Theiß
,
ungar.
Tisza, slaw.
Tisa, bei den Alten als Grenzstadt Daciens
Tissus,
Tisia oder Pathissus (nicht Tibiscus, worunter
die
Temes zu verstehen), der größte Nebenfluß der Donau und nächst derselben der Hauptfluß
Ungarns (s. Karte:
Ungarn
[* 2] und
Galizien), entspringt im
Komitat
Marmaros, an der Grenze Galiziens, auf den Waldkarpaten und zwar als
Schwarze
Theiß
(Czarna oder Fekete
Tisza) im N. von
Körös-Mezö, aus zahlreichen Gebirgsbächen, und als
Weiße Theiß
(Bila oder
Fehér
Tisza),
die in der Gegend von Bogdán ebenfalls aus der
Vereinigung zahlreicher Gebirgswässer, die von der Czornahora
(2058 m) kommen, entsteht.
Nach der
Vereinigung beider Quellflüsse fließt die Theiß
anfangs südlich durch enge Gebirgspässe, verstärkt sich
durch den Bissobach, dessen nordwestl.
Richtung sie annimmt, und fließt westwärts und nordwestwärts über Sziget nach
Huszt,
tritt hier, bereits durch eine Menge Bergwasser verstärkt, aus
Marmaros und bei Nagy-Szöllös aus ihrem
Gebirgsthale heraus in die Ebene, in welcher sie auf ihrem weitern Laufe mit einem nördl.
Bogen
[* 3] nach Westen nur noch einmal
den Fuß des
Gebirges, den südl. Rand der
Tokajer Berggruppe, berührt.
Sie fließt dann nach Südwesten bis
Szolnok, von hier aber nach
Süden, der Donau parallel und von ihr
durchschnittlich 90 km entfernt, über
Csongrad und
Szegedin
[* 4] an der Grenze der
Komitate
Bács-Bodrog und
Torontal, und mündet
unterhalb
Titel, dem Dorfe Slankamen und dem östl. Fuß des syrmischen Bergzugs gegenüber. Sobald
die Theiß
das
Gebirge verlassen hat, fließt sie in Windungen dahin. Dadurch wird ihre
Stromentwicklung verlängert, die
mit den größten
Krümmungen mindestens 940, mit den kleinern etwa 1358 km beträgt, während der direkte Abstand der
Quelle
[* 5] von der Mündung nur 470 km mißt.
Innerhalb des
Gebirges hat die Theiß
reines und schnellfließendes, in der Ebene schlammiges und schleichendes Wasser. Dieser
träge Lauf zwischen flachen Ufern hat furchtbare Versumpfungen ihrer Uferlandschaften zur Folge.
Ihre
gewöhnliche
Breite
[* 6] beträgt bei
Tisza-Ujlak 87, bei
Tokaj 98, bei
Szolnok 135, bei
Szegedin 128, bei
Titel 232 m, im Durchschnitt
im Unterlauf 150-250 m. Die Schiffbarkeit beginnt bei Vásáros-Námény, für Dampfboote bei
Tokaj, doch geht ein regelmäßiger
Dampferverkehr nur bis
Szegedin, höchstens bis
Szolnok.
Der Wasserstand der Theiß
ist sehr wechselnd; die Differenzen zwischen dem
Tief- und Höchststand betragen 7-10 m. Bei niedrigsten
Wasserstand hat die Theiß
bei
Tokaj 2,2, bei
Szolnok 3,2, bei
Szegedin 6 und bei
Titel 3,2 m
Tiefe. Während sie in ihrem Oberlauf
starkes Gefälle hat, beträgt dasselbe vom Einfluß der
Szamos bis zur Mündung nur 40 m,
d. i. 0,03 m
per
Kilometer oder nur die Hälfte des Gefälles der entsprechenden Donaustrecke, welche um 9 m höher liegt. Der
Bácser
Kanal
[* 7] oder Franzenskanal (s. d.), welcher, 1793-1801 erbaut, bei Földvár aus der
Theiß
unweit
Bezdán in die Donau führt, kürzt die Stromfahrt von 360 auf 110 km.
1871-75 wurde der Franzenskanal noch erweitert durch den 70 km langen
Stapar-Neusatzer oder
Franz-Josephs-Kanal und durch den
Baja-Bezdáner
Kanal. Auch wird die Theiß
durch den 195 km langen
Begakanal (s.
Bega) mit der
Temes in
Verbindung gesetzt. In neuester
Zeit hat die
Regulierung der Theiß
ungeheure Moräste in fruchtbares Land verwandelt, ohne jedoch den verheerenden
Überschwemmungen dauernde
¶
mehr
Schranken ziehen zu können, wie dies die Katastrophen von 1876, 1879 und insbesondere die Zerstörung Szegedins (März 1879),
wo 2000 Menschen umkamen, beweisen. Der Fischreichtum der Theiß
ist sehr bedeutend, besonders an Hausen, Tiken oder Tichen
und Karpfen. Auch birgt der Fluß und seine sumpfigen Ufergegenden zahlloses Wassergeflügel; in den Morästen
fängt man Schildkröten.
[* 9] Eine Eigentümlichkeit ist auch die Theißblüte (s. d.), ein Insekt, welches im Sommer oft in großer
Menge den Fluß bedeckt.
Die Theiß
sammelt alle Gewässer, die von den gesamten Nordost- und Ostkarpaten ostwärts einer von der Donaupforte bei Waizen
nach der Tatra gezogenen Linie herabfließen. So umfaßt ihr Gebiet die Osthälfte Ungarns und, mit Ausnahme
des südöstlichsten Abschnitts, ganz Siebenbürgen, im ganzen etwa 152 950 qkm. Die Theiß
nimmt
an Zuflüssen auf, rechts: in der Marmaros den Taraczko, Talabor, bei Huszt den Nagyag, bei Mezö-Vári die Borsava, bei Tokaj
den Bodrog, mit dem sie den Sumpf Hoszu-rét oder die Bodroginsel einschließt, oberhalb Polgar den Sajó
mit dem Hernad, ferner die Erlau oder Eger
[* 10] und bei Szolnot die Zagyva mit der Torna; links: in Marmaros die Visso, bei Tarpa den
Tur, bei Námény die Szamos, bei Csongrad die Körös, bei Szegedin die Maros, diese drei aus Siebenbürgen, endlich
bei Titel die Bega.