Titel
Theoderich
(got. Thiudareiks, »Volksherrscher«, Theodorich, Theuderich, später Dietrich), Name zweier westgotischer Könige:
1) Theoderich
I., 419-451, Nachfolger
Wallias, wählte
Tolosa zum Herrschersitz, besiegte 439 den römischen
Feldherrn Litorius, verband
sich 451 mit
Aetius gegen die
Hunnen und fiel, tapfer kämpfend, in der
Schlacht bei Catalaunum.
2) Theoderich
II., 453-466, Sohn des vorigen, ermordete seinen ältern
Bruder, König Thorismund, regierte kräftig und focht siegreich,
ward 466 von
Eurich ermordet.
3) Theoderich
der
Große, König der Ostgoten, geb. 454, Sohn des
Amalers Theodemir, kam 462 als
Geisel an den byzantinischen
Hof,
[* 3] an
dem er zehn Jahre verweilte, nahm dann an seines
Vaters
Kämpfen teil, ward nach dessen
Tod 475 König der Ostgoten und
stand im
Bund mit dem oströmischen
Kaiser
Zenon, der ihn mit
Ehren und
Würden überhäufte und ihm die Erlaubnis erteilte,
Italien
[* 4] für den
Kaiser wiederzuerobern. 488 zog er über die Ostalpen, schlug
Odoaker 489 am
Isonzo
[* 5] und bei
Verona,
[* 6] 490 an der
Adda, zwang ihn 493 in
Ravenna zur
Übergabe und tötete ihn mit eigner
Hand.
[* 7] Er nannte sich nun, obwohl er die
Oberhoheit des
byzantinischen
Kaisers anerkannte, König von
Italien und begründete das
ostgotische Reich. Er erweiterte
und sicherte dessen
Grenzen
[* 8] nach außen, erwarb
Sizilien,
[* 9] die Alpenlande und die
Provence, suchte den
Frieden unter den germanischen
Reichen aufrecht zu erhalten und ward von denselben als mächtiger
Schiedsrichter hoch geachtet. Im Innern stellte er ebenfalls
eine vortreffliche Staatsordnung her.
Seinen Goten wies er ein Dritteil des Grundbesitzes an und übertrug ihnen den bewaffneten Schutz des Reichs; für die Italiker ließ er die römische Verfassung, Gerichtsordnung und Gesetzgebung bestehen und suchte dieselben überhaupt durch Milde und Gerechtigkeit für sich zu gewinnen, begünstigte den Ackerbau, errichtete Getreidemagazine, um der Teurung vorzubeugen, und schmückte die größern Städte des Landes mit Kirchen, Palästen, Bädern, Wasserleitungen etc., wovon noch jetzt Überbleibsel vorhanden sind.
Kurz,
Italien begann unter seiner
Regierung nach jahrhundertelanger innerer Zerrüttung und Anfeindung von außen sich aller
Segnungen des
Friedens wieder zu erfreuen. Dennoch gelang es ihm nicht, die
Goten mit den
Römern zu verschmelzen und die Abneigung
des orthodoxen
Klerus gegen die Herrschaft der arianischen
Ketzer zu überwinden. Die
Ränke desselben verleiteten ihn 524 zur
Hinrichtung der hochgeachteten
Senatoren
Boethius und
Symmachus. Er starb 26. Aug. 526, ohne einen Sohn zu hinterlassen, daher das
Reich auf seinen zehnjährigen Enkel
Athalarich, den Sohn seiner Tochter
Amalasuntha, überging. Auch in der
Sage und im
Lied lebte Theoderich
als
Dietrich von Bern (s. d.) fort, und im deutschen
Heldenbuch wie im
Nibelungenlied wird er als einer
der hervorragendsten
Helden gefeiert.
Vgl. Dahn, Könige der Germanen, Bd. 3 (Würzb. 1866);
Deltuf, Théodoric, roi des Ostrogothes (Par. 1869);
Martin, Theoderich
der
Große bis zur
Eroberung
Italiens
[* 10] (Freiburg
[* 11] 1889).
Auch Name zweier fränkischer Könige aus dem Geschlecht der Merowinger:
4) Theoderich
I., außerehelicher Sohn
Chlodwigs, folgte diesem 511 im
Osten des
Frankenreichs
(Austrasien) mit der Hauptstadt
Reims,
[* 12] eroberte 530 das
Thüringer
Reich, dessen letzten König,
Hermanfried, er hinterlistig tötete; starb 534. -
5) Theoderich
II., Sohn
Childeberts, erbte von diesem 596 Burgundien, entriß seinem
Bruder Theodebert 612
Austrasien,
starb aber 613 in
Metz.
[* 13]