingeist beim Erwärmen stärker ausdehnt und beim Erkalten stärker zusammenzieht
als das
Glas,
[* 4] so muß die Flüssigkeit in der engen
Röhre des Thermometer
beim Erwärmen steigen und beim Erkalten fallen. Um dieses
Steigen und Fallen
[* 5] an allen Orten und mit verschiedenen Thermometer
auf vergleichbare
Weise messen zu können, hat man zwei feste Punkte
(Fundamentalpunkte) an jedem Thermometer
angenommen, die gewissen, überall leicht wiederzufindenden
Wärmezuständen entsprechen. Der eine derselben (der Gefrier-,
Eis- oder Frostpunkt, in der
[* 1]
Figur mit EP bezeichnet) wird
bestimmt, indem man das in schmelzendes
Eis
[* 6] oder besser
mehr
Schnee, [* 8] der andere (der Siedepunkt, in der [* 7] Figur mit SP bezeichnet), indem man es in den Dampf [* 9] des bei 760 mm Quecksilberdruck siedenden Wassers taucht. Die festen Punkte, wo das Quecksilber in beiden Fällen steht, werden auf der Röhre durch Striche markiert. Der Raum zwischen beiden Punkten wird dann in eine gewisse Anzahl gleicher Teile (Grade) geteilt. Mehrere solcher Grade von derselben Große pflegt man dann auch noch oberhalb und unterhalb der Fundamentalpunkte aufzutragen.
Bei dem hundertteiligen Celsiusschen Thermometer
(1742) ist der Abstand zwischen beiden Fundamentalpunkten in 100 Grade, bei dem Réaumurschen
Thermometer
(1730) in 80 Grade, bei dem Fahrenheitschen Thermometer
(1709) in 180 Grade geteilt. (S. Celsius, Réaumur und
Fahrenheit.) Bei dem Celsiusschen und Réaumurschen Thermometer
ist der Eispunkt mit 0°, der Siedepunkt des Wassers
bei dem erstern mit 100°, bei dem letztern mit 80° bezeichnet; bei dem Fahrenheitschen Thermometer
aber ist der
Eispunkt mit 32°, der Siedepunkt mit 212° bezeichnet, wodurch Fahrenheit den Vorteil erreichen wollte,
daß man im täglichen Leben meist nur mit positiven Graden auskommt; die Grade unter Null werden mit - (minus) bezeichnet.
Bedeutet R Réaumur, C Celsius, F Fahrenheit und will man einen beliebigen Temperaturgrad n° einer Skala in Graden einer der
beiden andern Skalen ausdrücken, so gilt:
n° C. = 4/5 n° R. = (9/5 n + 32) °F.;
n° R. = 5/4 n° C. = (9/4 n + 32) °F;
n° F. = 5/9 (n-32) °C. = 4/9 (n-32) °R.
Vergleichstabelle der drei Skalen.
C | R | F | C | R | F | C | R | F |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
-40 | -32 | -40 | 5 | 4 | 41 | 55 | 44 | 131 |
-35 | -28 | -31 | 10 | 8 | 50 | 60 | 48 | 140 |
-30 | -24 | -22 | 15 | 12 | 59 | 65 | 52 | 149 |
-25 | -20 | -13 | 20 | 16 | 68 | 70 | 56 | 158 |
-20 | -16 | - 4 | 25 | 20 | 77 | 75 | 60 | 167 |
-17,8 | -14,2 | 0 | 30 | 24 | 86 | 80 | 64 | 176 |
-15 | -12 | 5 | 35 | 28 | 95 | 85 | 68 | 185 |
-10 | - 8 | 14 | 40 | 32 | 104 | 90 | 72 | 194 |
- 5 | - 4 | 23 | 45 | 36 | 113 | 95 | 76 | 203 |
0 | 0 | 32 | 50 | 40 | 122 | 100 | 80 | 212 |
Gegenwärtig ist, nach dem Vorgehen Frankreichs, im wissenschaftlichen Leben fast durchgehends die Celsius-Skala
im Gebrauch, und dieselbe verbreitet sich auch immer mehr im gewöhnlichen Leben fast aller Kulturländer; nur in England
und Nordamerika
[* 10] hat die Fahrenheit-Skala im alltäglichen Leben noch Geltung, während die bis auf die Neuzeit allgemein verbreitete
Réaumur-Skala immer mehr von der Celsius-Skala verdrängt wird. Das Quecksilber ist im allgemeinen dem
Weingeist und andern Flüssigkeiten zur Verfertigung des Thermometer
vorzuziehen, weil es einen sehr tiefen Gefrierpunkt
(-40° C.) und einen sehr hohen Siedepunkt (+360° C.) hat, mithin innerhalb weiter Temperaturgrenzen seine Anzeigen geben
kann.
