Titel
Theben
,
1) die alte Hauptstadt Oberägyptens, am Nil, die »hundertthorige Stadt«, der einstige Mittelpunkt des Pharaonenreichs, heute nur ein ausgedehntes Ruinenfeld zu beiden Seiten des Nils. Der hieroglyphische Name der Stadt war Ape (mit dem Artikel T'Ape),
woraus das griechische
Thebae entstanden ist. Die unter den
Ptolemäern eingeführte
Benennung
Diospolis ist eine Übersetzung des altägyptischen Pe-Amun
(»Haus des
Ammon«).
[* 2] Die
Gründung Thebens
ist in
Dunkel gehüllt. In die Geschichte tritt die Stadt erst mit der 11. Dynastie (2850
v. Chr.) ein, welche von Manetho
eine thebaische genannt wird, und deren
Gräber dort entdeckt wurden. Nach der Vertreibung der
Hyksos und mit der Herstellung
der unter ihnen zerstörten
Tempel,
[* 3] also unter der 18. Dynastie (1706), begannen die herrlichen Bauten
zu entstehen, welche, im
Lauf der folgenden elf
Jahrhunderte verschönert, vergrößert und vermehrt, die Stadt zum
Wunder der
Alten Welt erhoben haben. 527 wurde ihr durch
Kambyses der erste
Stoß versetzt; die Verwüstung und
Plünderung durch die
Perser
war derart, daß Theben
nie wieder sich zu altem
Glanz erheben konnte.
Die Verlegung der
Residenz unter den letzten Dynastien nach den
Städten des
Deltas und der Aufschwung
Alexandrias unter den
Ptolemäern entzogen ihr die
Lebenskraft. 84 endlich brachte ihr die Empörung gegen
Ptolemäos
Soter II. Lathyros den
Untergang.
Erbittert durch ihren dreijährigen
Widerstand, verheerte
sie der siegreiche König mit
Feuer und
Schwert,
so daß
Strabon hier nur einige ärmliche Ortschaften um die vier Haupttempel gruppiert fand. Das Gebiet von Theben
nehmen
gegen
wärtig vier
Dörfer:
Luksor,
Medinet Habu,
Karnak und Kurnah, ein, mit den noch erhaltenen großartigen
Ruinen der alten
Stadt.
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2) (Thebae) die größte Stadt in der griech. Landschaft Böotien, auf den Vorhöhen des Teumessos, wird schon von Homer als
die Stadt der sieben
Thore (Thebe Heptapylos) genannt und war in der historischen Zeit der wichtigste Ort des Böotischen Bundes.
Theben
lag in quellenreicher, hügeliger Gegend
über dem südlichen Rande der aonischen Ebene und hatte eine
etwa 15 km lange Ringmauer. Die Stadt oder zunächst die Burg Kadmeia wurde der Sage nach von Kadmos gegründet, nachdem er den
Drachen getötet, der das Land verödete.
Jedenfalls ließen sich bei Theben
phönikische Einwanderer nieder, welchen dann griechische aus Kleinasien folgten, was die
Sage von Amphion
[* 5] beweist, der durch seine Leier die Steine herbeilockte. Zu dem Geschlecht der Kadmeionen gehörte auch der Sohn
des Laios, Ödipus (s. d.), der die Regierung seinen Söhnen Eteokles und Polyneikes mit der Bestimmung übergab, daß jeder allemal
ein Jahr regieren sollte. Eteokles brach den Vertrag und veranlaßte dadurch den berühmten Zug
der Sieben gegen
(s. Sieben gegen Theben), dem 20 Jahre später der Zug
der Epigonen, d. h. der Söhne jener Sieben, folgte, welcher mit der Niederlage
der Thebaner bei Glisas und der Zerstörung des alten Theben
endete. Theben gehörte zum Böotischen Bund (s. Böotien) und ward bald
Sitz der Böotarchen und somit Hauptstadt des Bundes. 728 v. Chr. erhielt die Stadt von dem Bakchiaden Philolaos aus Korinth
[* 6] neue
Gesetze.
Auf Athens wachsende Macht eifersüchtig und über den Abfall Platääs vom Böotischen Bund erbittert, begann es 507 einen Krieg
gegen
Athen,
[* 7] wurde aber besiegt. In den Perserkriegen stand Theben
mit Orchomenos auf der Seite der Perser und
erlitt mit diesen die Niederlage bei Platää 479, worauf die Häupter der persischen Partei hingerichtet wurden. Thebens
Ansehen
hatte infolgedessen so gelitten, daß Athen durch Errichtung demokratischer Verfassungen in den böotischen Städten Thebens
Einfluß wiederholt zu brechen und Böotien seiner eignen Hegemonie zu unterwerfen suchte.
Nachdem durch den Sieg bei Önophyta 456 Böotien (außer Theben
) für den Athenischen Bund gewonnen worden war, schlugen die aus
Böotien Verbannten im Verein mit den Orchomeniern ein athenisches Heer unter Tolmides 447 bei Koroneia, wodurch Böotien sich
vom Athenischen Bund wieder losriß. Zugleich wurde die aristokratische Verfassung in Theben
wiederhergestellt.
