(grch.) oder Viertelflächigkeit, im Gegensatz zu Holoedrie
(s. d.) oder Vollflächigkeit und
Hemiedrie (s. d.) oder Hälftflächigkeit das gesetzmäßige Auftreten einer
Krystallform mit nur dem vierten
Teil ihrer Flächenzahl. (S. auch
Krystalle.) Die entwickelten
Flächen haben dieselbe
Lage
wie bei der holoedrischen Form, bilden aber, indem sie sich ausdehnen, eine von untereinander gleichen
Flächen begrenzte
Gestalt.
Die Tetartoedrie kommt namentlich im hexagonalen
System vor als rbomboedrische Tetartoedrie, z. B. beim Dioptas,
Phenakit,
Titaneisenerz, als trapezoedrische (s.
Trapezoeder) beim Quarz und
Zinnober.
[* 2]
(v. griech. krýstallos, »Eis«,
[* 4] zunächst auf den Bergkristall, den man für im höchsten Grad gefrornes Wasser
hielt, übertragen und von diesem auf alle übrigen Kristalle),
[* 5] eine regelmäßige, den Körpern von bestimmter chemischer
Zusammensetzung wesentlich zukommende, ebenflächig begrenzte Form. In denFällen vollkommensten Zustandes,
der unter besonders günstigen Verhältnissen der Bildung entsteht, ist die ebenflächige Begrenzung eine allseitige, wie
sie (wenn auch nicht häufig) an den eingewachsenen natürlichen Kristallen und an sorgsam hergestellten künstlichen beobachtet
werden kann.
Genügender Raum (Bildung in einer nachgiebigen Matrix, freies Hängen in der die kristallisierende Substanz
gelöst enthaltenden Flüssigkeit) und langsamer Verlauf des Kristallisationsprozesses sind im allgemeinen die zur Hervorbringung
großer und vollkommener Kristalle günstigen Bedingungen. Von diesen allseitig ebenflächig begrenzten Körpern bis zu den
kristallinischen Körnern, die oft nur noch einige, öfters gar keine gesetzmäßigen Flächen mehr erkennen
lassen, kommen die mannigfachsten Übergänge vor, ebenso wie in Bezug auf die Dimensionen von metergroßen Kristallen bis
zu mikroskopischer Kleinheit derselben
¶
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(Kristallmehl). Die Wesentlichkeit der Kristallgestalt drückt sich teils durch den Umstand aus, daß eine bestimmte Form
einer bestimmten chemischen Zusammensetzung entspricht (vgl. Mineralogie, Heteromorphie, Isomorphie, Pseudomorphosen), teils
durch den Zusammenhang der äußern Gestalt mit der innern Struktur (vgl. Mineralien,
[* 7] Spaltbarkeit), einen Zusammenhang, der
sich bei mangelhafter Entwickelung der äußern Form zur Ergänzung der Beobachtung und Ausdeutung dieser
äußern Form benutzen läßt.
Die Regelmäßigkeit der Kristalle endlich erlaubt eine mathematische Behandlungsweise der Formen, wie sie Gegenstand einer
besondern Wissenschaft, der Kristallographie (Kristallologie), ist. Die Fähigkeit, Kristalle zu bilden, besitzt eine große
Mehrheit der anorganischen (natürlichen und künstlich dargestellten) und eine ebenfalls nicht unbedeutende
Anzahl der organischen chemischen Verbindungen. Nur ist der Grad dieser Fähigkeit ein sehr verschiedener, so daß gewisse
chemische Verbindungen fast nur, andre bloß selten in Kristallen zu beobachten sind. Körper, denen die Fähigkeit, Kristalle
zu bilden, überhaupt mangelt, heißen amorph (s. d. und unter »Mineralien«). Kristalle können sich bilden
bei jeder Art des Übergangs kristallisierbarer (kristallinischer) Substanzen aus dem flüssigen oder gasförmigen Aggregatzustand
in den festen (durch Abkühlung von Dämpfen, Verdunstung oder Abkühlung von Lösungen; s. Kristallisation).
Die Kristallgestalten sind außerordentlich zahlreich; so kennt man an der einzigen Mineralspezies Kalkspat,
[* 8] allerdings einer
der formenreichsten, gegen 200 verschiedene Formen, und ebenso kann die einzelne Form mitunter sehr flächenreich
sein. Naumann beschreibt einen Flußspatkristall, der von 338 einzelnen Flächen eingeschlossen ist. Trotz dieser Mannigfaltigkeit
gelingt es, die Kristalle in verhältnismäßig wenige Abteilungen, sogen. Systeme, zu gruppieren, deren Grundeigenschaften
sich am leichtesten charakterisieren lassen, wenn man zunächst nur von den sogen. einfachen
Formen ausgeht, d. h. von denjenigen, die von nur einerlei untereinander kongruenten Flächen eingeschlossen werden.
