
Thaingen
oder Thæingen (Kt. Schaffhausen,
Bez. Reiat). 455 m. Gem. und
Flecken, Hauptort des Bezirkes Reiat;
im Thal der
Biber 9 km nö.
Schaffhausen
und 1 km nw. der Landesgrenze gegen das Deutsche Reich. Station der badischen Bahn
Schaffhausen-Konstanz. Postbureau, Telegraph,
Telephon; Postwagen Thaingen
-Bibern-Hofen. Gemeinde, mit Ziegelweg: 247
Häuser, 1508 Ew. (wovon 228 Katholiken);
Flecken: 234 Häuser, 1427 Ew. Gemeinsame reform. Pfarrei mit Barzheim.

Früher war Thaingen
ein wichtiger Halteplatz für die Getreidefuhren und Personenposten aus Deutschland nach Zürich.
Aus dieser
Zeit stammen mehrere stattliche Gasthöfe (so der von Goethe erwähnte
«Adler»),
die jetzt als solche z. T. eingegangen sind. Die Bauart hat überhaupt allgemein etwas Kernhaftes und Solides. Die jetzt vollendete Biberkorrektion wird der Ortschaft in sanitarischer und baulicher Hinsicht sehr zu statten kommen. Den Anfang der neuen Bautätigkeit machte das gefällig aussehende Schlachthaus. Acker-, Wiesen-, Wald- und Weinbau (56 ha Reben), Viehzucht. Viel Körnerbau, da in dem etwas schweren Boden besonders Weizen und Gerste (Brauergerste) gedeihen.
Der Thainger Rotwein hat einen guten Ruf und geht vorwiegend nach der Stadt Schaffhausen und der O.-Schweiz. Beim Bahnhof eine grosse Ziegelfabrik, der reiche Tonlager das Rohmaterial liefern und zu welcher auch noch die Kalkbrennerei gegenüber dem Kesslerloch gehört. Kalksteinbruch auf der Wippelhöhe. Eine mechanische Schlauchweberei und eine Konservenfabrik. Geräumiges Armenhaus, neues und altes Schulhaus für die Elementar- und Real- oder Sekundarschule, neue Turnhalle, schönes Gebäude für die Kleinkinderschule.
Thal

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Suppenverein zur Unterstützung armer Wöchnerinnen; Krankenpflege durch eine Gemeindeschwester (Diakonissin). Reges Vereinsleben.
Aus Thaingen
stammte Bundesrichter Stamm († 1905), der als solcher 30 Jahre lang im Amt war. Der
Ort
erscheint 983 als Taginga, 995 als Toginga und 1122 als Tagingin. Nachdem zwei Schaffhauser Adelsgeschlechter schon 1359 zwei
Drittel der niedern Gerichtsbarkeit zu Thaingen
erworben hatten, nahm die Stadt
Schaffhausen dem dritten
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mehr
Gerichtsherrn, Ulrich von Stoffeln, nach 1460 seinen Drittel in ehrlicher Fehde weg, sodass Schaffhausen
jetzt allein Meister war. Die Thainger
zeichneten sich durch grosse Tapferkeit im Schwabenkrieg von 1499 aus, wo das Dorf am 25. Juli von einer schwäbischen Uebermacht
(Ritter Götz von Berlichingen) überfallen wurde. Als später die Herren von Stoffeln ihre alten Rechte
wieder geltend machen wollten, wehrten sich die Leute von Thaingen
mannhaft und erklärten vor der eidg.
Tagsatzung rundweg, die wollten «lieber tote Eidgenossen als lebendige Schwaben sein», worauf die Tagsatzung ihre Zugehörigkeit
zur Eidgenossenschaft als undisputabel erklärte. 1723 ging auch die hohe Gerichtsbarkeit über Thaingen
und den Reiat durch Kauf um die kolossale Summe von 223000 Gulden von Oesterreich an Schaffhausen
über. Verg. Bächtold, C. A. Aus der
Geschichte von
Thaingen
(im Schaffhauser Intelligenzblatt. Juli 1899), sowie die Festrede zur Thainger Zentenarfeier von
Bundesrichter H. Stamm (abgedruckt in der Festschrift zum In dem eine Viertelstunde w. Thaingen
befindlichen Kesslerloch hat man eine seither berühmt gewordene prähistorische Station aus der Epoche des Magdalénien (paläolithisches
Zeitalter) aufgedeckt (s. den Art. Kesslerloch). Fund eines Steinbeiles in Thaingen
selbst. Auf dem Wippel Gräber aus der
Bronzezeit, an der Schliffenhalde und bei Gennersbrunn Gräber aus der Eisenzeit. Römische Münzen im
Dorf Thaingen
und Alemannengräber in Gennersbrunn.