Thalwil
(Kt. Zürich, Bez. Horgen). 480 m. Gem. und Pfarrdorf am linken Ufer des Zürichsees, auf einer Terrasse aus Molassesandstein am Fuss des Landforstes und an der Gabelung der Linien von Zürich nach Ziegelbrücke einerseits und nach Zug andrerseits. Zwei Dampfschiffstationen. Postbureau, Telegraph, Telephon. Die Gemeinde zieht sich vom Zürichsee quer über den Berg bis zur Sihl hinunter und umfasst zahlreiche Einzelhöfe, Häusergruppen und Weiler, wie Aegertli, Alsen, Etzliberg, Ludretikon, Marbach (z. Teil) und Sonnenberg, Bürger, Oegensbühl, Tischenloo (z. Teil), Vogel und Zehntengut, Gattikon und Hohlgasse.
Zusammen: 664 Häuser, 6791 Ew. (wovon 5179 Reformierte und 1574 Katholiken);
Dorf: 300
Häuser, 2781 Ew.
Thalwil
verdankt seinen seit etwa 30 Jahren anhaltenden raschen Aufschwung der blühenden industriellen Tätigkeit: eine
Baumwollweberei mit 250 Arbeitern, eine Seidenzettelei und vier weitere Seidenfabriken mit zusammen 2500 Arbeitern, eine
Seidenfärberei mit 1000 Arbeitern, eine Maschinenfabrik. So ist Thalwil
heute zu einer der bedeutendsten
und stattlichsten Ortschaften am
Zürichsee geworden.
Die 1847 geweihte schöne Kirche steht auf der steil zum
See abfallenden
Terrasse
«Blatten», von der aus man eine herrliche Aussicht geniesst. Angaben über das alte Gotteshaus findet man in Sprüngli,
Joh. Jak. Die alte Kirche zu Thalwil.
Zürich
1845. 1884 wurde ein
mehr
privates Kinderasyl gegründet. Einzelfunde aus der Steinzeit, darunter ein Schalenstein. Römische Ansiedelung im Steinmürli.
Alemannische Ansiedelung. Urkundlich Telwil, Tallinwilare = Weiler des Tallo, Tello oder Tell. Alemannische Gräber beim Friedhof.
Eine Burg ist nicht nachweisbar. Nach den Memorabilia Tigurina gehörte der Hof Thalwil
schon im 11. Jahrhundert den Grafen
von Habsburg, welche ihn samt dem Kirchensatz den Freiherren von Eschenbach zu Lehen gaben.
Etwa 1027 wählte Graf Kuno von Rheinfelden die Gegend zur Stiftung eines Klosters; dieses wurde aber nach seinem baldigen Tode
zu Muri errichtet. Das Kloster Muri besass zu Thalwil
Erblehensrechte. Lehenschaft, niedere Gerichtsbarkeit und die Kollatur
der sehr alten Pfarrei gehörten seit 1253 dem Stift Wettingen. Die Hoheitsrechte kamen im 14. Jahrhundert
an die Familie Brun und schliesslich, nachdem sie den Besitzer mehrmals gewechselt hatten, an Andreas Sailer von Zürich,
der sie 1385 der
Stadt Zürich verkaufte.
Ursprünglich eine eigene Obervogtei, wurde Thalwil
1437 mit der Obervogtei Horgen vereinigt. Die Stadt
erhielt von Wettingen 1526 auch die niedere Gerichtsbarkeit, während die Kollatur erst 1838 an die Zürcher Regierung überging.
Im alten Zürichkrieg wurde das Dorf nach dem Gefecht bei Hirzel 1443 von den Eidgenossen verbrannt. Wie alle Seegemeinden beteiligte
sich auch Thalwil
an den freiheitlichen Bewegungen, welche die helvetische Revolution einleiteten. 1810 wurde
eine Lesegesellschaft gegründet.