Zur Beobachtung größerer Kältegrade empfehlen sich Weingeistthermometer, da der Weingeist auch bei den
größten künstlichen Kältegraden nicht gefriert. Auch Toluol ist als thermometrische Substanz versucht worden; da es den
fünffachen Ausdehnungskoefficienten hat von dem des Quecksilbers, so wird dadurch die fünffache Empfindlichkeit des Instruments
erzielt. Die Anfertigung genauer
Thermometer
erfordert so viel Vorsicht, eine so sorgfältige Auswahl der Glasröhren,
Reinheit des Quecksilbers, Genauigkeit bei Bestimmung der Fundamentalpunkte und der Graduierung u. s. w.,
daß die billigen Thermometer
meistens sehr ungenau sind. Alle genauen Thermometer
, besonders die zu wissenschaftlichen Zwecken bestimmten,
müssen aus Thermometerglas (s. Glas für wissenschaftliche Zwecke) gefertigt sein. Zu den empfindlichsten Thermometer
gehören die
Fieberthermometer (s. d.) der Ärzte.
Soll ein Quecksilberthermometer
über 100° gebraucht werden, so darf es nicht luftleer sein, weil das
Quecksilber im luftleeren Raum bei wenig Graden über 100° zu sieden beginnt und so leicht Abtrennungen der Quecksilbersäule
eintreten. Man muß es dann mit Stickstoffgas über dem Quecksilber füllen. Von Recklinghausen
[* 11] erzeugt bei seinem neuen Thermometer den
Druck im Kapillarrohr durch flüssige Kohlensäure; das Glas dieses Thermometer ist so widerstandsfähig, daß es für Temperaturen bis
zu 550° zu brauchen ist. Umfaßt das Thermometer nur wenig Grade, fehlt ihm namentlich einer oder beide Fundamentalpunkte, so kann
die Einteilung nur nach einem Normalthermometer richtig gewonnen werden. Ein solches Normalthermometer,
nach welchem die Teilung eingerichtet wird, kann nur ein fundamental bestimmbares Instrument sein.
Neben den gewöhnlichen hat man Thermometer zu besondern Zwecken. Unter diesen sind zunächst die sog. Ausflußthermometer zu erwähnen. Man füllt nämlich ein gläsernes Gefäß [* 12] von der im Artikel Ausdehnung [* 13] durch [* 7] Fig. 3 und 4 dargestellten Form bei 0°, während es in schmelzendem Eise liegt, bis zur Spitze der Röhre oder bis zur Marke mit Quecksilber. Wenn die Kugel nun bis zum Siedepunkte des Wassers erhitzt wird, so fließt aus der offenen Spitze oder über die Marke ein Teil Quecksilber, dessen Gewicht man genau bestimmt. Um dann die Temperatur eines Ortes zu messen, stellt man die von neuem bei 0° mit Quecksilber gefüllte Kugel dort hin, sammelt das aus der Spitze ausgeflossene oder über die Marke getretene Quecksilber und kann aus der Vergleichung seines Gewichts mit dem Gewicht des beim Siedepunkt des Wassers ausgeflossenen Quecksilbers die Temperatur berechnen. Die Ausflußthermometer dienen als Geothermometer (s. d.) zum Messen der Temperatur des Erdinnern.
Weit empfindlicher als die mit Flüssigkeiten gefüllten Thermometer sind die Gasthermometer, in denen die Ausdehnung oder Spannkraftzunahme eines Gases zur Bestimmung der Temperatur dient. Gasthermometer aus verschiedenem Glase und mit verschiedener Gasfüllung stimmen namentlich außerhalb des Intervalles von 0° bis 100° C. viel besser untereinander überein, als Quecksilberthermometer aus verschiedenem Glase. Dies erklärt sich daraus, daß erstens verschiedene Gase, [* 14] unter gleichen Umständen miteinander erwärmt, sich sehr nahe gleich verhalten und zweitens, daß die den Quecksilberausdehnungen nicht ganz proportionalen Volumenänderungen des Glasgefäßes bei Gasthermometern ihren Einfluß viel weniger geltend machen können, da sich das Quecksilber etwa 7 mal, das Gas aber 146 mal stärker ausdehnt als das Glas.