Im Peloponnesischen Kriege gehörte Theben zu den erbittertsten Feinden Athens und versuchte 431 vergeblich, Platää zu erobern;
erst 427 gelang ihm die Zerstörung dieser Stadt. 410 schloß es einen neuen Bund mit Sparta.
Als nach dem Sturz der Demokratie in Athen die 30 Tyrannen eine Schreckensherrschaft daselbst führten, sammelten
sich besonders in Theben die athenischen Flüchtlinge und besetzten von hier aus 403 unter Thrasybulos die kleine Grenzfeste Phyle
und später den Piräeus. Infolge dieses Umstandes und zugleich aus Eifersucht auf die wachsende Macht Spartas nahm Theben wieder
eine demokratische Verfassung an. Auch begann es 395 in Verbindung mit Korinth und Argos offenen Krieg, den
Korinthischen (s. d.), gegen
Sparta, ward aber 394 bei Koroneia geschlagen.
Beim Ausbruch des olynthischen Kriegs (382) besetzte der spartanische Feldherr Phöbidas durch einen Handstreich die Burg von Theben, stellte die Herrschaft der Aristokratie wieder her und schickte die Häupter der demokratischen Partei in die Verbannung. Aber schon 379 kehrte Pelopidas (s. d.) mit den übrigen Flüchtlingen nach Theben zurück, stürzte die Aristokraten und erzwang mit Hilfe eines athenischen Heers die Räumung der Burg. Theben schloß hierauf ein Bündnis mit Athen, Pelopidas u. Epameinondas (s. d.) aber traten an die Spitze des Staats.
Zwei Einfälle der Lakedämonier wies Theben mit Hilfe der Athener ab, ja es unterwarf sich auch die übrigen böotischen Städte. Als die Thebaner 371 den allgemeinen Frieden nicht annahmen, weil die Spartaner die Auflösung des Böotischen Bundes forderten, begann der thebanische Krieg, in welchem Theben durch des Epameinondas Sieg bei Leuktra (371) die Hegemonie errang. Es stürzte auch Spartas Macht auf dem Peloponnes, indem Epameinondas den Arkadischen Bund stiftete und die Unabhängigkeit Messeniens wiederherstellte; ja, es strebte sogar nach einer Seeherrschaft.
Jetzt glaubte selbst Athen, Thebens Übermacht fürchten zu müssen, und trat auf Spartas Seite über, und nach des Epameinondas Sieg und Tod bei Mantineia (362) sank Thebens Macht wiederum, welche nur durch das Genie seiner beiden größten Staatsmänner so hoch gestiegen war. Neid und Haß trieben an, Phokis, das sich ihm nicht unterwerfen wollte, durch das Amphiktyonengericht wegen Verletzung des delphischen Tempelgebiets zu einer hohen Geldstrafe verurteilen und sich zum Vollstrecker bestellen zu lassen.
Hierdurch erregte es den zweiten Heiligen Krieg (355-346), in dem es jedoch unterlag, worauf es Philipp von Makedonien zu Hilfe
rief und ihm Gelegenheit gab, sich in Hellas festzusetzen. Erst nachdem die Amphiktyonen 339 den Lokrern von Amphissa den zweiten
Heiligen Krieg erklärt und Philipp herbeigerufen hatten, ihr Urteil gegen
die Lokrer zu vollstrecken, und
dieser Elateia besetzte, griffen die Athener und Thebaner zu den Waffen
[* 8] gegen
jenen, erlagen aber in der Schlacht bei Chäroneia 338. Theben mußte
darauf makedonische Besatzung in die Kadmeia aufnehmen.
Nach Philipps Tod (336) empörte sich Theben gegen
Alexander (335) auf die falsche Nachricht von dessen Tod.
Schon nach zwölf Tagen stand dieser vor der Stadt und zerstörte sie nach dem Beschluß des korinthischen Synedrions; 6000 Thebaner
fielen, 30,000 wurden als Sklaven verkauft. Erst 315 wurde Theben von Kassandros mit Hilfe der Athener wieder aufgebaut und stand
nun unter makedonischer Herrschaft. Im achäischen Krieg 146 schloß es sich der Kriegserklärung der Achäer
an die Römer
[* 9] an; nach Verlust der Schlachten
[* 10] bei Skarpheia und Leukopetra flohen aber die Einwohner Thebens nach dem Peloponnes,
und Theben verödete seitdem. Pausanias fand nur noch die Burg und einige Tempel vor. Im 2. Jahrh. n. Chr. war
die untere Stadt schon gänzlich verschwunden. In neuerer Zeit hat man den Kabirentempel ausgegraben. Aus Thebens Gebiet
stammte Pindar. An Stelle der phönikischen Burg Kadmeia erhob sich Thivä (s. d.).