Ferner wird für die folgende Betrachtung eine vollkommene Ausbildung und allseitig ebene Begrenzung der Form ohne Verzerrungen
vorausgesetzt. Das Prinzip der kristallographischen Einteilung wird aus einem Vergleich der
[* 5]
Fig. 1-9 leicht erkannt werden.
Die zur ersten Horizontalreihe vereinigten Figuren sind in rein mathematischem Sinne nahe verwandt: lauter
vierseitige Doppelpyramiden,
nur mit dem Unterschied, daß
[* 5]
Fig. 1 aus lauter gleichseitigen,
[* 5]
Fig. 2 aus
gleichschenkeligen,
[* 5]
Fig. 3 aus ungleichseitigen Dreiecken gebildet ist;
ebenso stehen in der zweiten Horizontallinie
[* 5]
(Fig.
4, 5 u. 6) lauter nahe verwandte Formen: Parallelepipede mit geringen, leicht erkennbaren Unterschieden.
Kristallographisch gehören aber vielmehr die in einer Vertikalreihe stehenden Körper zusammen, so das Oktaeder
[* 5]
(Fig. 1) mit
dem Würfel
[* 5]
(Fig. 4), die quadratische Pyramide
[* 5]
(Fig. 2) mit der quadratischen Säule
[* 5]
(Fig. 5), die rhombische Pyramide
[* 5]
(Fig.
3) mit der rhombischen Säule
[* 5]
(Fig. 6), wobei bei den beiden Säulen
[* 9] (Fig. 5 u. 6) noch hervorzuheben ist,
daß nur die den Kristall seitlich begrenzenden vier Flächen als zu der einfachen Form gehörig zu betrachten sind, da die obern
und untern Flächen zwar untereinander, nicht aber mit den Seitenflächen kongruent sind. Bei dieser Art der Einteilung geht
die Kristallographie von den Symmetrieverhältnissen aus, die ihrerseits den einfachsten und deutlichsten
Ausdruck durch die Charakteristik bestimmter, innerhalb der Kristallformen gezogen gedachter Linien, der sogen. Achsen, nach
Zahl, relativer Größe und gegenseitiger Lage findet. So lassen sich die beiden Figuren der ersten Vertikalreihe trotz äußerer
Verschiedenheit auf dasselbe Achsensystem
[* 5]
(Fig. 7) beziehen, d. h.
auf drei untereinander gleiche und aufeinander senkrechte Achsen.
Ähnlich sind die Figuren der zweiten Vertikalreihe auf ein System dreier aufeinander senkrechter Achsen beziehbar, von denen
zwei gleich, die dritte ungleich (größer) ist
[* 5]
(Fig. 8), die Figuren der dritten Vertikalreihe auf drei ungleiche, aufeinander
senkrechte Achsen
[* 5]
(Fig. 9). Im ganzen lassen sich nach diesem Prinzip der Beziehbarkeit verschiedener Formen
auf einerlei Achsen sechs Systeme unterscheiden, deren charakteristische Merkmale aus folgender Übersicht erkennbar sind:
DreiAchsen, von denen eine mit der zweiten einen schiefen Winkel bildet, während sie auf der dritten (ebensowohl
wie die zweite und dritte untereinander) senkrecht steht;
Diese zunächst nur von einer gewissen mathematischen Betrachtungsweise aus aufgestellten sechs Kristallsysteme erhalten
nun gewissermaßen eine natürliche Bestätigung durch den Erfahrungssatz: Jede überhaupt kristallisierende
(also nicht amorphe) Mineralspezies und sonstige chemische Verbindung bringt nur Formen eines und desselben Kristallsystems
zur Entwickelung, niemals Formen, welche verschiedenen Kristallsystemen angehören. Im folgenden sind solche (zunächst nur
einfache, s. oben) Formen der verschiedenen Kristallsysteme aufgeführt. Die Formen sind weiter durch die Lage ihrer Flächen
zu den Achsen charakterisierbar, aufeinander zurückzuführen und aus einer einfachsten Form des Systems, der sogen. Grundform,
ableitbar. Diese Betrachtungen, welche auch zu präzisen Bezeichnungsmethoden der Kristallgestalten führen, liegen aber
jenseit der von unserm Werk einzuhaltenden Grenzen.
[* 11]
Die Formen werden beliebig nach einer der Achsen (Vertikalachse, Hauptachse) aufrecht gestellt, wodurch sich die beiden andern
als größere (Makrodiagonale) und kleinere (Brachydiagonale) Nebenachse unterscheiden lassen. Von der dargestellten Pyramide
[* 10]
(Fig. 21) können sich andre durch spitzere, nach der Richtung der Hauptachse gestreckte Form (Pyramiden der
Hauptreihe) unterscheiden, andre durch eine Streckung in der Richtung der Makrodiagonale (makrodiagonale
[* 10]
^[Abb.: Fig. 10-16: Kristallformen des tesseralen Systems.
Fig. 17-20: Kristallformen des quadratischen Systems.]
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