Deshalb giebt man für genauere wissenschaftliche Untersuchungen die Temperatur nach dem Luftthermometer an. Gewöhnlich pflegt man das Volumen des Gases konstant zu halten und ermittelt die Temperatur durch Druckmessungen. Eine zweckmäßige Form des Gasthermometers ist das in [* 7] Fig. 2 dargestellte Luftthermometer von Jolly. Ein größeres Glasgefäß a steht durch eine enge Röhre b mit einem Barometer [* 15] in Verbindung, die Höhe H der Quecksilbersäule giebt ¶
mehr
den Druck des in a eingeschlossenen Gases an. Man umhüllt zunächst das Gefäß a mit geschabtem schmelzendem Eis, hebt das Barometerrohr d e, welches zu diesem Zwecke mit c f durch einen Gummischlauch verbunden ist, so weit, daß das Quecksilber bei f steht, und liest die Höhe H0 des Barometers ab. Wenn dann das Gefäß a irgend eine andere Temperatur t annimmt, so läßt sich diese nach der Formel t = 273 (H-H0)/H berechnen, wenn H den Stand der Säule im Barometer bei der Temperatur t unter der Voraussetzung bedeutet, daß die Kuppe in c f genau bei f wieder eingestellt wurde. Bei genauen Versuchen müssen allerdings hierbei noch einige Fehlerursachen in Rücksicht gezogen werden. Die durch 1 °C. hervorgebrachte Druckänderung beträgt ungefähr 2,5 mm.
Als Thermometer kann man auch jeden Metallstab oder Draht [* 17] einrichten, wenn man ihn nur mit einer Vorrichtung versieht, welche die kleinste Längenänderung zu erkennen und zu messen gestattet (Metallthermometer). Am zweckmäßigsten wendet man zwei Stäbe von Metallen an, die möglichst verschiedene Ausdehnbarkeit durch die Wärme [* 18] besitzen. Wenn man, wie in [* 16] Fig. 3, einen Glasstab und eine Zinkstange nebeneinander stellt, auf der Glasstange die Drehachse eines Hebels befestigt und diesen auf dem Zinkstab aufruhen läßt, so wird bei Zunahme der Temperatur durch das sich stärker ausdehnende Zink die Zeigerspitze sich nach oben bewegen, bei einer Abnahme der Temperatur wieder zurückgehen.
Vielfach verwendet man zu Metallthermometern sog. Kompensationsstreifen, welche aus zusammengelöteten Messing- und Eisenstreifen bestehen. Jede Temperaturänderung bewirkt eine Biegung des in [* 16] Fig. 4 dargestellten Streifens. Wickelt man einen langen derartigen Streifen in eine Spirale, deren in der Mitte befindliches Ende festgehalten wird, während das äußere Ende einen an einer Skala spielenden Zeiger darstellt, so wird jede Temperaturänderung eine Bewegung des Zeigers vor der Skala bewirken. Bei beiden Einrichtungen muß die Einteilung der Skala unter Zuhilfenahme eines guten Normalthermometers erfolgen.
Thermometer, welche die höchste oder niedrigste Temperatur anzugeben im stande sind, die an einem Orte innerhalb einer längern Zeit (gewöhnlich 24 Stunden) stattgefunden hat, sind das Maximumthermometer (s. d.) und das Minimumthermometer (s. d.), beide auch als Extremthermometer bezeichnet. Höchste und niedrigste Temperatur zugleich zeigt derThermometrograph (s. d.) an. Eine kontinuierliche Aufzeichnung ermöglicht der Thermograph (s. d.). Thermometer zur Messung der Lufttemperatur müssen vor der strahlenden Wärme geschützt und im Schatten [* 19] aufgehängt werden.
Dafür hat man eigene Thermometergehäuse geschaffen. Zur Messung der strahlenden Sonnenwärme, dagegen dienen Thermometer mit schwarzer Kugel in einer luftleeren Glaskugel (s. Insolation). [* 20] Thermometer, die einen Unterschied verschiedener Temperaturen anzuzeigen haben, heißen Differentialthermometer; sie bestehen aus zweiarmigen, gläsernen Kommunikationsröhren, die je in einer hohlen Kugel endigen. Die sich ausdehnende Luft in letztern treibt (nach Rumford) einen Tropfen oder (nach Leslie) eine Säule von Flüssigkeit in den Röhren [* 21] vor sich her.
Aus der Richtung der Flüssigkeitsbewegung schließt man, welche von beiden Kugeln eines Differentialthermometers eine Erhöhung oder Vertiefung der Temperatur erlitten hat, auf welcher Seite also eine höhere und auf welcher die niedrigere Temperatur stattfindet. Das Differentialthermometer gehört zu den Luftthermometern, und es wurde wegen seiner Empfindlichkeit vor Erfindung der Thermosäule zum Studium der strahlenden Wärme verwendet. Zur Messung sehr hoher Temperaturen dient das Pyrometer [* 22] (s. d.). (S. auch Elektrische Thermometer.) [* 23]